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Freitag, 22. Dezember 2023

Namibia-way Namibi-away

 

Die Namib-Wüstendünen küssen den Atlantischen Ozean

Was ist denn das für ein Titel? Nun, was ich mit dem Land Namibia erlebe, hat viel mit besonders großen Entfernungen zu tun… .
Namibia

Wie bereits jedermann weiß, wähle ich aus Prinzip nur bodengebundene Beförderungsmittel, wie eben Bahn, Bus, per Anhalter und zu Fuß, um möglichst alles zu sehen und zu erleben, was überall vorhanden ist. Hier in Namibia überraschen mich jedoch die Entfernungen wie nirgendwo anders. Nicht umsonst ist in der frei erhältlichen Straßenkarte von Namibia eine Entfernungstabelle abgedruckt. Für Autofahrer eine wichtige Informationsquelle, wenn es um die Frage geht, wann und wo getankt werden sollte.

Die Sehenswürdigkeiten, die ich auf meiner Bucket-Liste habe, wie den Etosha-Nationalpark (Homepage; englisch), die Wracks der Skelettküste (AmusingPlanet; englisch), die Felsbögen der Spitzkoppe (GEO; deutsch) und uralten und versteinerten Bäume unter den hohen orange-roten Dünen des Deadvlei (Wikipedia; englisch), sind ohne einen gemieteten 4x4 oder eine schweineteure organisierte Tour unerreichbar tief in der Wüste verborgen und zu weit ab vom Schuss, als dass sie mit den preiswerten lokalen öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen wären.

Grenze Namibia

08. November 2023. Bei der Einreise nach Namibia fällt mir die Fürsorglichkeit der Grenzpolizei bezüglich der Gesundheit der Reisenden auf. Große Tafeln weisen auf die Gefahren und Maßnahmen über Malaria hin. Eine weitere, von vielen offensichtlich unterschätzte Gefahr wird mir im Immigration Office mit einer Schachtel präsentiert. Wie ein galanter Kavalier einer Dame die Pralinenschachtel präsentiert, wird mir von den Grenzbeamten eine Schachtel präsentiert, die mit Kondomen gefüllt ist. “Bedienen Sie sich!”. Ich darf so viele nehmen, wie ich denke, dass ich brauchen werde. Woooow…! Wie viele würde ich wohl brauchen? Ich fühle mich gerade überfordert. Am liebsten würde ich die ganze Schachtel mitnehmen. Man kann ja nie wissen…

Jede Menge Lümmeltüten


Ansonsten gibt es über den Grenzübergang nur zu sagen, dass es nur zu bestimmten Uhrzeiten möglich ist, die Grenze zu überschreiten. Es gibt sozusagen ‘Öffnungszeiten’. Nachts wird ja schließlich geschlafen. Eintritt ist frei, sofern man einen gültigen Reisepass hat, der noch etwas Platz für den Einreisestempel hat.

Kavango oder Okavango?

Eine Tagesreise in Richtung Norden entfernt von Maun, der Stadt in Botswana, wo ich das Okavango-Delta unter die Lupe genommen habe, liegt Divundu, ein Ort am Kavangofluss. Unterschiedliche Quellen nennen den Fluss Kavango oder auch Okavango. Okavango würde für mich mehr Sinn ergeben, da der Fluss sich im Okavango-Delta ins Nichts auflöst. Aber ich denke, dass ich zu wenig über die lokalen Sprachen weiß, um mir ein wirkliches Urteil über die Namansgebeung bilden zu können. Wichtig ist für mich jetzt eigentlich nur, den Fluss als richtigen Fluss zu sehen, der im Delta aufhört zu existieren.

In Divundu, Namibia, finde ich ohne Vorausbuchung meine Unterkunft im ‘Divundu Guest House’, direkt am Kavango gelegen. Hier überzeuge ich mich davon, dass es tatsächlich einen richtigen Fluss gibt und nicht einfach nur ein trübes, mehr oder weniger stehendes Gewässer gibt, das im Okavango Delta sein Dasein aufgibt. Was ich hier zu sehen bekomme ist nicht einfach ein Flüsschen, sondern ein Strom, ein Fluss, der mit einer gehörigen Geschwindigkeit fließt. Schon schwer, sich vorzustellen, dass es dieses Wasser nach zwei- oder dreihundert Kilometer weiter nicht mehr gibt…
Stromschnellen des Kavangoflusses

Nilpferde im Kavangofluss


Kavangofluss

Außerdem kann ich hier eine fantastische Vogelwelt, Hippos und Krokodile aus kurzer Distanz betrachten. Eine Safari erübrigt sich fast.

Diskussionen über den Fahrpreis

Nach nur einem Tag Aufenthalt in Divundu stelle ich mich an die Straße und versuche mein Glück als Anhalter. Nach Grootfontein will ich. Das ist ein Ort, von dem ich einen Abstecher in den Etosha-Nationalpark machen kann und von wo aus ich auch nach Windhuk kommen kann - je nachdem, was sich umsetzen lässt. Es dauert nicht lange bis ein Pick-up stoppt und mich auf die Lagefläche verfrachtet. Er fährt aber nur bis Rundu, lässt mich der schwarze Fahrer wissen. Egal, von Rundu wird es schon auch irgendwie weitergehen. Als ich oben bin murmelt der Typ etwas von 170 Dollar. Hier in Namibia gilt der Namibische Dollar (N$). Der Umrechnungskurs liegt bei 1:20, also entsprechen N$ 100 = 5 €. Nun hatte ich kurz bevor ich mich als Anhalter aufgestellt habe, einen Minibus nach seiner Taxe gefragt. Der wollte N$ 140 haben. Da ich sparen wollte, habe ich die alternative Variante in Betracht gezogen.und nun will der Typ N$ 170 haben. Nö, das passt überhaupt nicht zusammen. Ich schlage N$ 100 oder meinen Abstieg von der Pritsche vor. Er murmelt irgendwas, das ich nicht verstehe und verschwindet auf seinem Fahrersitz und los geht die Reise. Von Divundu bis Rundu sind es 200 km zu fahren und wir legen die Strecke in etwa drei Stunden zurück. Drei Stunden auf der Pritsche in praller Sonne. Da tut der Fahrtwind gut. Unterwegs laden wir noch einen weiteren Mitfahrer auf.


Bei der Ankunft in Rundu stoppt der Wagen an einer großen Tankstelle. Tankstellen sind in Afrika eigentlich überall groß angelegt. Sie fungieren oft als eine Art Verkehrsknotenpunkt, oder - wie man in der Fliegersprache sagt - als Drehscheibe oder Hub. Also, hier stehen einige der allgegenwärtigen Minibusse und warten auf Reisende. Mein Mitfahrer steigt ab und bezahlt seine Fahrt mit  100 Dollar. Ich gebe dem Fahrer dann einen 200-Dollar-Schein. Und weg ist er…! Hoppla, denke ich, so haben wir aber nicht gewettet. Ich warte gefühlte zehn Minuten (es sind sicher bloß zwei Minuten). Inzwischen haben sich eine Horde schwarzer Junger Männer um die Pritsche geschart, auf der ich noch stehe und wollen wissen, wohin meine Reise weiter gehen soll. Aber das interessiert mich gerade gar nicht. Ich habe meinen Fahrer im Blick, der vorne am Auto herumscharwänzelt. Jetzt wird es mir etwas zu bunt. Innerlich habe ich bereits die 200 Dollar abgeschrieben. Was weiß denn ich, was das für ein Halunke ist, und ich rufe ihm laut zu, er möge mir meine einhundert Dollar Wechselgeld geben, er habe die ja gerade von dem anderen Mitfahrer erhalten. Nun verschwindet er im Verkaufsraum der Tanke. Er kommt wieder heraus, kommt auf  mich zu und wirft mir einen 50-Dollar-Schein auf die Ladefläche. Bei mir ist das Maß voll! So laut ich kann, beschuldige ich den Fahrer des Betrugs und alle umstehenden Leute bekommen das mit. Aber es kümmert scheinbar niemanden. Ich bin auf 180 „ich werde nicht eher vom Auto heruntersteigen, bevor ich zurück bekomme, was vereinbart wurde!“ rufe ich wieder in die Menge. Im Moment bin ich der Hauptdarsteller meiner selbst inszenierten Show. Und ich finde immer mehr Spaß daran. Ich wundere mich über mich selbst - bin ich sonst doch nicht so. Egal, mein Tacho zeigt inzwischen 250. Ich frage die Leute - immer noch so laut, dass ich es später tatsächlich mit Heiserkeit zu tun bekomme - ob ich es hier mit einem typischen Repräsentanten der Freundlichkeit und Aufrichtigkeit der Namibischen Gesellschaft zu habe. Das muss gesessen haben. Von irgendwo kommt mein Fahrer angeschlichen und steckt mir einen weiteren Fünfziger zu. Jetzt ist meine Welt wieder in Ordnung. Ich danke dem Fahrer freundlich für die tolle Fahrt, wünsche ihm noch einen schönen Tag, und tschüß!

Als nächstes besteige ich einen dieser Minibusse, deren Unbequemlichkeit mir inzwischen zur zweiten Natur geworden ist, auch hier mal wieder eine Reifenpanne inklusive. Hey, wir sind in Afrika! 
Bereit für die nächste Etappe
Dem ist die Luft ausgegangen
Ersatzreifen mit Profil - bitte keine Diskussion 🤠
Immer gut gelaunt und in bester Gesellschaft

Grootfontein

Mit dem Minibus geht‘s nach Grootfontein, wo ich einen oder zwei Tage verbringen will, um zu sehen, welche Optionen ich von hier aus habe. Von Rundu nach Grootfontein sind 260km zurückzulegen, war unser Minibusfahrer nach dem Zwischenfall mit der Reifenpanne dann auch in knapp fünf Stunden erledigt. Beim Aussteigen bekomme ich den freundlichen Rat von Eunice und Vistorina, zwei hübschen Frauen, die mir sagen, es sei sehr gefährlich in Grootfontein. Betrüger und Räuber lauern überall in den Straßen, ich solle auf mich aufpassen. Okay, wird gemacht, versichere ich. Ob ich mich auch von schönen Frauen in Acht nehmen müsse, wollte ich noch wissen. Nun, bei dieser Frage werden die beiden etwas zurückhaltend.

Unterkunft suchen

Nun stehe ich mit meinem Rucksack auf dem Rücken auf dem Platz einer Tankstelle - wo auch sonst! Und habe noch keine Unterkunft. Ein Blick bei Booking.com hilft mir auch nicht weiter, da es keine Einträge für Unterkünfte in Grootfontein auflistet. Was tun? Angeblich sind die hier ja Leute gefährlich…

Ich sehe zwei junge Frauen etwas abseits stehen und entschließe mich, sie zu fragen, ob sie eine preiswerte Unterkunft wüssten. Ja klar, ist die Antwort, hier gleich um die Ecke - komm mit. Etwas Skepsis macht sich in meinem Kopf breit, aber ich folge erst einmal. Weglaufen kann ich notfalls immer noch. Tatsächlich, gut fünf Minuten später stehe ich vor einem eingezäunten Haus - alle Grundstücke in Afrika sind eingezäunt, mit dem Namen ‚Asser’s B&B‘ und einer Telefonnummer, die an an die Wand gemalt sind. Ich rufe an und kurze Zeit darauf rollt der Besitzer mit seinem Range Rover heran. Prima, ich brauche nicht auf der Straße schlafen. Ich überrede die beiden Ladies noch einen Augenblick zu bleiben, da ich erfahren möchte, welche Attraktivitäten Grootfontein bietet. Es kommen folgende Möglichkeiten zusammen: ein Museum im Ort, der ‚Hoba Meteorit‘, der in der Nähe herunter geplumpst ist, und der größte unterirdische See der Welt, bekannt als ‚Dragon‘s Breath Cave‘ - wooow. Will ich alles sehen! 

Ein Tag Ausflug

Eine von den beiden, ich glaube es ist Chandell, schlägt vor, einen Bekannten, der ein eigenes Auto hat, als Fahrer zu engagieren. Nach der Preisverhandlung machen wir den Deal. Der Fahrer stellt sich vor als - man höre und staune: Equalizer. Ein super-symphatischer junger Mann. Es stellt sich heraus, dass die beiden angesprochenen Frauen Schwestern sind. Die andere heißt Sila. Für den nächsten Tag vereinbaren wir die Rundfahrt. Sila kommt zusammen mit einer anderen jungen Dame, Schwester Nummer drei. Fenny. Wir steigen bei Equalizer ein und ich erkläre ihm, was ich zuerst sehen möchte, nämlich den unterirdischen See. Aber er macht zuerst eine ausgiebige Stadtrundfahrt und ich habe keine Ahnung, wozu. Nach etlichen Kilometern, die uns mitten durch da am Stadtrand gelegene Township führt, frage ich.


Der Kindergarten im Township

Na, wir müssen zuerst Sila zur Arbeit bringen, antwortet er. Dann halten wir hier im Township an einem Kindergarten an. Ich erfahre, dass der Kindergarten nur von Spenden aufrecht erhalten wird und dass Sila dort als dauerhafte Volontärin arbeitet. Diesen Moment werde ich nicht mehr vergessen, wie diese junge und schüchterne Frau in meinen Augen menschliche Größe einnimmt und mir größten Respekt abverlangt. Ich steige spontan aus und begrüße die Kinder, die sich sofort wie eine große Traube um mich scharen. 

Sila, die Kindergärtnerin auf freiwilliger Basis
…sooo viel Energie und Freude!!!
Bye bye 👋🏼

Angefüllt mit dem tollen Gefühl, etwas Freude vermittelt zu haben, fährt Equalizer mit mir und Fenny, die heute frei hat, zu den vereinbarten Zielen.

Dragon‘s Breath Cave

Für dieses Wunder unter der Erdoberfläche müssen wir rund 50km auf uns nahmen. Für Deutsche Verhältnisse wäre das mit dem Auto der Ritt auf einer Arschbacke von 30 bis 40 Minuten. In Namibia fahren wir ungefähr 35km auf asphaltierter Straße und den Rest auf einem Schotterweg und im wahrsten Sinne des Wortes, über Stock und Stein. Für die 15km Schotterweg brauchen  wir mehr als doppelt so lange, wie für die asphaltierte Strecke, so dass wir über eineinhalb Stunden unterwegs sind.


Wir erreichen eine große Farm, deren Besitzer auch ‚Eigentümer‘ des unterirdischen Sees sind. Es ist ein hübsch angelegtes Anwesen, das auf deutschstämmige Besitzer hindeutet. Einige ansprechende Gebäude, verschiedene große Bäume und Zypressen, sowie große, gemähte Rasenflächen. Aber weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen. Auch keine Hinweise auf andere Besucher. Wir parken und betreten da eingefriedete Grundstück. Als Equalizer mit seiner kräftigen Stimme ruft, kommt ein schwarzer Angestellter und will wissen ob wir gebucht hätten. Nein, haben wir nicht. Muss man das? Nein. Das geht auch ohne, wenn nicht gerade ein größerer Andrang herrscht. Herrscht hier Andrang…? Hahaha… hier herrscht tote Hose!!! Ja, wir können rein, wenn wir wollen. Auch ohne Vorausbuchung. Kostet 950 Dollar. Kostet - was…??????? Nur fürs reingehen! Da drin schwimmen oder Kanu fahren kostet extra! SCHOCK - Wir sind regelrecht entsetzt. Umgerechnet reden wir über 50 US Dollar, beziehungsweise 45 Euro. Pro Nase! Selbst für uns drei zusammen wäre der Preis noch immer ziemlich teuer und für die meisten Namibianer unerschwinglich. Als wir fragen, was für den Preis alles geboten wird, gibt es keine Antwort. Wir bohren nach (als alter Auditor kann ich das ja ziemlich gut, auch ohne Fragenkatalog…). Außer, dass die Höhle beleuchtet ist, gibt es keine weitere Leistung und wir werden mit jeder weiteren Frage immer wieder mit Achselzucken konfrontiert. Es bleibt dabei, dass es einfach nur ein sehr teurer Zugang ist - und dass es offensichtlich genug Touristen gibt, die bereit sind diesen Preis zu bezahlen. Ich entscheide für mich, dass mir die Sache nicht so viel Geld wert ist. Equalizer und Fenny hatten das für sich ebenso beschlossen, sodass wir uns wieder ins Auto setzen und eineinhalb Stunden zurück fahren.

Bin ich darüber jetzt traurig oder enttäuscht? Hmm… ein bisschen enttäuscht schon, aber viel mehr hat dieser Moment uns drei zusammengeschweißt über die gemeinsame Auffassung, dass eine derartige Profitgier bei einem Geschenk der Natur ohne zusätzliche Leistung sehr unsympathisch ist. Wir fangen an, Freundschaften aufzubauen. Equalizer ist ein lustiger und fröhlicher Typ, den ich sehr mag. Fenny ist eher still, wie ihre Schwester. Vielleicht liegt das in der Familie. 

Nicht Hobbit, sondern Hoba - der Meteorit

Zurück auf dem Weg Richtung Grootfontein steuern wir auf einen Außerirdischen zu, einen außerirdischen Klotz, der das Verglühen bei seiner rasende Reise durch die Atmosphäre der Erde überlebt hat. Ein Meteorit, den irgendjemand Hoba getauft hat (Wikipedia). Entdeckt wurde er, als ein Farmer mit seinem von Ochsen gezogenen Pflug an einer bestimmten Stelle ein metallisch kratzendes Geräusch hörte. Er ging der Sache auf den Grund - oder besser gesagt hat er den Untergrund beseitigt. Zum Vorschein kam ein ziemlich großer Felsbrocken. Nur das metallische Geräusch konnte er sich nicht erklären und holte einen Lehrer hinzu, der feststellte, dass dies alles andere, nur kein Felsbrocken war. Nachforschungen haben einen Meteoriten erkannt. Da der Farmer dieses Stück Land agrartechnisch nicht benutzen konnte, hat er das Stück der Gemeinde geschenkt, die den Meteoriten freilegen ließ.


Equalizer, Fenny, Weltreisender (v.r.)
Analysen haben ergeben, dass dieser Meteorit zu 80% aus Eisen. Der Rest sind hauptsächlich Nickel und Kobalt. Einer der Führer gibt mir einen Magneten und ich staune über die magnetisierende Kraft, mit der der Magnet am Meteoriten haftet. Ein anderes Phänomen ist, wenn du auf den Meteoriten drauf steigst. Dann bekommt die eigene Stimme einen unvorstellbar metallischen Klang. Ich bekomme Gänsehaut, als ich spreche und meine Stimme diese metallische Färbung bekommt. Ich finde, diese Beschreibung ist so unvollkommen und wirkt wie eine Andeutung gegenüber dem erlebten Effekt. Mein neuer Freund Equalizer und Fenny staunen ebenfalls und haben ihren Spaß.

Wie soll es jetzt weitergehen? Ich würde liebend gerne den Etosha-Nationalpark sehen. Aber wie soll ich da hinkommen? Für eine Safari oder die Miete eines Geländewagens bin ich zu sparsam. Denn ich will, dass mein Geld für einmal rum um den Globus reicht. Die Skelettküste habe ich auch auf der Liste. Dort kann ich von hier nicht ohne 4x4 hinkommen. Da gibt es nicht einmal organisierte Safaris von hier. Eventuell und ganz vielleicht von Swakopmund, erfahre ich.

Workaway in Windhuk

In diesen Tagen schaue ich auch immer wieder mal, ob es eine Möglichkeit zum Away-Worken für mich gibt. Da war zunächst ein offenes Gesuch eines Backpacker Hostels in Swakopmund, doch der wurde durch andere Workawayer besetzt und ich war raus. Wäre cool gewesen, weil dort auch Surfen und Kiten angesagt ist. Doch dann kommt plötzlich eine Anfrage aus Windhuk. Christina vom Paradise Garden Backpackers fragt an, sucht jemand, der im Hostel mit allem Möglichen helfen kann, und ob ich nach Windhuk käme. 

Meine größte Schwierigkeit bei Workaway ist die Zeitplanung. Natürlich planen die Gastgeber den Workawayer in gewisser Weise in ihr Leben ein, das ist ja klar. Da kann ich nicht einfach den Ankunftstermin hin und her schieben, wie es mir gerade gefällt. Andererseits bedeutet meine Flexibilität, zu Orten zu reisen oder auch dort zu bleiben wie es mir gefällt, Freiheit. Nun, es beißt die Maus keinen Faden ab - wenn ein Termin steht, wird er auch eingehalten. Manche Gastgeber sind da offener für Flexibilität als andere. Ich spreche das Problem immer an, damit beide wissen, woran man mit dem anderen ist. Also, ich vereinbare mit Christina zwei bis drei Wochen Workaway in ihrem Hostel.

Fahrt von Grootfontein nach Windhuk

In Grootfontein gestaltet es sich mit den Minibussen drei Nummern schwieriger als in Rundu. Während der Bus in Rundu regelrecht auf mich wartete, erfahre ich an der Tankstelle in Grootfontein, dass der Bus nur dann und wann mal fährt. Ich bin in Afrika. Das heißt, ich rechne mit allem! Doch dass die Minibusse irgendwo nicht fahren, beziehungsweise nur zufällig unterwegs sind, dass ist jetzt aber neu für mich. Ich bin ja ein geduldiger Mensch. Also setze ich mich an der Tanke auf meinen Rucksack und stelle mich auf stundenlanges Warten ein. Es ist noch früh, so halb neun vielleicht. Nach einer halben Stunde ist meine Geduld aufgebraucht. Ich sehe etliche Fahrzeuge, die meine Tankstelle in Richtung Windhuk verlassen. Ob die alle nach Windhuk fahren? Sofort fange ich an, die Autos und mehr noch ihre Fahrer zu screenen. Wer wirkt sympathisch auf mich? Eines ist sehr auffällig: alle Fahrer, die ich frage, ob sie nach Windhuk fahren, sind überaus freundlich zu mir. Zwei Fahrer sagen mir zu, mich mitzunehmen, aber erst später, weil sie noch im Ort zu tun haben. Wenn ich am Nachmittag noch da sein sollte, dürfe ich gerne mitfahren. Zwischenzeitlich gehen mir die Taxifahrer auf den Keks, die ständig angeschissen kommen und mich zur Mitfahrt bei ihnen überreden wollen. Angesichts meiner aufgebrauchten Geduld, lasse ich mich breitschlagen und steige in eins der Taxis ein. Sofort beschleicht mich ein unbehagliches Gefühl, ohne dass ich den Grund dafür finden kann. Zehn Minuten steige ich wieder aus und schnappe mir meinen Rucksack aus dem Kofferraum und gehe wieder zu den Tanksäulen, um die dort tankenden Autofahrer zu beobachten. Und schon fühle ich mich wieder wohl. Der Taxifahrer kommt hinter mir her und nervt. Er will (natürlich) wissen, was falsch mit ihm sei (würde ich ja auch wissen wollen). Ich sage, dass ich nicht Taxi fahren will - und Ende der Diskussion. Manchmal macht es Sinn, grimmig dreinzublicken. Super wirkungsvoll ist dann der klare und unerschütterliche Blick in die Augen so lange wie möglich. Funktioniert hervorragend. Der kommt kein zweites Mal wieder.

Endlich beißt einer an. Einer mit dem französichen Namen Pierre. Aber er fährt bloß bis Otavi. Von da kommst du aber besser weg, als von hier, behauptet er. Also rein in die Karre und los. Wir verstehen uns gut. Unterwegs kommen wir an etlichen Minen vorbei. Die Gegend ist reich an Kupfervorkommen. Irgendwo stoppt er in einem kleinen Dorf, um auf seinem Anhänger ein Sofa abzuholen. Dann weiter bis Otavi, wo wieder eine groß angelegte Tankstelle meine Transitstation wird. 

Da sitze ich nun wieder auf meinem Rucksack, aber es fahren kaum Autos oder LKW an die Tankstelle und ich warte so vor mich hin. Aber es dauert nict wiklich lange. Da sehe ich einen 4x4-Geländewagen mit Aufklebern der EU (Europaische Union), GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) und KfW (Deutsche Kreditbank für Wiederaufbau) auf den Türen. Da wollen wir doch mal sehen, wer da hinterm Steuer sitzt, denke ich mir. Zwei Frauen sitzen drin - und sonst ist der Wagen bis unters Dach mit Kartons und anderen Gegenständen vollgepackt. Ich will mich gerade abwenden, als mich eine der beiden grüßt und fragt, ob sie mir helfen könne. Wir machen Platz, sagt sie, nachdem sie meine Pläne wusste. Für die nächsten Stunden finde ich mich etwas eingezwängt auf der Hinterbank des 4x4 wieder. Die Fahrerin stellt sich vor: Wendy. Bis Windhuk geht es für 360 km durch viel flaches und ödes Land. Hier und da kommt man an einer Kupfer- oder Diamantenmine vorbei. Es ist weitgehend superflaches Gelände. Dann kommen in der Ferne steile Berge zu in Sicht. Dass Windhuk aber auf einer Höhe von über 1.600 m über dem Meeresspiegel liegt, habe ich durch den sanften Anstieg der Region nicht wahrgenommen. Als wir Windhuk erreichen, stellt sich heraus, dass Wendy und Christina, die Chefin des Hostels einander gut kennen. Was ist die Welt doch für ein kleines Dorf… 
Fahrerin Wendy, Weltreisender (v.l.)

Vier Wochen ‚schuften‘ in Windhuk

Nach meiner Erfahrung braucht es beim Workaway so eine Art ‚Einarbeitungszeit‘, in der man sich gegenseitig ‚beschnuppert‘ und kennenlernt. Auch die Gegebenheiten mit Fragen wie, wo welches Werkzeug zu finden ist, welche Arbeiten mit welcher Priorität erledigt werden sollen, und anderes mehr fällt in diese Zeit, die ich im Durchschnitt mit einer Woche veranschlage. Ab der zweiten Woche kann man Gas geben und zeigen, was man so drauf hat. Im Gegenzug steht dem Workawayer ein Bett und Verpflegung durch den Gastgeber zu.

Christina möchte, dass jedes Bett eine Lampe bekommt, damit jeder Gast sein eigenes Leselicht hat. Und die Schranktüren in einem Zimmer sollen mit einer anderen Farbe neu gestrichen werden. Und einer der Wassaertanks soll etwas höher gesetzt werden, damit unter den Auslauf ein Eimer oder eine Gießkanne passt. Und alles, was wackelt, soll fixiert werden, zum Beispiel ein Bett, die Tische und Bänke… 

Schon in den ersten beiden Tagen - eigentlich sind die Nächte gemeint, erkenne ich ein signifikantes Manko in diesem Hostel. Es gibt keinen effektiven Mückenschutz. Manche Betten haben zwar ein Moskitonetz - aber eben nur manche. Und mir ist ein Bett ohne ein solches Netz zugewiesen. Nicht witzig! Ich kaufe mir im nächstgelegenen ein Raum-Mückenspray. Das hilft…fürs Einschlafen. Morgens bin ich trotzdem perforiert. Also schaue ich mir die Fenster mal genauer an und ich sehe an verschiedenen Fenstern recht gut installierte Schutzgitter. Aber nicht an allen Fenstern. Die betreffenden Räume haben Flügelfenster, für die ich Schutzgitterrahmen bauen könnte. Ich bespreche meine Idee mit Christina, die davon begeistert ist. Also erstelle ich eine Stückliste für das Bettlampenprojekt und eine zweite für das Moskitoprojekt. Damit klappern wir die Baumärkte ab. Wenngleich Windhuk relativ stark von Deutscher Kultur geprägt und allgegenwärtig ist, staune ich über das Sortiment der Baumärkte. Für das Bettlampenprojekt benötigen wir 15 Lampen und entsprechend Kabel und Stecker. Von den ausgesuchten Lampen gibt es gerade mal drei Stück. Bei unserer anschließenden Rundfahrt zu anderen Elektrohökern, kommen weitere vier Lampen der gleichen Bauart, aber unterschiedliche Farben, zusammen. Nachdem wir vier Geschäfte abgeklappert hatten, geben wir auf und Christina will die Lampen beim großen Baumarkt bestellen. Mindestens fünf Wochen Lieferzeit. ”Bist du dann noch da”, fragt sie mich. In fünf Wochen bin ich irgendwo in Südafrika, aber nicht mehr in Windhuk. ”Damit solltest du nicht rechnen”, lasse ich sie wissen. Inzwischen habe ich mich besser kennengelernt und weiß, wann das Reisefieber wieder ausbricht - nach ungefähr drei Wochen stationärem Aufenthalt. Dagegen hilft keine Medizin, sondern nur eine Therapie: Rucksack schnüren und ab die Post. ”Vier Wochen würden funktionieren”, sage ich mit der Überlegung, die Lieferzeit mit einem Ausflug zur Skelettküste zu überbrücken. Und sie bestellt. Zu unserer Überraschuing sind die Lampen nach zehn Tagen, die ich vor allem mit dem Bau der Moskitorahmen verbringe, tatsächlich schon da. Also wird’s doch nix mit der Skelettküste. Als die Bettlampen installiert sind, sehen wir, dass die Wandsteckdosen wegen inkompatibler Stecker auch noch gewechselt werden müssen. 
Wie gut, dass es bei mir als Elektromeistersohn in Papas Werkstatt oft gefunkt und geblitzt hat, wenn ich mich meinen Experimenten hingegeben habe - bis die Sicherungen flogen. So weiß ich auch, wie sich 230V Wechselstrom anfühlen und bin für diese Aufgaben bestens ausgebildet.
Das Ergebnis leuchtet schließlich aus allen Ecken.
Zuerst sollte ich vorhandenes Kabel, das in der Garage lagerte, aufbrauchen. Okay, damit bekomme ich zwei Betten installiert. Für das fehlende Kabel machen wir die besagte Rundfahrt. Kurz vor Fertigstellung sehe ich, dass ich zu wenig Kabel eingekauft hatte und musste nochmal los - mit dem Fahrrad. Der 4x4 verbraucht zuviel Sprit für weitere sieben Meter Kabel. Beim Elektro-Shop angekommen, wollte ich natürlich das gleiche Kabel haben, das ich drei Tage zuvor in größerer Menke gekauft hatte. Mehrmals ging der Verkäufer in sein Lager und kam immer wieder mit einem anderen Kabel heraus. Als seine Geduld zu Ende war, schickte er mich ins Lager und ich sollte es mir selbst heraussuchen.
Elektrofachgeschäft Verkaufsraum
OMG… jetzt wird mir klar, warum der Laden so viele Kabel hat, mir aber nicht davon geben konnte, was er mir zuerst verkaufte. Hier dafst auch du dich einmal umschauen…

Das Fahrrad, das vorne einen Platten hat, bekommt einen neuen Schlauch. Der Reifen mit seinen Französichen Ventil, lässt sich wegen der nicht aufzufindenden Luftpumpe nur an der Tankstelle belüften. Zum Glück ist die nur einen halben Kilometer entfert. Mein Workaway bei Christina endet schließlich nach vier Wochen, obwohl es weiterhin noch viel zu tun gibt. 

Über meine Versorgung bezüglich Mittag- und Abendessen brauche ich mir Null Gedanken machen. Sowohl Christina, als auch Yamile, ihre rechte Hand im Management des Hostels, eine gebürtige Kubanerin, kochen wie die Weltmeister. Es schmeckt mir Finger lickin’ gut. Jedes Mal! Hinzu kommt Abwechslung durch Yon, der manchmal regelmäßig, manchmal unregelmäßig alle Gäste, Bewohner, Workawayer und sonstige an einen Tisch zusammenholt und für alle kocht. Da sitzt man dann schon ganz gerne mal bis spät in die Nacht, bis man es vor lauter Mücken nicht mehr aushält.



Viel Spaß habe ich auch mit Princesa, einer dreijährigen und energiegeladenen Mischlingshündin. Schade, dass ich davon kein Foto habe.

Windhuk - Die Stadt

Hier ein kleiner Bilder-Rundgang durch die Stadt:





Christuskirche




Bahnhof Windhuk (ohne Fahrplan!!!)

Weihnachtsmarkt am Goethe-Institut

Christina vorn links und meine Lieblingsfreunde aus dieser Zeit: David mit Steffi


Weihnachtsmarkt Elisenheim

Etwa 20km nördlich von Windhuk hat sich über die Jahre von einer Einzelperson, die handgearbeitete Artikel zu Weihnachten hier verkaufte, ein ansehnlicher, aus vielen Ständen verschiedener Anbieter, ein Weihnachtsmarkt nach deutschem Vorbild entwickelt. Was fehlt, um mit dem deutschen Pendant auf Augenhöhe zu kommen, sind Schnee und Kälte. Stattdessen kübelt es hier aus dem Regen.





So ein Weihnachtsmarkt ist ja immer auch eine Begegnungstätte. Hier treffe ich zwei andere Workawayer: Sandra aus Barcelona und Stephan aus (vergessen). Der Austausch mit den beiden ist super bereichernd. Für Stephan wird aus dem Workaway sogar ein Daueraufenthalt, als er erkennt, dass er hier seine Berufung gefunden hat und sich am Kauf eines Grundstücks beteiligt. Auch mit Sandra, die außerhalb von Workaway als Übersetzerin arbeitet, verstehe ich mich gut. Wir verabreden uns zu einem Game Drive (Kleinsafari) auf Düsternbrook.

Meditation und Selbstklärung

Muss ja manchmal sein, denke ich, dass ich Abstand nehme von der vorausgegangenen Nacht und mir um 5.00 Uhr eine stille Ecke zum Meditieren suche. Innerlich geläutert, stelle ich mir die Frage, wann es Zeit für den Friseur ist, ohne eine vernünftige Antwort zu bekommen…


Neuapostolische Gemeinde Windhuk und Doosthof



Heute, am 19. November, gehe ich nach dem Gottesdienst in der Gemeinde Windhuk über den YouTube Livestream in meine Heimatgemeinde Doosthof und schaue mit den Gottesdienst ebenfalls noch an. Nanu, was ist mit Horst los? Kann der nicht genug kriegen, fragst du dich vielleicht. Der Grund dafür ist, dass Apostel Dirk Schulz den Doosthof besucht und da will ich auch dabei sein.
Screenshot vom Gottesdienst auf dem Doosthof
Zu meiner großen Überraschung erlebe ich, dass Timo, der Ehemann meiner Nichte Dodo, die Heilige Versiegelung (Neuapostolische Kirche; deutsch/englisch) empfängt und der Gemeinde hinzugefügt wird. 

Düsternbrook

Dieser Name, der aus dem Niederdeutschen kommt und düsterer Bruch, beziehungsweise dunkles Unterholz bedeutet, passt eigentlich gar nicht so recht zu der Landschaft in Namibia, wo es zwar bergig ist und Buschvegetation gibt, aber alles schön licht ind hell ist. Egal, zur Begriffsforschung bin ich jetzt je nicht hier, sondern zum Game Drive, einer mehrstündigen Klein-Safari, um Gnus, Zebras, Giraffen und Nilpferde zu sehen, zu der ich mich beim Weihnachtsmarkt in Windhuk mit Sandra aus Barcelona verabredet hatte. 
(Meine Düsternbrook-Fotos scheinen verloren gegangen zu sein)

Info: Düsternbrook (Homepage; deutsch/englisch) ist eine Farm, die als Lodge Unterkünfte zwischen Zelt-Camping und Luxuschalets, mit Preisen, die einen halben Kilometer außerhalb meines Geldbeutels liegen. Geboten wird dafür eine sehr schön von der Hauptstadt entgelegene Unterkunft mit etlichen Möglichkeiten, Tiere aus nächster Nähe zu erleben.

Klein Deutschland - Swakopmund

Es scheint, dass ich so einen kleinen sadistischen Anteil in mir habe, der sich ununterbrochen bemerkbar macht, seit ich von der ’Skelettküste’ gehört hatte. ”Da musst du unbedingt hin”, raunt es stets in mir. Die Skelettküste ist eine Todeszone, die sich von Swakopmund im Süden über 500 km Richtung Norden bis an die Angolanische Grenze erstreckt. Todeszone deshalb, weil (a) das Meer wegen der kalten Strömung sehr oft vernebelt ist und dies eine große Gefahr für die Schifffahrt darstellt und dutzende Schiffe hier gestrandet sind, nach denen (b) die Besatzungsmitglieder kaum eine Chance hatten, lebend irgendeine Ortschaft zu erreichen, da es hier nur Wüste ohne jeglichen Grünstreifen und Frischwasser gibt. Die gestrandeten Schiffe der vergangenen Jahrzehnte liegen mehr oder weniger verrottet an der Küste oder sogar im Landesinneren, da Dünen ins Meer gewandert sind.

Mit der Idee im Kopf, die Skelettküste von Swakopmund aus sehen zu können - oder besser noch mich dort einer Gruppe anschließen zu können, reite ich wieder mal mit einem öffentlichen Verkehrsmittel der Klasse ’Afrikanischer Minibus’ von Windhuk nach Swakop, wie alle Einheimischen den Küstenort nennen. Die Strecke von 360 km bringen Fahrer und Fahrzeug ohne Zwischenfälle hinter sich. 

Bei meiner Ankunft wird mir klar, dass Swakopmund eingentlich ein Wüstenort ist. Grün ist es nur dort, wo Menschenhand für Wasser sorgt. Und das tut sie schon einige Zeit. Der Ortkern ist von Gebäuden der Deutschen Kolonialzeit Anfang des vorigen Jahrhunderts geprägt. Daher ’Klein-Deutschland’ und durchaus hübsch.



 






Was es aber auch alles gibt… 😄
Beweisfoto
Sundowner in Swakopmund

Bei meinem Rundgang durch den flächenmäßig doch ziemlich großen Ort, entpuppt sich Swakopmund als ein Ferienort á la Grömitz in Deutschland an der Ostsee.
 



Ob lang gestreckte Apartmentreihenhäuser oder süße kleine und moderne große Strandvillen - für jedes Portemonnaie ist etwas dabei.


Ich dagegen finde meine Bleibe für drei Tage im Desert Sky Backpackers Hostel.
Desert Sky Straßenansicht
Desert Sky Innenhof

Am Sonntag, der 10.12.2023, ist wieder mein Kirchentag. Heute in Swakop. Wie gut, das meine Kirche auch hier vertreten ist. Jörg, einer meiner Freunde, mit dem ich regen Austausch per Whats-App habe, stellt mich dem dortigen Gemeindevorsther vor, Hermann Dingsbums (Deutscher Name, hab’s gerade vergessen, komm’ ich später wieder drauf…). Allerdings ist heute ein besonderer Gottesdienst. Es findet eine Übertragung des Stammapostels aus Johannesburg mit der Ruhesetzung des Bezirksapostels Johann J. Kriel und die Einsetzung seines Nachfolgers Peter Lambert statt. Da bin ich froh, dass ich diese Übertragung in einer lokalen Gemeinde statt auf YouTube erleben kann.
Neuapostolische Kirche, Blick von der Straße
An der Kirche, die in Swakopmund zentral gelegen ist, laufe ich dem Hermann direkt in die Arme. Aufgrund der Info von Jörg, hatte er mich auch schon erwartet.
Hermann, Weltreisender (v.r.)
Historische Hinweistafel
Innenraum mit Übertragungsbildschirm
Kinderraum

Walfischbucht und darüber hinaus

Der Ort Walvisbay ist bekannt für große Flamingobestände, die Salzproduktion und den Industriehafen, über den viele Güter dann mit Lastwagen und Güterzügen ins Landesinnere und bis nach Botswana transportiert werden. Da ich vorläufig das letzte Mal in dieser Region weilen werde, habe ich mich fürs Geldausgeben entschieden und einen Ausflug in die Namibdünen gebucht. Es geht mit einem 4x4-Offroader von Toyota - diese Marke deckt 90% der Fahrzeuge hier ab - geht es vorbei an der Saline,
Flamingos
Salzberge
Rosafarbenes Wasser der Verdunstungsbecken
Angepasster Wüstenbewohner
Grenzmarkierung mit dem noch immer existierenden Grenzzaun
Schar Kormorane
Erste Dünen mit vorgelagertem Grünstreifen, der bald zu Ende ist

und durch einen zunächst flachen, sandigen Küstenstreifen, wo es nur spärliche Vegetation gibt, vorbei an der ehemaligen deutsch-britischen Grenzmarkierung, bald in die über einhundert Meter hohen Sanddünen. 

Der Blick von hier oben auf die Küste ist atemberaubend. So weit das Auge sehen kann, grenzt der Sand direkt ans Meer, ohne dass es auch nur ein einziges Büschel einer grünen Pflanze gibt. Die Vorstellung, hier gestrandet zu sein, läßt mich erschaudern. Wie soll man das überleben können? Von oben brennt die Sonne und am ganzen Himmel ist kein Wölkchen zu sehen.



Auf der Rückfahrt gibt‘s noch etwas Spaß mit einem Dünen-Rennen, das sich unsere zwei Fahrer liefern.

Brukkaros-Krater

Johan‘s Offroader mit aufgeklapptem Dachzelt
Auf der Rückfahrt von Swakopmund lerne ich Johan kennen, einen Unternehmer, der auf seiner Farm bei Kimberly in Südafrika Pekannüsse anbaut. Sein 4x4-Offroader mit Dachzelt steht in Windhuk, von wo er dann nach Hause fahren will. Als er meinen Reiseplan erfährt, bietet er mir spontan an, ihn so weit zu begleiten, bis sich unsere Routen gabeln. Das wäre so in der Gegend von Keetmanshoop oder etwas dahinter. Aber zuvor möchte Johan einen Abstecher zum Brukkaros-Krater machen. Ob ich damit einverstanden wäre. Hey Leute, wenn ich auf diese Weise durch’s halbe Land kutschiert werde, was sollte ich dann gegen einen Abstecher haben? Außerdem, da ich schon Etosha und die Skelettküste verzichten musste, kommt mir ein Krater gerade recht. Bei meiner Recherche im Internet wird mir schnell klar, dass dieser Krater nicht auf der Liste der meisten Touristen steht. Also bekomme ich etwas zu sehen, das andere nicht sehen. Das finde ich es viel cooler, einen weitgehend unbekannten Ort zu besuchen, als ständig zu hören ”…da war ich auch schon!”, was bei meinen Top-Zielen (siehe oben) garantiert wäre.

Die Fahrt von Windhuk zum Krater zieht sich hin. Rund 500 km sind auf guter Asphaltstraße zurückzulegen. Weder Johan noch ich haben es eilig und wir trödeln spritsparend mit 90 km/h vor und hin. Wir haben Zeit und viel zu erzählen. Mehrmal spricht Johan eine Einladung zu seiner Farm aus, und ich werde fast weich. Aber nein! Ich will Christmas in Capetown erleben. Danach lässt sich alles diskutieren ;-)


Dann, nach langen Stunden kommt eine Gebirgsformation in Sicht. Es dämmert schon und die Entfernung zum Krater soll nach Google-Maps noch über 100 km betragen. Keiner von uns beiden glaubt, dass dies schon der Krater sei. Doch er ist es. Das Land ich so flach und der Berg sieht so nah aus, dass wir denken, bei hundert Kilometer müsste der Berg viel kleiner sein. Wir täuschen uns gewaltig!



Als wir näher kommen und in die nicht asphaltierte Seitenstraße, eine Gravel Road, in Richtung Berseba einbiegen, sind wir so gut wie allein. Auf der Hauptstraße - auch Highway genannt, sind noch vereinzelte Autos und Lastwagen unterwegs. Es ist fast dunkel und wir suchen uns am Fish River einen Platz zum Campen.
Frühstück um 4.30 Uhr
Sonnenaufgang am Krater
Angekommen
Expedition per Drohne
Auslaufrinne des Kraters. Blickrichtung Norden
Ich lasse es mir nicht nehmen, durch den ‚Auslauf‘ des Kraters bis ins Innere des Kraters, der zwischen drei und vier Kilometer im Durchmesser misst, hinein zu laufen. Ein kleiner Pfad führt dort hinein. Wie immer haben ich meine Sandalen an. Das war nicht die beste Idee. Doch alles geht gut. Unterwegs entdecke ich Kristalle in Felsspalten, Quivertrees und Gebüsch mit Blüten und Schmetterlingen. 
Kristalle

Blick in den Kraterkessel

Bis Keetmanshoop reisen Johan und ich noch gemeinsam, dann trennen sich unsere Wege. Johan nimmt von hier die Straße in Richtung Südosten nach Hause und ich finde meinen nächsten Minibus, der die 340 km durch schiere Wüste bis nach Lüderitz fährt. Wir verabschieden uns, nicht ohne dass Johann daran erinnert, dass ich jederzeit herzlich auf seinem Hof willkommen bin. Ob er dabei vielleicht daran denkt, Workaway auszutesten…? Nein, das mag ich ihm nun wirklich nicht unterstellen. Den Workaway könnte ich aber machen. Erfahrung hab ich ja schon. Doch es hängt ganz davon ab, für wann ich einen Skipper nach Südamerika finde.

Lüderitz - Klein-Deutschland Nummer zwei

Vier, fünf Stunden - ich hab nicht auf die Uhr geguckt, und ich bin in Lüderitz. Allein dieser Ortsname mit dem Umlaut „ü“ wird überall auch so geschrieben. Aber nicht so gesprochen. Alle sagen Luderitz, lassen also die Pünktchen weg. Mir soll’s recht sein.
Der Ort, dessen Kern die Größe meines Heimatortes Ahlerstedt hat, liegt auf felsigen Hügeln verstreut und hat eine ansehnlichen Industriehafen. Es gibt auch einen Bahnanschluss, der aktuell aber nicht in Betrieb ist. Ich frage Leute, die hier wohnen, warum der Bahnbetrieb eingestellt ist, denn mir ist aufgefallen, dass die Gleise mit neuen Betonschwellen versehen sind. Die Antworten reichen von Misswirtschaft, über Sandverwehungen in der Wüste, bis zu vorübergehende Aussetzung wegen technischer Probleme. Jetzt kann ich mir die schönste Antwort aussuchen.

Wie auch in Swakopmund stammen die alten Häuser und öffentlichen Gebäude aus dem Beginn des vorigen Jahrhunderts, was an den in die Giebel eingearbeiteten Jahreszahlen abzulesen und am Baustil zu erkennen ist.
Endstation der TransNamib in Lüderitz
Woermannhaus des Reeders Adolph Woermann
Bücherregal in der Lesehalle
Alter Bahnhof

Meine Kajüte

Ich reise ohne Vorausbuchung nach Lüderitz und der Minibus setzt mich am ‚Lüderitz Backpackers‘ ab. Ich benutze die außen angebrachte Klingel und der Besitzer ist kommt weniger als fünf Minuten mit seinem Auto herangefahren. Der Fahrer steigt aus und stellt sich als Hannes vor, spricht aber Englisch und nur ein paar Brocken Deutsch. Ich erfahre, dass das Hostel ausgebucht ist - und überhaupt, ganz Lüderitz sei ausgebucht. Hoppla! Was mache ich jetzt? Hannes erklärt mir, dass er dies Hostel seit Jahrzehnten betreibt und dass er weiß, was Backpacker brauchen. Dann soll ich herein kommen - „Hä, bist du nicht voll belegt…?“ denke ich bei mir. Wenn ich damit einverstanden bin, würde er mir eine der beiden Kajüten anbieten. Da wäre ich sogar ganz für mich, ohne Leute im Nachbarzimmer. Dann führt er mich auf den Hinterhof, wo die Steuerstände mit Kabinen von zwei Fischerbooten zu originellen Quartieren umgebaut wurden. Das sieht aus, als wären hier zwei Boote gesunken, von denen nur noch die Steuerstände zu sehen sind. Ich bin hellauf begeistert und bekomme die blaue Kommandobrücke von den beiden. Schade nur, dass das Steuerrad fehlt. 
Kommandobrücke
Meine Koje - naja, meistens ist das Bett aber gemacht 😂

Kolmanskop - die Wüste übernimmt 

Als 1905 die Eisenbahnschienen vom Inland nach Lüderitz verlegt wurden, fiel es einem Vorarbeiter auf, dass immer wieder hell glitzerne Steine im Wüstensand verstreut lagen. Er sammelte einige ein und ließ sie untersuchen - Diamanten. Der darauf folgende Diamant-Rausch führte zur Errichtung einer Diamantenmine und des kleinen Dorfes Kolmanskop (Wikipedia), das bald über eine Bäckerei, eine Metzgerei, eine Schule und sogar  ein für damalige Verhältnisse sehr modernes Krankenhaus verfügte. Als die Schätze überwiegend ‚abgeerntet‘ waren und sich die Suche auf andere Regionen konzentrierte, wurde das Dorf in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts aufgegeben und dem Wüstensand überlassen. Es ist ein beeindruckender Besuch in dieser Geisterstadt, wo die Häuser einfallen oder vom Sand nach und nach vergraben werden.
Krankenhaus, Rückansicht
Krankenhaus, innen
Residenz des Minenbesitzers
Residenz des Buchhalters


Exit Namibia

Zurück aus Lüderitz in Keetmanshoop stelle ich fest, es ist Samstag. Da meine Kirche in Keetmanshoop eine Gemeinde hat, quartiere ich mich in einem Guesthouse ein, um dem Sonntag-Gottesdienst beizuwohnen. Die Kirche ist eine ehemalige Lutherkirche.
Per Anhalter will ich jetzt von Keetmanshoop auf dem kürzesten Weg nach Kapstadt. Peter, ein Glaubensbruder, den ich in der Gemeinde kennengelernt habe, bringt mich noch zur Tankstelle. Von dort hast du die besten Chancen, jemanden zu finden, der dich mitnimmt, sagt er. 

Gesagt, getan. So stehe ich in der Sonne und warte gar nicht allzu lange...
…bis Rossouw stoppt und mich einsteigen lässt. Was für ein verrücktes Gespann wir beide ergeben. 
Rossouw, Weltreisender (v.l.)
Noch immer Namibia

Mit Rossouw geht es stundenlang durch endlos weite Landschaft und erreichen endlich die Grenze nach Südafrika. Über Springbok geht es immer weiter Richtung Süden auf Cape Town zu. Bei Klawer hat eine Tante, die er besuchen will und so setzt er mich an der Tankstelle von Klawer ab. Mir wird ein nahtloser Übergang geschenkt, als der erste Fahrer, den ich anspreche, bereit ist, mich ganz bis nach Kapstadt mitzunehmen. 
Riaan, Weltreisender (v.l.)

Es ist Riaan, der zwei Lodges nördlich von Windhuk betreibt. Er ist eine völlig andere Persönlichkeit als Rossouw, aber nicht weniger Interessant. Auch mit ihm habe ich berührende Gespräche. Riaan ist so liebenswürdig, dass er einen Umweg in Kauf nimmt und mich direkt vor der Tür meines Backpacker Hostels in Kapstadt absetzt.

Fazit
Es gibt viel zu sehen in zu erleben in Namibia. Ganz sicher trifft das auch für die viele andere Länder Afrikas zu. Allerdings habe ich mich hier wohl etwas mehr ‚ausgetobt‘, als zum Beispiel in Botswana.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass Namibia größtenteils Wüste ist. Von daher die Distanzen zwischen Ortschaften riesig sind. Wer wirklich bekannte Attraktionen sehen möchte, ist sicher gut beraten, sich für vier Wochen für ausgiebige Reisen durchs Land einen 4x4-Offroader zu mieten und dafür guten Rat von erfahrenen Leuten einzuholen. Sonst wird es schwierig, die abgelegenen Orte zu erreichen.

Ich habe am Ende auf Sossusvlei und Deadvlei, auf Spitskoppe, auf die Skelettküste und Etosha aus Kostengründen verzichtet. 


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