Nein nein, der Weihnachtsmann ist weder ein Schreibfehler noch hat es mit meinem Alter zu tun. Er erinnert mich in diesem Beitrag an das Geschenk, das ich von meinen Kindern Alex und Kathi, sowie von Kathi's Freund Mario zu Weihnachten 2020 bekommen habe, und das ich an diesem vergangenen langen Wochenende "ausgepackt" habe: Teilnahme am 3-tägigen Seminar WILDNISWANDERN. Wow, das ist ja eine tolle Idee für einen, der sein Zuhause aufgegeben hat.
Ich konnte mir zwar keine richtige Vorstellung von dem Seminar machen und wußte nicht so recht, was mich erwarten würde. Aber mächtig neugierig war ich schon. Denn das Internet gibt nicht so super viel darüber her. Das Einzige, was ich mir unter dem Titel vorgestellt hatte, war so etwas wie man ein Feuer ohne die zivilisierten Hilfsmittel Streichholz und Feuerzeug anmacht. Drei Tage vor dem "Seminar" schließlich erhielt ich eine Email mit Hinweisen, was mitzubringen wäre, nämlich Rucksack, Zelt und Verpflegung für 3 Tage. Woow, das war wie Benzin auf das kleine Feuer meiner Vorstellungen...
Am Donnerstag, den 23.09.2021 um 15 Uhr sollte das Treffen der Teilnehmer auf einem Zeltplatz in der Rhön sein. Es sollten drei aufregende und lehrreiche Tage werden. Let's go!
Der Gebirgszug Rhön liegt in Mitteldeutschland, nahe der Stadt Fulda. Für mich ein Glücksfall, denn in Fulda studiert meine Tochter Kathi Ernährungswissenschaft, Oecotrophologie. Sie wohnt in einem kleineren Ort außerhalb der Stadt. Von dort sind es nur 30 Min bis zum Treffpunkt für das Seminar.
Ummeldung
An dieser Stelle will ich einschieben, dass in Deutschland jeder Bürger an einer Adresse gemeldet sein muss. Wenn ich nun den Schlüssel (nicht den Löffel) abgebe, und damit kein Zuhause mehr habe, erwartet der Staat, dass ich mich irgendwo anmelde. Nachdem ich mit Kathi und ihrem Freund abgeklärt habe, mich an ihrer Adresse anzumelden, nutzte ich jetzt die Gelegenheit zur Ummeldung. Also bin ich seit diesem Tag bin ein Bürger in der Gemeinde Eichenzell. Was mich absolut erstaunt hat, die Ummeldung war völlig kostenlos. Wo gibt es denn sowas heutzutage noch...?
Seminar Wildniswandern
Nach der Ankunft auf dem Zeltplatz Kleinsassen und dem Aufstellen des Zeltes, wurden die Teilnehmer in Dreiergruppen aufgeteilt und jede der sechs Gruppe sollte mit Hölzern und Material aus der Umgebung ein kleines Feuer machen. Da es Tags zuvor geregnet hatte, ist diese Aufgabe keiner der Gruppen gelungen. Auch ich wußte nicht, dass man Birkenrinde selbst bei Regen anzünden kann. Denn Birkenrinde enthält soviel ätherische Öle, dass Wasser daran abperlt und sie nicht benetzen kann. Und dieser Ölgehalt macht Birkenrinde eben leicht entzündlich.
Im weiteren Verlauf haben wurde uns Menge beigebracht über Wolkenbilder, über Luftdruck und Lufttemperatur, über das Verhalten der Tiere und Pflanzen, um eine Einschätzung über die Wetterentwicklung machen zu können. Desweiteren wurden wir über Themen wie Zelt, Schlafsack, Schlafunterlage, zweckmäßige Kleidung, Körperhygiene und Unfallmanagement in freier Natur schlau gemacht.
Nebelfeuer
Für den ersten Morgen sollten sich zwei Freiwillige melden, die bereit sind, früher als die anderen aufzustehen und das Lagerfeuer zu entfachen und einen großen Pott mit ca. 20 l Wasser für den ersten Kaffee oder Tee heiß zu machen. Hab ich das richtig gehört.... Feuer machen??? Ich hab mich sofort gemeldet.
Am nächsten Morgen wurde ich von meiner Feuer-mach-Komplizin geweckt, weil ich den Handywecker nicht gehört habe. Sofort wach bin ich wie ein Aal aus dem Schlafsack geflutscht, trete vors Zelt und sehe mit meiner Stirnlampe.... NICHTS außer dichtesten Nebel. Nichtmal den Feuerplatz in 15 Meter Entfernung konnte ich sehen - um Himmels Willen!!! Wo findet man denn bei derart feuchtem Nebel noch irgendein trockenes Stöckchen? Selbst wenn die Birkenrinde gut brennt, muss ja schließlich auch etwas Holz zum Brennen gebracht werden. Ich ahnte bereits die Meuterei der übrigen Truppe, die sich auf den heißen Kaffee freuen, wenn es jetzt kein Feuer gibt.
Unter Gebüsch und abgelagertem Gestrüpp fand sich dann doch noch genug trockenes Gehölz und das Feuer konnte entfacht werden - HURRAA
Sicherheitstraining Gewitterhocke
Bauernregel "Eichen sollst du weichen - Buchen sollst du suchen"... was für ein Quatsch. Jedenfalls wenn es nach der Lehrmeinung unseres Guides geht. Über das Gewitter ist wieder eine Fülle von Informationen über uns hernieder gegangen, wie Wettererscheinungen als Vorboten, richtiges Verhalten in der Gruppe, was sollte man vermeiden, usw. Beim Marsch durch die Botanik (querwaldein) wurde eine Gewitterübung eingebaut: in die Hocke gehen, den Kopf nach gegen möglichen Hagel schützen, die Knie zusammen, die Füße mit den Hacken zusammen halten und vollflächig den Boden berühren, und so lange hockenbleiben bis das Gewitter vorübergezogen ist - und das kann dauern. Unsere Übung hat vielleicht 10 min gedauert und die Beine sind dabei eingeschlafen. Ich muss sagen, das ist schon auch eine Herausforderung. Ich habe schließlich mit Konzentration auf die Atmung einen mentalen Modus gefunden, der einer Meditation ähnelt. Damit funktionierte es dann ziemlich gut, in der Stellung zu verharren.Orientierungsmarsch zur Milseburg mit Kompass
Nach der Einführung in den Gebrauch des Kompasses wurden wir wiederum in verschiedene Gruppen aufgeteilt und in Gelände geschickt mit dem Ziel der Milseburg. Mannomann, wenn drei Leute glauben verstanden zu haben, wie man mit dem Kompass umgeht, und jeder es anders verstanden hat. Dann zeigt sich wieder die klassische Dynamik, dass derjenige, der sich am lautesten äußert, zum Rudelbullen mutiert und der Rest unwillig, aber ergeben folgt - oder aber sich absondert, sich eigene Wege sucht und alleine weitergeht. Das ist jedoch verboten, denn die Gruppe soll gemeinsam am Ziel ankommen.
Schließlich haben es aber alle geschafft und sind am 835 m hohen Gipfel angekommen und haben verklärt den Sonnenuntergang genossen.
Schließlich haben es aber alle geschafft und sind am 835 m hohen Gipfel angekommen und haben verklärt den Sonnenuntergang genossen.
Sternen- und Regennacht
Der klare Abendhimmel leuchtet orange von der untergegangenen Sonne. Vereinzelte Flugzeuge ziehen einen kurzen hell leuchtendenden Kondensstreifen wie einen Pinselstrich hinter sich her. Bei zunehmender Dunkelheit sind immer mehr Sterne zu sehen und hell leuchtet die Milchstraße.
Unser Guide schlägt vor, sich auf eine Isomatte zu legen und den Himmel zu bestaunen. Nachdem auch die letzten Wanderer den Ort verlassen hatten, begann der Guide die Sternbilder zu erklären: Großer Wagen = Großer Bär, Cassiopeia, Plejaden, Großer Schwan, Nachteule und Hamster.
Schließlich waren alle müde und haben sich in ihre Schlafsäcke gemummelt sind und unter freiem Himmel bei ungefähr 8° C eingeschlafen. Schade nur, dass der klare Himmel trügerisch war. Gegen 4 Uhr in der Früh begann es zu regnen. Ach, wie schnell waren alle wieder wach und haben hastig die Schlafsäcke in die Rücksäcke gesteckt und sich mit Anoraks gegen die Nässe zu schützen gesucht. Nur eine halbe Stunde später war der Himmel wieder klar und es kam kein Tropfen mehr von oben.
Nachdem alles verpackt war, marschierten wir noch in der Dunkelheit den Berg wieder hinab zum Zeltplatz. Als wir dort eintrafen, war es längst wieder hell und wir sehnten uns nach heißem Kaffee...
Merinowolle
Von Donnerstag bis Sonntag gab es keine Wäsche für meine Haut. Und ich dachte, ich würde miefen wie ein Iltis. Die Unterwäsche jedoch besteht aus reiner Merinowolle. Mief...? Keine Spur. Gott sei Dank.