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Donnerstag, 10. März 2022

Deutschland durchquert

 

Wunderschönes Deutschland

Bereits am 15. Februar 2022 habe ich erstmals auf meinem Jakobsweg die Grenze zur Schweiz von Weil am Rhein nach Basel überschritten. Doch schon ein oder zwei Tage zuvor mich entschlossen, einen Abstecher ins Allgäu zu machen, um die Prüfung fürs Gleitschirmfliegen vom letzten Jahr nachzuholen. Gedacht, getan! Nach ein paar Tagen bei meinem Freund Achim K. in Basel bin ich mit der Bahn nach Sonthofen gefahren, habe mich dort bei Frau Mühlegg in Hinang einquartiert und am 6. März die Prüfung als Gleitschirmpilot bestanden.

Mit diesem Glücksgefühl bin ich von Sonthofen wieder auf dem Jakobsweg gestartet, nachdem ich mein Flugzeug, den Gleitschirm, ordentlich verpackt zu meiner Tochter nach Fulda geschickt hatte.

Nach nur drei Etappen hatte ich erneut die Grenze erreicht. Diesmal jedoch zu Österreich, auf mein Weg von Scheidegg nach Bregenz.

ZDF - Zahlen, Daten, Fakten
Wenn ich nun auf die Deutschen Wege zurück blicke, komme ich zu folgenden Ergebnissen:

Zeit
Mit meine Zeitberechnung halte ich es sehr einfach. Ich bin am 16. Oktober 2021 gestartet und habe Deutschland am 9. März 2022 verlassen. Das sind genau 145 Tage, oder 21 Wochen.
Wie jeder weiß, bin ich natürlich nicht jeden Tag gepilgrt, sondern habe teilweise größere Zäsuren eingebaut, wie oben schon erwähnt. Durch meine kleine Buchführung, kann ich hier das Laufen vom Bleiben unterscheiden. Wenn ich nun die reinen Pilgertage zähle, ergeben sich dafür exakt 62 Tage. 
"Hey, du fauler Sack, was hast du denn sonst so getrieben? Das ist doch kein Pilgern mehr..." höre ich schon die Leute unken. Tja, was soll ich dazu sagen. Als erstes dies: Alles ist am Fließen. Das heißt, mein Plan ist, nicht mehr zu planen, sondern dem Raum zu geben, was gerade kommt und damit dran ist. Und genau das waren die anderen Tage:
- Im Ahrtal helfen
- Weihnachten mit Freunden verbringen
- Mit der Tochter Geburtstag feiern
- Blasenentzündung auskurieren
- Gleitschirmprüfung absolvieren
- Und einfach mal bleiben, weil's gerade schön ist (Osnabrück, Köln, Bendorf, Hüttenfeld, Roßbach, Bruchsal, Kehl, Freiburg, Basel).

Strecke
Die tatsächlich gelaufene Strecke kann ich trotz Benutzung verschiedener Apps beim besten Willen nicht erfassen, da eben auch Strecken, die mit Auto und Zug zurückgelegt wurden, aufgezeichnet sind. Daher gebe ich mich hier nur die grobe Schätzung von ca. 900 km an

Herausforderungen
Die größte Herausforderung war in Deutschland immer wieder das Finden von Unterkünften. Denn es wird für mich spätestens zur Mittagszeit mulmig, wenn ich dann noch nicht weiß, wo ich in der Nacht mein Haupt hinpacken kann. 

Eine andere Herausforderung war es, mitten im Spessart im Wald auf tief verschneiten Wegen, keine Verbindung am Handy zu haben. Ausgerüstet mit einem Garmin-GPS kann mir ja nix passieren. Brauche doch bloß connection zu irgendwelchen Satelliten. Tja, Pustekuchen! Die Batterien vom Garmin waren leer. Da stand ich nun mit meinem Talent. Keine Wegweiser, immer wieder eine Kreuzung im Wald und keine Spuren mehr, denen ich hätte folgen können. Was tun?
1. Spannung abbauen mit etwas Meditation
2. Sonne suchen, denn es war früher Nachmittag. Bei fast geschlossener Wolkendecke war das mehr eine Ahnung als konkretes navigieren.
3. In mich rein fühlen und auf meinen Bauch hören. Das war das Beste! Denn das Gefühl war eindeutig und ich kam am Ende ungefähr 2 km Abseits des Dorfes an die Straße, wohin ich auch wollte.

Unterkünfte
Pilgerherbergen in Deutschland sind vorhanden - Statement! Aaaaaber... Sie zu finden ist nicht immer einfach. 
Es gibt zu Teil Listen, die leider nicht zentral zugänglich, sondern auf unterschiedlichen Webseiten abgelegt sind. 
Kirchliche Herbergen erwarten in der Regel eine Spende. Gasthäuser und Jugendherbergen verlangen feste Preise zwischen 35,- und 45,- Euro.
Bei Privatunterkünften gibt es meistens Pilgervollverpflegung (Abendessen + Frühstück + viiiiel Gespräch). Das finde ich persönlich am schönsten. Daran habe ich wundervolle Erinnerungen.

Kosten
So, zum Abschluss noch die Frage, die mir fast jeder stellt. Wie sind denn deine Ausgaben? Ich mache es kurz.

Bis heute belaufen sich die Kosten der Unterkünfte auf 1.121,71 € für die 144 Übernachtungen. Das sind im Schnitt 7,79 € pro Nacht.

Die übrigen Ausgaben umfassen Verpflegung, wo sie nicht in der Unterkunft angeboten wurde. Ebenso die Prüfungsgebühr der Gleitschirmlizenz - und eben alles dazwischen. Hier komme ich auf 3039,75 €. Macht im Schnitt 21,11 € pro Tag.

Montag, 31. Januar 2022

100 Tage Pilgerschaft

Am 16. Oktober 2021 gestartet als Pilger in Ahlerstedt mit Richtung Santiago de Compostela/Spanien - und am 23. Januar 2022 bin ich genau 100 Tage unterwegs! An diesem Tag bin ich in Hüttenfeld bei meinem Freund Olaf.

Nur gelaufen?
Allerdings muss ich zugeben, dass ich von diesen 100 Tagen nicht einmal die Hälfte gelaufen bin. 53 Tage entfallen auf sogenannte Standzeiten. Das sind Zeiten, an denen ich nicht nur faul war, sondern etwas anderes gemacht habe als nur zu laufen, z.B. krank sein mit einer Blasenentzündung, oder helfen im Ahrtal, oder Weihnachten feiern mit Freunden und Geburtstag feiern mit Tochter Kathi.

Darüber kann jeder denken, wie er will. Für mich waren es die aufregendsten zusammenhängenden 100 Tage solange ich denken kann. In dieser Zeit habe ich ausschließlich Positives erlebt! Habe wechselnde Landschaften gesehen, flaches Land, weites Moor, Wälder, Bergisches Land, Industriegebiete, Mittellandkanal, Rhein und Main. Vielerlei laufendes und fliegendes Getier. Was mir aber am meisten gefallen hat, waren die Begegnungen mit wundervollen Menschen die ich kennenlernen durfte und kostbare Freundschaften mit ihnen schließen konnte. Es stimmt wirklich und man kann es wörtlich nehmen: Fremde sind Freunde, die man noch nicht kennt. Das hatte ich zu Beginn kaum zu hoffen gewagt.

Keine Reue
In der Vorbereitung auf den Marsch habe ich viel gelesen, vor allem Berichte und Blogs im Internet. Etliche haben davon erzählt, dass sie irgendwann einem Punkt angekommen sind, wo sie sich fragten "wie verrückt bin ich eigentlich dass ich mir das antue?". Auf diesen Moment warte ich bislang vergebens.
Ob ich den Verkauf meines Hauses bereue? Nicht die Spur. Es ist gut so. Natürlich gehen meine Gedanken hin und wieder zurück und ich stelle mir vor, wie Nils und seine Familie sich dort eingerichtet haben. Seine WhatsApp-Status Meldungen schaue ich mir jedoch nicht an, weil ich weiß, es würde weh tun. Alles hat seine Zeit. Und hier braucht es noch ein wenig Zeit bei mir...

Mama
Bezüglich meiner Mutter mache ich mir oft Gedanken. Im Kalender habe ich mir schließlich eine Erinnerung eingerichtet, um sie zu geeigneten Zeiten immer wieder mal anzurufen.
Es bekümmert mich sehr, wenn ich den Eindruck bekomme, dass sie mit ihren 88 Jahren immer deutlicher abbaut.
Dies ist das einzige, das mich auf meiner Reise etwas belastet! Da wünschte ich, ich könnte ihre Krankheit aufhalten oder einfach für sie da sein.

Follower
Schwer beeindruckt bin ich von der ständig steigenden Zahl derer, die meinen WhatsApp Status tätlich verfolgen. Dabei gibt es auch sehr viel Interaktion mit Fragen und Kommentaren. Das ist lustig und macht Spaß! Nach 100 Tagen sind es rund 150 Watcher. Beim Blog erheblich mehr. Wer hätte das gedacht?

Wege, Abwege und Herbergen
Man könnte mich eigentlich auch einen Strich-Jungen nennen. Denn ich folge einer Linie, die den markierten Jakobswegen entspricht. Dieser Strich ist in der Karte rot eingezeichnet. Dies sind Wege, die in der Regel fernab der Straße auf Feld und Waldwegen verlaufen. Allerdings finde ich meine Herbergen nicht immer - eigentlich nie - direkt auf dieser Linie liegend. Das führt dazu, dass ich auf Abwege gerate. Manchmal sogar mehrere Kilometer weit ins Abseits. 
Dann gehe ich häufig auf der Landstraße oder über verbotene Eisenbahnbrücken und lasse mich mehr oder weniger von Google Maps leiten. Autobahnen vermeide ich jedoch konsequent!
Unterwegs werde ich auch häufig angesprochen und gestoppt, weil die Leute neugierig sind und wissen wollen woher ich komme und wohin ich gehe. Auch hier ergeben sich oft tolle Momente und dauerhafte Kontakte. 
Zum Beispiel war da jemand der einen uralten Ami-Jeep originalgetreu restauriert hat und ganz stolz vorgeführt hat. Ein anderer befand sich mit seiner Freundin unmittelbar beim Umzug nach Spanien, der mich eingeladen hat, sie dort zu besuchen. Es würde zu weit führen, alle Begegnungen hier auszuführen. Aber jede ist einzelne davon ist mir kostbar.
Die Herbergssuche stellt eine besondere Herausforderung dar und nimmt oft reichlich Zeit in Anspruch. Natürlich versuche ich mehrere Tage im Voraus Unterkünfte festzumachen. Meine Vorgehensweise ist folgende: Kontakt zu Pfarrbüros und Touristeninformation, couchsurfing.com, Anfragen in die Facebook-Gruppe "Pilger sucht Dach" stellen, Empfehlungen durch Freunde.
Letzteres hat sich bisher als am effektivsten erwiesen. Da gibt es so gut wie keine Absagen, dafür und stattdessen die wunderbarsten Momente und Gespräche, denn ich werde mitten in die Familien aufgenommen. Bei Facebook und couchsurfing.com ist das größtenteils auch so. Einmal wurde ich weiterempfohlen von Leuten, die mir zuvor von meinem Bruder empfohlen wurden und fand dadurch eine neue Bleibe. Ein andermal durfte ich mir schon kurz nach meiner Ankunft die ganze Liebesgeschichte des Gastgeber-Ehepaares anhören, die schon über 25 Jahre zurückliegt.
Ich liebe es!!!
Es ist auch schon öfter vorgekommen, dass ich morgens meinen Zielort ansteuere, ohne eine Zusage für eine Unterkunft zu haben. Einmal musste ich direkt bei Leuten fragen, wo ich mich gerade befand, denn den nächsten Ort hätte ich erst bei Dunkelheit erreicht. Dort wurde mir eine Blockhütte im Garten zur Übernachtung angeboten. Das war wunderbar, ich hatte ein Dach über dem Kopf und eine Heizung stand auch im Raum.
Hotels konnte ich bisher vermeiden, denn Hotels passen nicht so recht zu meinem Verständnis vom Pilgerleben. Viermal habe ich mich bisher in Klöstern einquartiert. Das ist wenig spektakulär, denn tatsächlich sind das Gästezimmer, ähnlich wie in Hotels. Mal etwas veraltet, mal schick und neu. Der einzige Unterschied ist, dass die Pforten oder Tore der Klöster Schließzeiten haben, dann muss man drin sein. Sonst schläfste draußen.

Fazit
Die Randbedingungen waren für mich günstig, um den Jakobsweg zu gehen. Ich bin froh, dass ich das gemacht habe. Es ist ein großartiges Erlebnis, so vieles Verschiedenes und zu Herzen Gehendes zu erleben. 
Manche haben mir gesagt, er oder sie würde das auch gerne tun, aber es würde nicht funktionieren. Da ist Familie, Kinder, Arbeit, ein Sack voll Verpflichtungen.
Diese ersten 100 Tage haben auch mir noch nicht die Antwort auf die Frage geliefert, ob ich das nicht schon hätte früher anfangen und das eine oder andere dafür aufgeben sollen - oder nicht? Warten wir mal ab, das kann ja noch kommen.
Auf jeden Fall habe ich nicht einen einzigen Tag, nicht einen einzigen Schritt bereut. Ich würde es wieder tun.

Montag, 3. Januar 2022

Der Helfer wird wieder Pilger

Die vergangenen zwei Monate waren geprägt von der Ahrtal-Hilfe und danach Weihnachten und Neujahr. Das Finale meiner Pilger-Auszeit ist der Geburtstag meiner Tochter am 6. Januar.

Während der vier Wochen beim Helfer-Shuttle, dessen Camp in Grafschaft-Ringen liegt, wohnte ich bei Ewald und Jutta in Neuwied, 50 km entfernt.

Die Weihnachtstage bis nach Silvester hin, hatte ich erneut Herberge bei Olaf und Claudia in Hüttenfeld. 

Eigentlich hätte ich schon am "dritten" Weihnachtstag, dem 27.12. schon bei Kathi, meiner Tochter und Mario, ihrem Freund in Eichenzell sein wollen. Aber das musste ich vertagen, weil Kathi plötzlich C-positiv getestet wurde und sich die beiden in Quarantäne einigeln mussten. Also bin ich erst am Neujahrstag mit der Deutschen Bahn nach Eichenzell gerollt (siehe Foto), anstatt auf Schusters Rappen gepilgert. Hätte ich natürlich machen können. Hab ich aber nicht. Durch die jetzt zeitlich kurz gewordene Nähe zu Kathi's Geburtstag, habe ich beschlossen, am 7. Januar von Eichenzell aus den Pilgerweg weiter zu gehen.

Mein Pilgerpfad ist somit keine durchgehende Linie mehr! Aber wen kümmert's???

Die Tage bei Olaf und bei Kathi haben mir Raum und Zeit (und den erforderlichen PC) gegeben, um den Weg noch einmal zu überdenken und schließlich über Toulouse bis nach Santiago durchzuplanen. Dabei heißt das Durchplanen in diesem Sinne für mich, alle im Internet verfügbaren Pfade (Tracks) in My Maps von Google so zusammenzusetzen, dass MEIN Pilgerweg durchgehend zu bewundern ist, und dass dafür nicht verschiedene Karten geöffnet werden müssen. An verschiedenen Stellen ergaben sich ein paar Lücken, wo ich die Pfade selbst durch die Botanik gezogen habe und mit den bereits vorhandenen verbunden habe. Alter, das brauchte echt viel Zeit. Das Ergebnis stelle ich hier weiter unten in diesem Blog-Artikel zur Verfügung. Vielleicht gibt es ja Leser, die selbst auf der Strecke wohnen oder Bekannte haben und mir Herberge anbieten möchten. Oder mich anfeuern wollen, weil ich grad vorbei komme.

Sollte jemand Lust haben, mich von meinem Pfad abzubringen, dann ruf mich an oder schick mir eine kurze Mitteilung per WhatsApp: +49 175 2449945. Bin zu allen Umwegen bereit.

Hinweis: Der Zugang zu meiner Pilger-Karte und der Etappenliste erfordert ein Google-Konto. 

Legende

Linie GRÜN: Als Pilger zurückgelegte Strecke
Linie ROT/HELLBLAU: Geplante Strecke
Linie GELB: Mit Kraftfahrzeug gefahren
Linie SCHWARZ: Mit Zug gefahren






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