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Montag, 28. November 2022

Portugal

Vom 26.09. bis 22.11.2022 bin ich von Norden nach Süden durch Portugal gewandert. Und so oft wie möglich entlang der Küste!
Das Reisefieber treibt!
Nachdem ich mein eigentliches Pilgerziel Santiago am 18. Juli 2022 und Finisterre am 23. Juli 2022 erreicht hatte und im Anschluss daran zehn Tage "Urlaub" gemacht, und im weiteren Verlauf die Reisepause großzügig und gediegenen in Pola de Allande und in Luarca verlängert hatte, spürte ich heftiges Reisefieber. Es musste weitergehen! So habe ich mich am 19. September 2022 in Richtung Portugal aufgemacht, um dies Reisefieber zu heilen, das immer heftiger wurde. 

Von Santiago aus südwärts zu gehen, also dem Portugiesischen Camino in Gegenrichtung, ist ebenso einfach wie nach Santiago, weil Fátima in Portugal ebenfalls ein heiliger Pilgerort ist und der Weg dorthin mit blauen Pfeilen markiert ist. Die gelben Pfeile sind ja für die Wege nach Santiago reserviert.
Neues Land - neue Erfahrungen
Am Morgen des 26. September 2022 verlasse ich meine Herberge in A Guarda und ein kleines Motorboot bringt mich über die Mündung des Rio Miño, auf dem die Grenzlinie zwischen Spanien und Portugal verläuft, nach Caminha. Als einziger weiterer Passagier ist ein iie Schweizer Rad-Weltreisende mit an Bord: Katharina. Na, den Namen kann ich gut behalten! 
Jetzt bin ich endlich wieder in Portugal. Diesmal, um das Land der Länge nach zu durchqueren.

Bemerkenswerte Unterschiede
Als erstes fallen mir zwei Dinge auf. Erstens, fast alle Portugiesen sind sehr freundlicher und hilfsbereiter, als ich es Frankreich oder Spanien erlebte. Außerdem sprechen sie ein ausgezeichnetes Englisch. Zweitens lohnt es sich kaum, die Lebensmittel im Supermarkt zu kaufen, um sie in den Herbergen selbst zuzubereiten - die Speisen in den Restaurants kosten in der Regel weniger. Das gefällt mir, da von gekauften Lebensmitteln bleibt meistens etwas übrig bleibt, das entweder im Rucksack landet oder in den Hostels bleibt, weil der Rucksack eh schon zu voll und zu schwer ist. Beispielsweise gibt es Nudeln oder Muesli eigentlich nur in 500g-Paketen. Das versuche mal mit einer Mahlzeit alleine wegzufuttern - viel Spaß! Also, diesbezüglich ist Portugal perfekt für mich. Auf diese Weise bleibt mein Rucksack stets ein bisschen leichter.

Portugiesisch sprechen
Mein Sprachlehrer ist die weltweit beliebte Duolingo-App. Es gibt diese Applikation kostenlos mit Werbung dazwischen, und die Bezahlversion ohne Werbung, die ich habe. Damit habe ich schon seit einer ganze Weile erfolgreich Spanisch gelernt. Bei meinem Grenzübergang nach Portugal habe ich auch auf Duolingo die Portugiesische Sprache heruntergeladen, denn es ist mir wichtig, den Menschen in ihrem Land wenigstens die wichtigsten Worte, wie Guten Tag = Bom día, Auf Wiedersehen = Tschau, Bitte = Por favor, Danke = Obrigado, usw. sagen zu können. Und nach Möglichkeit auch noch etwas mehr.

Auch auffällig ist, dass viele Portugiesen auf meine Kommunikationsversuche mit Hilfe der vorhandenen Spanischkenntnisse sofort mit Englisch antworten. Sie mögen die Spanier oder ihre Sprache nicht. Auch scheint mir, dass weit mehr Portugiesen als Spanier die Englische Sprache sehr gut beherrschen (siehe meine Bemerkung weiter oben). Aber eben nicht alle. Kommst du in ein Café/Bar, in der viele ältere Männer lautstark diskutieren und eine ebenfalls ältere Frau hinterm Tresen bedient, dann kannst du dein Englisch gleich vergessen! Da kommst du echt nicht weit. Dafür steckst du aber voll in der lokalen Kultur. Und das ist genau der Grund, warum es mir Spaß macht, auch Portugiesisch zu lernen. Auch viele Worte dem Spanischen gleichen oder ähnlich sind, musst du dich dennoch mit Portugiesisch auseinandersetzen, denn es klingt so andersch. Überall wird ein "tz" oder "tsch" eingebaut, wo du es in keinster Weise erwarten würdest. Und schon verstehst du nix mehr! 

Klima und Kondensstreifen
Wettertechnisch habe ich Temperaturen zwischen 24°C und 8°C erlebt. Zum Wandern habe ich nicht einen Tag meine Hosen mit langen Beinen getragen, also nicht die abgezippten Beine wieder drangezippt. Von den 57 Tagen in Portugal habe ich an - gefühlt an nur fünf Tagen Regen gesehen. Mindestens zwei Drittel war es sonnig und damit immer warm. Nur in einigen Nächten rutschte das Thermometer bis zu 8°C, was sich lausig kalt anfühlt.

Schon in Galizien fiel es mir auf, aber letztlich in ganz Portugal habe ich sehr, sehr wenig Luftverkehr wahrgenommen. Fast keine Kondensstreifen am Himmel, keine Geräusche von Flugzeugen oder Hubschraubern. Es ist wie ein Deja-vue der Schließung des Europäischen Luftraums nach dem Ausbruch des Eyjafjallajökull 2010 oder der Folgen der SARS-Covid19-Pandemie 2020, als der Flugverkehr zum erliegen kam. 

Städte
Über meine Erlebnisse in Porto und Lissabon hatte ich bereits geschrieben und die will ich hier natürlich nicht wiederholen. Jedenfalls sind das Städte, die regelrecht von Touristen heimgesucht werden. Warum? Nun, beide Städte liegen reizvoll in die Berge integriert mit viel auf-und-ab und haben ihre jeweiligen Attraktionen, seien es die alten Straßenbahnen, Burgen, märchenhafte Schlösser und Gebäude, besondere Brücken, und so weiter.

Ich finde, Fátima ist eine besondere Beachtung und Erwähnung wert. 
Viele Menschen, denen ich auf dem Weg von Santiago nach Fátima begegnet bin und ins Gespräch kam, zeigten Ergriffenheit und sprachen sehr respektvoll von meinem Vorhaben. Und als ich Fátima erreichte, begann ich zu verstehen, warum. Zuerst sah ich eine gigantische Halle, einen Saal für Gottesdienste, der fast 9.000 Gläubige fasst. Mich hat die schiere Dimension dieses Ortes sprachlos gemacht. Ich dachte nur, hier müsste mal ein Jugendtag stattfinden. Draußen setzen sich die überdimensionale Maßstäbe fort: ein gigantisches Kreuz und ein Platz, der den Petersplatz in Rom in den Schatten stellt. Als Nicht-Katholik fällt es mir schwer, die Bedeutung dieses Ortes zu ermessen, auch wenn ich die geschichtlichen Zusammenhänge lesen und im Wesentlichen nachvollziehen kann.
Abgesehen von diesem Pilgerzentrum gibt in dessen Umgebung zahllose Reliquien- und Souvenirshops sowie Hotels. Und das war's. Die Stadt besteht, vielleicht etwas übertrieben gesagt, nur aus dem Pilgerzentrum und der zugehörigen Infrastruktur. Nachdem ich die gigantische Halle, die Basilika und den gewaltigen Platz - und auch die Fátima selbst gesehen hatte, finde ich alles andere gähnend langweilig. 

Jedenfalls fand ich bei Antonio eine ausgesprochen liebevolle Unterkunft. Hier sind Gespräche willkommen und ich erlebte einen ausgesprochen achtsamen Umgang mit allen anwesenden Personen.

Nazaré
Am nächsten Tag bin ich wieder auf Achse! Richtung Nazaré. Ich will die ganz großen Wellen sehen. Aber die Saison hat noch nicht begonnen und ich habe mich mit Wellen von "nur" vier bis acht Meter zufrieden geben müssen. Hier habe ich meine Erlebnisse festgehalten.

Rota Vicentina
Das musst du gesehen haben!!! Natur, Küste, Meer und Wellen - Atemberaubend!!! Darüber habe ich hier einen extra Artikel geschrieben.

Casa da Aldeia
Nicht weit von Faro hatte ich für drei Tage ein kleines Appartement gebucht, das es hier in meinen Blog geschafft hat, weil ich es so schön finde. Es hat zwei bis vier Schlafplätze, Küche und Bad. Es ist ziemlich neu und mit viel Liebe zum Detail renoviert und richtig gemütlich. Auch der Außenbereich ist liebevoll gestaltet mit schönem Kiesboden und viele Pflanzen.
Alex, der Vermieter, ist gebürtiger Niederländer, spricht Holländisch und Englisch. Ich habe ihr sehr freundlich und hilfsbereit erlebt.

Das Appartment ist Teil eines Arrangements von drei Einheiten, die den Außenbereich gemeinsam nutzen. Weitere Details und Vermieterkontakt sind hier oder bei booking.com zu finden. 

Ankerfriedhof
Rund 30 km östlich von Faro befindet sich der Badestrand "Praia do Barril", den man sowohl zu Fuß, als auch mit einer kleinen Schmalspur-Bahn für 1,80 € pro Fahrt erreichen kann. Am Strand steht ein Dorf von Reihenhäusern, die im Jahe 1841 für 80 Fischer erbaut wurden. Man fing hier Thunfisch. Nachdem die Fischer davon nicht mehr leben konnten und das Dorf verließen, wurden ihre Anker als Erinnerung an jene Zeit dort aufgestellt und schaut aus, wie ein Friedhof - und wird auch so genannt. Ziemlich beeindruckend und emotional. Die Häuser sind jetzt in ein Museum und in Cafés umgewandelt worden.
Neue Freunde
Die Geschichte meiner Reise hat offensichtlich Kreise gezogen und interessiert inzwischen Freunde von Freunden von Freunden meiner Freunde - oder Zeitungsleser. Leute also, weit außerhalb meines Einflussbereiches, die ich nicht kenne. Und so kommen dann und wann Kontaktanfragen herein, die ich grundsätzlich alle bestätige, wenn es nicht gerade ein international bekannter Axtmörder ist.

Zu meiner eigenen Erinnerung will ich hier ein paar Begegnungen festhalten, die mich bewegt haben.

Einer davon ist Jörg S. Auch von ihm kam eine Kontaktanfrage über einn Freund. Als ich irgendwo in Südportugal herumgeistere, erreicht mich seine WhatsApp-Nachricht, er würde dann und dann mit seiner Frau in der Nähe von Faro Urlaub machen, wir könnten uns vielleicht am Sonntag in der Gemeinde Portimão treffen, wenn ich es schaffen würde. Nun war Portimão genau eine Tagesetappe zu weit entfernt, dass ich es bis Sonntag geschafft hätte. Aber wozu gibt es Eisenbahnen??? Die schaffen meine Tagesetappe in knapp einer Stunde. Ich also Ticket gelöst und das Hostel gebucht. Stellt sich heraus, dass das Hostel gerade mal 200 m von der Neuapostolischen Kirche entfernt liegt. Und wen treffe ich dann in der Kirche? Jede Menge, aber keinen Jörg S. Egal, der wird sich schon melden, was er auch tut: Verspätung mit dem Flieger. Wir verabreden uns später zum Abendessen und haben eine tolle Zeit, einander kennen zu lernen und festzustellen, wie viele Gemeinsamkeiten wir haben.
Ein anderer Fall ist Andrea mit Churri und ihrer Tochter. Das war in Fátima. Mir ist gerade nach einem heißen Kaffee zumute und ich schaue mich nach einem Café um. Und da ist auch schon eines. Aber auf dem Parkplatz steht ein Bulli T3, militante Erscheinung in mattschwarz, mit großen abstehende Außenspiegel, Alukisten auf dem Dachgepäckträger und mit einer Leiter hinauf. Und ein Deutsches Kennzeichen. Meine Aufmerksamkeit war sofort gefesselt und ich mache zwei Runden um diesen sensationellen Fund. Was das wohl für ein Typ ist, der damit unterwegs ist?
Im Café saßen ein älterer Herr und zwei Frauen. Quick-check: Der Herr kann es einfach nicht sein, er trägt ein altes Jackett, einen Hut und am Tisch lehnt ein Gehstock. Kurzer Blick zu den Frauen: beide wirken jung. Nichts Auffälliges... außer dem struppigen Hund, der auch duzu gehört... hmm. Ich nehme am Nachbartisch Platz und bestelle meinen Kaffee. Und da höre ich es schon, die beiden sprechen Deutsch. Attacke...!!! Nun ja, ihnen gehört der Bulli und wir haben Gesprächsstoff für den ganzen Vormittag, bis ich merke, dass ich meine nächste Etappe nicht mehr schaffen werde. Die beiden - Mutter und Tochter, sind so cool drauf und sind an vielen Stellen gewesen, wo auch ich war. Wir finden nur schwer ein Ende mit Quatschen. Schließlich haben sie mich und meinen Rucksack in den Bulli eingeladen und mir geholfen, meine Etappe zu schaffen. 

Dienstag, 15. November 2022

Musst du gesehen haben!!!

Von Zeit zu Zeit wird mir immer wieder Mal die Frage gestellt: "Wo war es für dich am Schönsten?". Für mich hat jede Gegend seinen ganz individuellen Reiz. Selbst in Industriegebieten gibt manche interessante Überraschung - wie zum Beispiel der weltweit einzige Händler von Original Kreidler-Ersatzteilen in Barrô/Águeda. www.kreidleroriginal.com

Rota Vicentina
Dennoch komme ich nicht umhin, diesen Artikel der Küste Portugals und dem Atlantischen Ozean zu widmen. Was ich hier zu sehen bekomm und erlebe, die schroffen Felsklippen, die mit teilweise über 100 m über dem Meeresspiegel nahezu senkrecht ins Meer hinabfallen, dazu riesige Wellen, die mit lautem Grollen brechen und über einsame Strände ausrollen oder mit voller Wucht stumpf Fontänengegen den Fels klatschen und dabei Höhe aufspritzen lassen. Dann stehst du auf diesen Klippen, schaust diesem Naturschauspiel zu. Das macht mich sprachlos. 
Dieser Weg, Rota Vicentina, der auf Deutsch Fischerweg und auf Englisch Fisherman's Trail genannt wird, verläuft zwischen Lissabon und Cabo de Vicente, also der Südwestspitze Portugals, und dabei weitgehend ganz nah an der Küstenlinie. 

So richtig aufregend wurde es ab Sines südwärts mit den hohen Klippen. In der Zeit, die ich dort unterwegs war, wurden pausenlos richtig große Wellen ans Ufer getrieben. Von der Höhe der Klippen erschienen mir manche Wellenkämme durchaus eine Höhe von fünf Metern zu erreichen, wenn sie brachen. Für Surfer richtig tolle Barrels!
An anderen Stellen, wo viele Felsen in Ufernähe aus dem Wasser ragen, hast du den Eindruck, die See kocht. Ich konnte mich gar nicht satt sehen. 
Was den Pfad betrifft, kannst du so nah an die Kante heran, dass du aufpassen musst, nicht zu schwungvoll zu sein. Da es keine Zäune oder sonstige Absperrungen gibt, könnte ein Schritt zuviel zu einem signifikanten Höhenunterschied deines Daseins führen. Da gibt es reichlich Nervenkitzel. Aber es sind nicht nur hohe Klippen, die einem den Atem rauben. In der Ebene auf dem Plateau sin plötzlich Löcher im Durchmesser von vielleicht drei Meter und an die zwanzig oder dreißig Meter tief. Diese habe ich allerdings nur ganz im Südwesten in der Umgebung von Sagres gesehen. Der Weg ist auch eine Herausforderung an die Kondition des Wanderers, denn immer wieder kommt ein Zahlenschnitt. Da geht es herunter vom Plateau und auf der anderen Seite gleich wieder hinauf - manchmal ziemlich steil auf sehr schmalen Weg. Oder da liegt jede Menge Geröll. Und über viele Strecken geht es durch Zuckersand. Für mich waren 15-20 km gut zu bewältigende Tagesetappen.
Wer schroffe Natur, das Wasser und Meer, bezaubernde Sonnenuntergänge und das Wandern liebt, dem kann ich diesen Weg wärmstens empfehlen.

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