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Sonntag, 25. Juni 2023

Stippvisite in heimatlichen Gefilden


Nouakschott, Mauretanien, irgendwo auf dem Weg nach Sénégal, irgendwann Ende Februar 2023.

Herrlich, ich bin auf Reisen - na klar, was denn sonst!!! Nach dem Start meiner Reise am 16. Oktober 2021 in Norddeutschland, habe ich die Schweiz, Südfrankreich, Nordspanien , Portugal, Südspanien, Marokko, Mauretanien und Senegal gesehen. Dir grobe Richtung ist Südafrika auf dem Landwege zu erreichen. Hin und wieder kann es Gründe geben, über eine Unterbrechung der Reise nachzudenken. Natürlich muss der Grund richtig gut sein. Der Grund für meine Stippvisite in Deutschland war mehr als gut. Meine Lieblingstochter, meine Möhre, die große Kathi, hat sich entschlossen, zu heiraten. 

Wie konnte das passieren? Sie hat diesen Becker-Mario, den sie vor Corona schon krass-cool fand, nach der Pandemie dazu gebracht, sie zu fragen, ob sie ihn heiraten will, nur damit sie "Na klar" sagen und ihm noch besser zeigen kann, wie doll sie ihn liebt, sodass er schnallt, dass sie wirklich bei ihm bleiben will. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Eigentlich nur logisch. Wer so eine Tochter hat, lässt sich ihren großen Tag natürlich nicht entgehen. Und ich erst recht nicht! Der 21. April wird mir als Hochzeitstag durchgegeben.

Nicht lange, nachdem Kathi mich daüber in Kenntnis gesetzt hatte, meldet sich mein großer Bruder, der seit drei Jahren verwitwet ist, mit der gleichen Idee. Jetzt heißt es für mich zu lernen, wie man auf zwei Hochzeiten tanzt. Zum Glück liegen die Termine nicht auf einem Tag, sondern einer im April und der andere im Juni.

Schnell finde ich noch andere Veranstaltungen, die sich um diese Tage gruppieren lassen, was mir Gelegenheit gibt, die Zeit dazwischen mit lustigen Dingen zu füllen. Beispielsweise Gleitschirm fliegen und die Lizenz zu erweitern, Bootsführerschein machen, möglichst viele Freunde treffen, bei Airbus die Kollegen wiedersehen und neidisch machen, dem Sippentreffen unserer Familie beizuwohnen, usw.

Die lustigste Idee, die mir einfällt, ist, meinen großen Bruder Haraldus in die Retourkutsche zu setzen für seine Überraschung, als er so - mir nichts, dir nichts, auf meinem Jakobsweg ungefragt vor mir stand. Nun werde ich dasselbe mit ihm machen, entsprechend zeitig anreisen und dann einfach zu seinem Geburtstag morgens an seiner Haustür mit der Brötchentüte zum Frühstück in Göteborg in Schweden stehen. Meine Vorfreude wächst ins Unermessliche.

Bei all diesen vielen tollen Ideen im Kopf, lautet die Devise für mich: Nimm mit, was du kriegen kannst! Und damit auch die klare Ansage: Horst, komm in die Puschen. Folglich habe ich zack-zack nach einem passenden Flug gesucht.

Während ich nun mit meinem Freund Raúl aus Barcelona in seinem schicken Mercedes-Benz auf dem Weg von Nouakschott nach Saint Louis fahre, wird der Flug über Skyscanner.com mit Turkish Airlines nach Hamburg gebucht, und mit der OMIO-App auch gleich der Nachtzug von Hamburg nach Göteborg. Da die Straßen extrem löcherig und die Fahrt in diesem tollem 230E ziemlich holprig ist, vertippe ich mich mehrmals und befürchte am Ende einen Flug nach Timbuktu gebucht zu haben.

Aber nein, abgesehen von mehreren Abbrüchen, die eher dem begrenzten Internet geschuldet sind, geht alles gut. Als wir Saint Louis erreichen, sind alle Buchungen in trockenen Tüchern. und ich beginne mich zu freuen, wie ein kleines Kind. 

Göteborg, Schweden 

Und genauso kommt es auch. Mit ein paar Stunden Zwischenstopp in Hamburg, die ich mit meinem genialen Sohn Alex genieße, geht's im Nachtzug über Kopenhagen und Halmstad weiter nach Göteborg. 

Als Haraldus kurz vor seinem Geburtstag am 13. März um 8 Uhr morgens die Tür öffnet und mich sieht, ist ihm die Returkutsche sofort klar und kriegt sich vor Lachen nicht mehr ein...
Wir genießen die fünf Tage in vollen Zügen, besuchen eine ältere Glaubensschwester im Seniorenheim, besichtigen ein Anwesen, das zum Verkauf steht und genießen die Freude des Zusammenseins auch mit Tini, Haralds Verlobte, die ebenfalls da ist. Sie hat meine Überraschung nach Kräften unterstützt. 

Deutschland 

Wenn ich gefragt werde - und das ist häufig der Fall, wie ich meine Reise plane, dann hört mein Gegenüber stets die Standardantwort: „Mein einziger Plan ist, nicht mehr zu planen“. Mit dieser Prämisse habe ich nun schon einige Kilometer erfolgreich zurückgelegt. Allerdings sollte ein gelungener Urlaub doch ein bisschen geplant sein. Daher habe ich hier eine Ausnahme von meiner eisernen Regel gemacht und diese Zeit dezidiert durchgeplant. Ich gebe zu, dass diese Genau-Planung kaum mehr als drei Tage im Voraus mache…! Fassen wir zusammen, es gibt zwei feste Feste zu beplanen: 24. April für die Hochzeit von Kathi und 24. Juni für die Hochzeit von Harald, der Ältere. Und dazwischen???? Für die Zwischenzeiten will ich auf jeden Fall meine Mutter (89) und meinen Onkel (94) wiedersehen, darüber hinaus nehme ich mir vor, den Bootsführerschein zu machen, möglichst viel mit meinem Gleitschirm zu fliegen und die Windenschleppberechtigung dafür zu erlangen, gucken, ob meine Firma noch steht und dabei die Kollegen von ihrer Arbeit abhalten, möglichst viele Freunde treffen, am Sippentreffen teilnehmen, uvm.

Um es lang zu machen, hier die halbwegs chronologische Abfolge der Ereignisse:

Unterricht für den Sportbootführerschein "See" und "Binnen" nehme ich vom 20. bis 24. März 2023 bei der Yachtschule Eichler in Finkenwerder und die Prüfung lege ich erfolgreich am 28. April 2023 ab.

Am 31. März 2023 ist der Junggesellenabschied

für meinen angehenden Schwiegersohn Mario. All seine herrlich schrägen Kumpanen Helmut, Sandor, Marko, Tim, Carsten, Olli und Alex sind dabei. Was für eine geile Veranstaltung, vor allem in der Wohnwagensauna, in der neun Körper ihr Bier wieder ausschwitzen.

Meine Teilnahme am monatlich stattfindenden Pilgervesper am 6. April 2023 in der Jacobikirche in Hamburg. Dort kommt es auch zum Wiedersehen mit Simone und Mattis, zwei Pilgerfreunde aus der Gemeinde Harsefeld, sowie mit Pilgerpastor Bernd Lohse, der mir eineinhalb Jahre zuvor den Pilgersegen mitgab. Große Freude!

Am 9. April 2023 erlebe ich mit meinem Bruder Holger, der Jüngere, den Oster-Gottesdienst mit Bezirksapostel Rüdiger Krause in der Gemeinde Hamburg-Nord.

Irgendwann zwischendurch setze ich meine Brautvaterrede, die ich bereits zusammenbaue seit ich den Hochzeitstermin kenne, endgültig auf und präge mir den Text gut ein.

18. April 2023 - nur noch drei Tage bis zur Hochzeit. Es wird Zeit, mich um mein Outfit zu kümmern. Auf der Einkaufsliste stehen ein weißes Hemd, eine schicke Weste und Schuhe. Mario würde mir einen seiner Anzüge zur Verfügung stellen. Wir haben exakt die gleiche Konfektionsgröße. Prima!

Und endlich ist der große Tag da. Wir schreiben den 21. April 2023. In 25 Jahren soll die Silberhochzeit sein. Darum gilt es heute zweimal "Ja!" zu sagen - Mario und Kathi je einmal. Das sollte dann reichen. Tatsächlich wird viermal "Ja!" gesagt. Das Standesamt verlangt es und die Kirche auch.

Das muss halten. Doppelt hält ja schließlich besser. Dieser Tag ist einfach nur schön. Die folgenden Tage sind für die Nachfeier und das Resteessen reserviert.

Am 28. April 2023 steht eine Vorsorgeuntersuchung an. Was tut man nicht alles.

Das nächste Ereignis ist die Brüderversammlung vom 10.-17. Mai 2023 in Playa San Juan im Süden der Kanarischen Insel Teneriffa. Mit Harald und Holger wird mir eine köstliche Zeit der brüderlichen Gemeinschaft, wie wir sie so ganz für uns seit dem Auszug aus dem Elternhaus nicht mehr hatten. Einander neu kennen zu lernen und zu sehen wie viele Gemeinsamkeiten uns verbinden, bereichert mein Leben so sehr!

Unsere Großfamilie trifft sich meist jährlich zu Pfingsten. Wir nennen es Sippentreffen und es findet am 28. Mai 2023 wie jedesmal bisher auf dem Doosthof im Vorkeimhaus statt. Wieder bin ich dankbar, dass sich alles so fügt, dass ich dabei sein kann. Und zwei neue Familienmitglieder werden in die Großfamilie eingefügt: Mario, mein jetziger Schwiegersohn und Tini, meine Bald-Schwägerin, die Verlobte meines Bruders Harald. 

Ungefähr zwei Wochen Aufenthalt in Eichenzell waren dazu gedacht, an der Wasserkuppe mit meinem Gleitschirm zu fliegen. Aber jetzt kommt der Wind nur aus östlichen Richtungen. Die Wasserkuppe hat an drei Seiten Startplätze für Gleitschirmpiloten, außer an der Ostseite. Dort befindet sich der Segelflugplatz - grrr!!! Nur zweimal habe ich die Möglichkeit abzuheben, und zwar für zwei "Hüpfer" mit ganzen 200 Meter Flugweg. Hurra!!! Es bleibt mir nichts anderes übrig, als Bodenübungen zu machen. Später stellt sich heraus, dass dies für mich die perfekte Vorbereitung für den Kurs an der Schleppwinde war.

Zum 16. Mai 2023 hatte ich mich schon in Mauretanien für den Kurs und Berechtigung des Windenschlepps angemeldet, eine wunderbare Möglichkeit für Gleitschirmflieger, im Flachland zu starten und auf Höhe zu kommen. Nach drei Tagen ist auch diese Prüfung "im Sack"! 

Das letzte wichtige Ereignis ist die Hochzeit von Harald und Tini am 23. Juni 2023 in Berlin. 

Treffen und Besuche
Es gibt ein mehrmaliges Wiedersehen mit Mama im Seniorenheim Ahlerstedt, bei denen sie mir den Eindruck erweckt, als ob ich gar nicht fort war und die meinen Besuch wie selbstverständlich erwartet.

Nun ja, das mag ein positiver Aspekt der Demenz sein. Genauso, wie ich es vor meiner Abreise jeden Sonntag gemacht habe, setze ich sie ins Auto und wir fahren wieder gemeinsam zur Kirche.

Danke an Doreen und an Klaus, die mir jeweils ihre Autos zur Verfügung stellen. 

Am 11. April 2023 hat Onkel Hans-Jürgen Geburtstag

und wir sind beide überglücklich, dass ich ihn heute besuchen kann.

Es ist mir eine Freude und eine Ehre mit ehemaligen Arbeitskollegen befreundet zu sein. Bei Frank und Britta in Pinneberg wie auch bei Ralf und seiner Beke in Seevetal bin ich sogar Zuhause eingeladen. Frank lässt mich über sein Renovierungsprojekt - fast das komplette Haus, und Ralf über sein Modellprojekt einer alten Fregatte staunen. Lange nicht gesehen hatte ich Detlef aus Groß-Flottbek. 

Aus meiner Verwandtschaft kann ich mich mit Uschi und Karl-Ernst in Kakerbeck treffen, mit Jürgen und Elke auf dem Doosthof, mit Astrid und Rüdiger in Hamburg.

Als ich Haus 25 betrete, ist mir, als wäre gerade ein verlängertes Wochenende zu Ende gegangen und ich kehre an meinen Arbeitsplatz zurück. Seltsam! Mein Büro ist von anderen Personen besetzt, obwohl nach der abgeklungenen Corona-Pandemie noch immer sehr wenige Menschen in den verglasten Büros zu sehen sind. Wo ist mein Laptop...? Ich bin auf dem Airbus-Gelände mit verschiedenen Arbeitskollegen verabredet. Zuerst treffe ich Michael, meinen Chef. Dann kommen meine beiden Spezialisten Bernd und Sebastian hinzu, die es sich nicht nehmen lassen, ins Büro zu kommen, um mich zu sehen. Christian und Albrecht treffe ich auch. Ebenfalls finde ich Dirk-Peter in seinem Büro vor. Ansonsten ist es ziemlich ruhig hier...

Die Evangelische Gemeinde Ahlerstedt Unterhält mit der Gemeinde in Gimbi, Äthiopien, eine Patenschaft. Ansprechpartner ist Elke Meyer in Ahlerstedt. Sie kennt einige Leute dort. Das Gespräch mit ihr liefert mir gute Informationen für den Fall, dass mein Weg durch Äthiopien führen sollte.

Ich freue mich ganz mächtig, Freunde wie Harald in Hamburg (nicht mein Bruder) und Olaf aus Hüttenfeld zu haben. Ihr seid Bereicherung und Stütze in meinem Leben. Schön, dass es euch gibt und dass wir uns treffen können.

Des Weiteren treffe ich mich mit Nunu, eine Süd-Sudanesin,

die mir Einblicke in die dortige Lage gibt, Yucy, die extra aus Spanien anreist, um ein paar Tage mit mir in Deutschland zu verbringen. Schöne Momente gibt es mit der roten Sandra mit Marianne, Petra, Silke und Maik, bei Michael und Katrin nebenan kurz geklingelt und einen Augenblick miteinander die alte nachbarschaftliche Verbindung gepflegt, dito mit Anja und Bernd, sowie mit Jörn und auch Guido einfach nur auf der Straße angetroffen und eine Weile gequatscht. Sooo schön!!!

Weiter geht's mit dem Stader Tageblatt. Miriam Fehlbus bittet mich zum Interview in ein Café.

Nicht zu vergessen mein Pilgerfreund Andreas mit seinem Nachbarn Helmut in Schöneck-Büdesheim. Und die Heike aus Bruchköbel, und der Andreas in Friedrichsdorf. Es nimmt überhaupt kein Ende...!

Etliche Treffen kommen aus verschiedenen Gründen leider nicht zustande, zum Beispiel mit den Nachbarsitzern meines Hauses, Nils und Denise, oder Sina, Hiên, BÄ Bernd, Natalie und noch so einige.


Unterkünfte in der Heimat

Regelrecht überwältigt bin ich von der Zuneigung vieler Verwandten und Bekannten, die mir Herberge anbieten. Als ich noch in Afrika war und über den Deutschland-Abstecher nachdachte, überlegte ich, welche Hostels in der heimatlichen Umgebung für mich infrage kommen würden. Was ich dann hier erlebe, sprengt alle meine Vorstellungen.

Zuerst finde ich Unterschlupf für eine Nacht bei meinem Bruder Holger und seiner Ines, denn der Zug aus Göteborg kommt sehr spät in Hamburg an, der mir später nochmals Herberge gewährt. Da ich eine Woche Unterricht für den Bootsführerschein in Finkenwerder habe, bietet Klaus an, bei ihm zu wohnen, obwohl er erst ein paar Tage zuvor seine Frau verloren hat. Für ihn ist es jetzt wichtig, dass ich da bin und wir führen viele Gespräche. Klaus möchte, dass ich länger bleibe, wenn es für mich passt.

Ich soll sein Auto nehmen, wenn ich irgendwo hin will. Boah...ich bin geflasht. Aber der liebe Klaus hat auch einen Garten, der jetzt im März etwas Zuwendung brauchen könnte. Ob ich dazu bereit wäre??? Na klar, bin ich bereit. Also bekomme ich etwas zu große Gummistiefel über die Füße und befreie mit einer Harke den Drainagegraben hinter seinem Haus von Gestrüpp und abgebrochenen Ästen und verschiedenes Kinderspielzeug. Es tut gut, etwas zurück geben zu können.

In Ahlerstedt werde ich wärmstens aufgenommen, ja fast genötigt, bei Christian und Doreen ins Gästebett zu springen. Und bei Elke und Jürgen auf dem Doosthof wird mir auch ein Bett hergerichtet. Desgleichen bei Ralli und Catrin. Bei diesen beiden kann ich ein wenig zurück geben und beim Verlegen des Laminats im Badezimmer helfen. André, mein Kollege und großes Vorbild bei allem, was auf dem Wasser schwimmt, besteht darauf, sein Gästebett auf Tauglichkeit zu prüfen. Wie kann man da "Nein" sagen?

Besonders Dankbar bin ich Mario und Kathi, bei denen ich mehr als drei Wochen Unterkunft bekomme. Als Vater bei dem jungvermählten Paar so lange wohnen zu dürfen, bedarf es sicher großer Toleranz der beiden. Ein ganz großes Dankeschön! Ich liebe euch ❤️.

In Berlin darf ich eine Nacht in der Wohnung von Harald seiner Tini schlafen und noch drei Nächte bei Hans und Angelika, einem Paar, das mit Tini befreundet ist. Hier erlebe ich eine Gastfreundschaft der Extraklasse.

Danke an alle, die mir unbeschreiblich viel Gutes tun!!!


Abflug
Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei! Am Samstag 1. Juli 2023 ist mein dreieinhalb Monate länger Urlaub zu Ende, EgyptAir bringt mich von Berlin nach Kairo. Von hier soll es den Nil flussaufwärts bis zum Viktoriasee über Kenia, Tansania, Sambia, Botswana, Namibia nach Kapstadt gehen. Mal sehen! Und der Alltag und das normale Leben eines Travelers geht wieder weiter 🎒. 


Sonntag, 4. Juni 2023

Im Senegal


Was will Horst eigentlich im Senegal?

Nicht eine Sekunde hatte ich jemals einen Gedanken daran verschwendet, über die Grenzen Marokkos hinaus zu reisen. Weshalb auch? Bis ich dann vor einiger Zeit jenen Podcast über die Zugfahrt auf dem Eisenerz hörte. Plötzlich rückte mit Mauretanien ein weiteres Reiseland in mein Bewusstsein. 

Eines muss hier an dieser Stelle unbedingt noch rein! Ich hatte einen Traum. In Deutschland sagt man gerne, wenn man einen Ort bezeichnen will, von dem man denkt, dass er so eigentlich gar nicht existiert: „…da draußen in Timbuktu…!“ Meine kurze Google-Recherche zeigte mir aber, dass Timbuktu im Westafrikanischen Land Mali liegt. Ein Land, weit in der Wüste, in dem Deutsche Truppen schon seit Jahren vor sich hin schwitzen und irgendwie für Frieden sorgen sollen. Aber hey, ich komme sowieso in friedlicher Absicht, was sollte daran Falsch sein? Dann, als ich nicht mehr mit meinem Herzen verbunden war, sondern nur noch auf den Kopf hörte, habe ich einen großen Fehler gemacht. Da lese ich mir die Ratschläge des Auswärtigen Amtes durch, die Reise- und Sicherheitshinweise. Ach du meine Güte…!!! Von diesen Ratschlägen fühlte ich mich geradezu verprügelt und erschlagen nach dem Motto „Was fällt dir denn ein? Da gibt‘s Terrorismus!“ und meine Courage war plötzlich im Eimer. Meine Lehre, die daraus ziehe: Wenn ich angstfrei reisen will, dann darf ich nicht jemand fragen, der Angst hat, zum Beispiel das Auswärtige Amt oder jemand, der nie selbst dort gewesen ist. Deshalb bin ich aber noch lange nicht naiv. Mit angemessener Vorsicht reise ich weiter und verlasse mich auf Leute, die sich wirklich in den Regionen auskennen! So gebe ich mir die Chance auf einmalige Erlebnisse, die ängstliche Leute nie haben werden.

Zurück zum Thema. Mauretanien ist mit 1 Mio qkm mehr als doppelt so groß wie Deutschland. Der größte Teil der Landes befindet sich in Kontinentalsahara und dessen Küstenlinie ist mit ungefähr 750km verhältnismäßig kurz. Für einen Abstecher ins Landesinnere fehlt mir die Motivation, obwohl ich Leute traf, die davon begeistert berichteten. Und schließlich bin ich noch immer mit Raúl, meinem Spanischen Freund und seinem Mercedes 200E unterwegs. Raúl wollte ja unbedingt nach Mali. Ich ja eigentlich auch! Weil dort Timbuktu liegt. Wollte ich doch unbedingt dort ein Selfie von mir vor dem Ortsschild machen. einiger unfriedlicher Aktivitäten in jener Region, besteht die Möglichkeit, ungesund oder sogar leblos oder gar nicht zurück zu kommen - für meinen Geschmack - zu weit weg von Null Prozent. So haben wir sehr ungern unseren Plan geändert. Raúls finales Ziel ist Gambia, wo man jeden Mercedes für ein Vielfaches verkaufen kann, als in Europa. Wer nun mit seinem Mercedes von Spanien nach Gambia will, kommt zwangsweise durch Senegal. Und wenn man gerade in dem betreffenden Auto sitzt und nicht aussteigt, dann passiert das eben auch! So hat es mich schließlich hierher verschlagen.

Aufbruch von Nouakchott

Nach vier zum Teil richtig unterhaltsamen Tagen bei Ali und seinen zwei Frauen in Nouakchott geht es los Richtung Senegal.

Bis zum Verlassen der Stadt werden wir noch reichlich mit typisch Mauretanischen Straßenverhältnissen verwöhnt: viele Mercedes-Benz und kaum geordneter Verkehr. Danach wird es graugelb steinig und ockerorange sandig - Wüstenlandschaft eben. Langsam aber stetig kommt nun bald wieder Vegetation in Sicht. Zunächst mit einzelnen Grasbüscheln, dann niedriges Strauchwerk. Die Farbe ähnelt einem dunklen Grün. Je höher die Gewächse werden, umso grüner ist auch der Gesamteindruck. Bald haben wir den Einflußbereich des Senegal-Flusses erreicht. Hier sehen wir viel Buschwerk und in Wassernähe sehr hohes Schilf.

Die Hauptverkehrsroute über die Grenze von Mauretanien zum Sénégal verläuft über Rosso. Nun haben wir von anderen Grenzreisenden gehört, dass dort einerseits die Abfertigung sehr lange dauert, und zweitens es mit dem Auto sowieso und wegen der Fähre über den Sénégal-Fluss unverschämt teuer sein soll. Daher entschließen wir uns, die Route über den Grenzpunkt Diama zu nehmen. Auf vielen Hundert Kilometern ist dies übrigens die einzige Flußquerung zwischen den beiden Ländern mit Brücke. Tatsächlich ist es ein einspurig befahrbares Stauwerk. So, diese Strecke wiederum bedeutet auf Mauretanischer Seite ein nicht asphaltierter Schotterweg mit Schlaglöchern wie im Schweizer Käse für etwa 50km. Hier begegne ich zum zweiten Male dem Kalle und seiner Frau, die irgendwo bei Heidelberg (glaube ich mich zu erinnern) mit ihren Fahrrädern gestartet sind. Erstmals traf ich die beiden an einer Tankstelle mitten in der Mauretanischen Wüste irgendwo zwischen Nouadibou und Nouakschott. Mannomann, es ist echt unglaublich, was ich schon für Leute ich auf der Reise so getroffen habe. Dieser Weg führt nun durch das Diawling Naturreservat. Und dann urplötzlich… flitzt da  ein Krokodil über die Straße mit einer Affengeschwindigkeit, dass ich es nicht schaffe, meine Kamera zu zücken und drauf zu halten, um ein Foto zu machen. Es ist um die zwei Meter lang.

Als nächstes kommt erst ein freilaufendes Kamel locker und in aller Seelenruhe daher getrottet und etwas später ein Warzenschwein, das neugierig an der Straßenseite stehen bleibt - Foto! Das Tier ist nicht wirklich groß, vielleicht 80cm hoch und verhält sich friedlich. Doch der Kopf ist derart wuchtig und mit Stoßzähnen ausgestattet, dass ich dem auf der Straße nicht gegenüber stehen möchte! 
Unser Warzenschwein

So, nun wir sind aber noch immer nicht im Senegal, als uns eine Person mit Uniform anhält und 1.000 Ouguiya fordert, damit wir die restliche Strecke zum Grenzpunkt freigegeben bekommen. Weder Raúl noch ich haben entsprechend viel Kohle bei uns. Da es hier keinen Schlagbaum gibt, tritt Raúl nach kurzer Diskussion einfach aufs Gas und fährt weiter. Etwas mulmig ist uns schon zumute, weil wir damit rechnen, am Grenzpunkt mit erhöhter Gebühr konfrontiert zu werden. Diese Sorge stellt sich als unbegründet heraus. Jeder hier im Land versucht sich offensichtlich mit jeder erdenklichen Masche irgendwie über Wasser zu halten.

An der Grenze: Abwarten und Tee trinken

Wir schreiben den 28. Februar 2023 und endlich erreichen wir die Grenze, den Senegal-Fluss. 
Hast du ein Auto, mit dem du die Grenze passieren willst, dann hast du am besten viel Papier dabei: KFZ-Schein (der ist ja sowieso obligatorisch), Versicherungspolice (will jeder Grenzbeamte sehen), reichlich Money (jeder Schranken-auf-und-zu-Macher hat scheinbar seine eigene Philosophie, bevor er aktiv zu werden gedenkt), und letztlich solltest du viel Zeit im Gepäck haben („hey guy, this is Africa“).

Meine Abfertigung ist mit der Vorlage meines Reisepasses und dem Visa-on-Arrival rasch erledigt, nicht aber die von Raúl mit den Papieren seines geliebten Mercedes 200E. Gerne warte ich die dreieinhalb Stunden auf meinen persönlichen Taxifahrer, bis alle seine Formalitäten erledigt waren. Leider ist weit und breit kein Kaffeeautomat oder ähnliches zu entdecken. Dafür sind sowohl Mauretanier als auch Senegalesen gern bereit, von ihrem mega-süßen und dafür köstlichen Minztee abzugeben. Manchmal sogar ohne Geld dafür zu kassieren - so auch hier. Herzlichen Dank! 

Wie üblich ist die erste Anlaufstelle im neuen Land der erstbeste Geldautomat, der gern bereit ist, Geld auszuspucken. Das macht ja schließlich nicht jeder. Jedenfalls nicht in Mauretanien. Man macht ja seine Erfahrungen und ist entsprechend vorgewarnt. Aber meine Sorge in Senegal ist unbegründet. Wie sich herausstellt, sind Senegalesische Geldautomaten allesamt gegenüber meiner DKB VISA-Karte großzügig und freundliche Geldgeber. Sehr sympathisch! Schritt zwei ist, einen Verkäufer für eine Prepaid SIM-Karte zu finden und diese sogleich mit fünf oder zehn Gigabyte freies Datenvolumen aufzuladen. Das läuft hier genauso wie in Marokko und Mauretanien ab: du schaust nach fahrenden Händlern mit dem Logo einer Telecom-Gesellschaft - hier die Französische ORANGE Telecom, und stellst dich an der Schlange der Wartenden an - bis du feststellst, dass du hinter jemand stehst, der zur Familie eines Typen gehört, der sich schon von zehn Minuten woanders vorgedrängelt hat. Nach diesen Lernprozessen darfst du dann irgendwann auch deine ersehnte SIM-Karte dein Eigen nennen und kannst lossurfen wie ein Weltmeister.

Monica an ihrem Verkaufsstand
Die schönste Veränderung bemerke ich gleich hinter der Grenze. Es sind die unverschleierten und farbenfroh gekleideten Menschen, allen voran die Frauen. Nach dem Ockergelbgrau der Saharalandschaft, den Dunkelbraun- oder Grau- oder Schwarztönen der Kaftanen, die von Männern und Frauen gleichermaßen getragen werden, sind die Farben hier eine Wohltat für meine Augen.

Saint Louis

Pont Faitherbe

Nicht weit von der Grenze liegt Saint Louis. Diese schöne Stadt trägt den goldenen Charme Französischen Baustils vieler alter Gebäude der Altstadt aus der Kolonialzeit.




Wir erforschen Saint Louis auf eigene Faust. Die Stadt liegt auf einer Insel im Atlantischen Ozean und ist über eine Straßenbrücke, die Pont Faitherbe erreichbar. Sie ist über ruhigem Wasser erbaut, denn hier ist es die vom Atlantik geschützte Seite. Mir fallen hier Pelikane und Flamingos auf, die sich in großer Zahl im Wasser tummeln, beziehungsweise darüber herumfliegen. Und dann plötzlich, es ist nicht zu übersehen: ein Supermarkt der Französischen Kette AUTAN… nee Quatsch! Richtig heißt es AUCHAN. Ersteres läßt sich jedoch einfacher merken. Wir also nix wie rein. Nach sechs Wochen lupenreiner Abstinenz von Bier und Wein, greifen wir jetzt beherzt zu!

In der Altstadt bin ich ganz besonders angetan vom Hotel de La Poste! Dieses Haus hat in den 30er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, der Pionierzeit der Postfliegerei von Europa nach Südamerika etliche weitbekannte Piloten jener Zeit beherbergt, bevor der Flug übers Wasser des Südatlantik angetreten wurde. Da tauchen Namen auf, die in den Ohren von Luftfahrtenthusiasten wie Musik klingen wie Jean Mermoz, der diese Route erstmals flog. Dann auch Antoine de Saint-Exupéry oder Geoffrey de Havilland.

Nach zwei Tagen Saint Louis wollen wir weiter. Da soll es einen See geben, dessen Wasser rosa Färbung hat. Na, das wollen wir uns doch mal aus der Nähe ansehen…

Lake Rose

Rosa Lack gibt es an manchem Zaun zu bewundern - aber ein rosa See…? Raúl treibt seinen 200E durch sandige Wege und wir bleiben fast stecken, als wir einen See umrunden, der laut Google Maps der besagte Lake Rose sein sollte. Alles was wir zu sehen bekommen, ist graubraune Brühe, nur kein rosa. Ich frage Raúl, ob wir irgendwo eine rosa Bille hätten kaufen müssen - würde mich ja nicht wundern. Afrikaner sind erfinderisch, habe ich gelernt. Er zuckt mit den Schultern. 

Lake Rose

Wir gehen in ein Kiosk, um eine Coca-Cola zu trinken. Neugierig wie wir nunmal sind, löchern wir den Wirt mit Fragen zum rosa See. Die Antwort ist erstaunlich. Heftige und ergiebige Regenfälle in jüngster Zeit hätten die Salzkonzentration des Sees soweit verdünnt, dass sowohl diese speziellen Algen, die die Färbung verursachen, weitgehend abgestorben sind und dass zweitens die Menschen, die am und vom See leben, nicht mehr so viel Salz schürfen können, wie vorher. Die Effekte sin Folgende: Erstens kommen nun keine Touristen mehr und die Hotels stehen leer und Nebengeschäfte laufen nicht mehr. Zweitens hatten einige Familien von Salzschürfen gelebt, und ihnen sind die Einkünfte wegen der geringeren Ergiebigkeit des Sees ebenfalls zurückgegangen. Autsch - das schmerzt, sowas zu hören ohne helfen zu können. 

Nun geht auch dieser Tag zu Ende und wir haben keinen Bock unter freiem Himmel zu schlafen (Malaria-Mücken, du weißt schon). Aber wo sollen wir heute schlafen? Das erstbeste Hotel verlangt einen Preis von uns, der offenbar die ausgebliebenen Gäste kompensieren soll. Danke, wir schlafen in unserem Auto. Und tschüß! Ich muss ja sagen, Raúl ist ein Fuchs. Er biegt ein ein Resort ein, wo jeder Gast sein eigenes kleines Häuschen hat. Alles hübsche Häuschen. Diese Häuschen stehen in einem großen Halbkreis, dessen offene Seite von einer offenen Halle (Rezeption + Speisesaal) geschlossen wird. In der Mitte dieses geschlossenen Halbkreises ist ein grooooßes Pool angelegt, von grünem Rasen und Palmen umgeben. Hier zu nächtigen, das kostet!!! Raúl marschiert geradewegs auf den Rezeptionisten zu und bittet, den Geschäftsführer zu sprechen, es sei etwas Dringendes. „Ich bin‘s“ war die Antwort. Binnen zehn Minuten hat dieser Fuchs einen Preis von 6.000 CFA für uns erwirtschaftet, ein Viertel des normalen Preises. Hallo Raúl, was kostet das Coaching bei dir…??? Danach Häuschen beziehen und ab in den Pool! 





Ponderosa

Irgend jemand wies uns in den vergangenen Tagen darauf hin, dass wir das Reservat anschauen sollten. Auf dem weiteren Weg nach Dakar googeln wir wie verrückt, denn wir haben den Namen des Reservats nicht mehr in Erinnerung. Der Erfolg bleibt nicht aus, als der Akku vom Handy langsam in die Knie geht. Wir finden den Namen heraus und damit auch die Wegweisung über Navi. Wir sind nicht mehr weit davon entfernt und fragen uns, ob es das Eintrittsgeld wohl wert sei. Ich sage, dass ich so schnell nicht wieder nach Senegal kommen würde - im Gegensatz zum „Autohändler“ Raul. Da muss er auch lachen und wir fahren auf direktem Weg ins Reserve de Bandia.


Zuerst werden wir die Affen gewahr, dann Giraffen, Antilopen, Antilopen, Antilopen, noch mehr Antilopen… gibt es sonst da noch was? Na klar, sagt der Guide, den wir auch noch für allerhand CFA‘s gechartert haben. Er zeigt uns Büffel, Zebras, Nashörner, Krokodile und noch andere Tiere, deren Namen ich vergessen habe. Einzig Raubkatzen gibt es hier nicht. Ansonsten leben die Tiere wie in freier Wildbahn und fressen und lassen sich fressen. Keine Regulierung durch Menschen. Das gefällt mir.

Die Tour durch das Reservat dauert vier oder fünf Stunden. Nun müssen wir uns entscheiden, wollen wir nach Dakar in die Stadt oder eher Richtung Gambia. Raúl will Dakar lieber auslassen, um bald in Gambia anzukommen. Wir entschließen uns an der Küste südlich von Dakar eine Unterkunft zu suchen. 

Saly Portudal

Wir kommen nach Saly Portudal und hier wiederholt sich Raúls Verhandlungsgeschick mit einem anderen Vermieter. Wir finden ein Haus zur Vermietung. Bei der Ankunft öffnet ein Afrikaner die Tür und erklärt auf Französisch, dass er uns keine Unterkunft geben könne. Raúl dreht auf und fragt nach dem Boss. Der ist in Frankreich. Los anrufen! Raúl nimmt ihm das Telefon ab, als jemand am anderen Ende ist und erklärt dem Vermieter, was für einen hervorragenden Mitarbeiter er hier habe. Diesmal genügen drei oder fünf Minuten und wir haben eine preisgünstige Bleibe. Raúl, mein Freund, du bist mein Held! 




Der stolze Cheriff


Black Friday

Saly Portudal mit seinem schönen langen Strand liegt rund 70km von Dakar entfernt und wir haben das Bedürfnis, endlich in den Südatlantik einzutauchen. Als das Auto geparkt ist und der Strand mit dem weiten Meer vor uns liegt sind gerade wir sogleich die Auffälligsten unter den Sonnen- und Meerbadenden. Es scheint, dass ganz sich Dakar dies Wochenende an diesem Freitag zum Strand von Saly Portudal begeben haben, um des Wochenende mit Familie oder Freunden zu genießen. Hier tragen alle Senegalesen selbstbewusst ihre kraftvolle schwarze Hautfarbe - Raúl und ich verletzen diese Norm aufs krasseste. Doch wir tun so, als ob es niemand bemerkt und finden schnell Anschluß bei neugierigen Kindern und jungen Leuten, die Ball spielen. Überall ist gute und fröhliche Stimmung, fast wie bei einer Strandparty. Irgendjemand stellt seinen Ghetto-Blaster in den Sand. Erst mimt eine junge Frau als Zumba- Vortänzerin und alle, die gerade Lust dazu haben, machen mit. Bald aber tanzt eine ganze Gruppe Leute wild und ausgelassen herum. Mann, die haben ja Knochen aus Gummi, so wie wie tanzen…
Schade, dass ich kein Foto davon gemacht habe.

Wir bleiben Freunde!
7. März 2023. Nach einer gefühlten Ewigkeit (es sind genau zweieinhalb Wochen) und ungefähr einer Million Kilometer (tatsächlich rund 1.000km) und zahllosen gemeinsamen Erlebnissen (stimmt exakt) trennen sich heute unsere Wege. Raúl will weiter nach Gambia und ich will Dakar sehen - und mich dann von dort auf den Weg zur Hochzeit meiner Kathi und ihrem Marion machen. Alles Gute, mein Freund, wir sehen uns wieder….! Vielleicht in Chile?

Dakar 

Mit dem Kleinbus, wie ich sie bereits in Mauretanien kennenlernte, bin ich nach Dakar gekommen. Über couchsurfing.com hatte ich bereits vor ein paar Tagen meine Unterkunft bei Khalil bestätigt bekommen. Da für Khalils Zuhause keine Straße angegeben ist, weiß ich nun nicht, wo ich aussteigen sollte. Ergo rufe ich Khalil an, als der Bus so in die Vorstadt einfährt und der Verkehr zusehends dichter wird. Khalil spricht prima Englisch. Bei der Shell-Tankstelle soll aussteigen. Ich frage den Fahrer, wo die Shell-Tankstelle ist, ich will da raus. Keine Ahnung, ob er mich verstanden hat, weil ich seine Antwort nicht ein ein Wort verstehe. Vielleicht liegt das am Motor- und Fahrgeräusch. Doch helfen tut‘s nicht auch nicht. Ich rufe Khalil wieder an und sage ihm dass ich nicht weiß, wo diese Tankstelle sei. Dann gebe ich das Handy mit Khalil dran einfach dem Fahrer. Lautes Geschnatter! Die Tankstelle ist nämlich längst vorbei. Ich will beim nächsten Stopp raus, aber der Fahrer hält mich zurück. Noch zwei Haltestellen und der Bus ist leer - obwohl wir noch lange nicht im Zentrum von Dakar sind. Das sehe ich ja über Google Maps. Für den Busfahrer bin ich inzwischen „my friend“ und „brother“. Irgendwie ist mir der Übergang meines Daseins vom Fahrgast zum Familienmitglied durch die Lappen gegangen. Na gut, ich bin ja flexibel. Dann endlich, nach vielen Kurven und Ecken um diverse Wohnblocks herum, steht Bro auf der Bremse und schaltet den Motor ab. Wir sind da. Aha, und wo ist Khalil jetzt…?  
Mr. Busfahrer-Bro
Na Zuhause, wo denn sonst. Dort wartet er auf dich. Komm, hier ist das Taxi, das dich hinbringt. Holla, die Waldfee. Ich bin beeindruckt. Khalil hat meine Rettung mit Mr. Busfahrer-Bro komplett durchorganisiert. Mr. Taxifahrer wusste zwar noch nicht Bescheid, aber darum hat sich Mr. Bro gleich gekümmert - einschließlich dem festen Fahrpreis, damit ich nicht am Ende über eins meiner Ohren gehauen werde. Als die Sonne unter wolkenlosem Himmel, bei angenehmen 28°C hinter den grauen Gebäuden der Stadt untergeht, bin ich an meinem neuen Zuhause angekommen. 
Khalils Dachterrasse

Khalil stellt mich seiner Mutter und seiner Tante vor, später auch seinem Vater, und zeigt mir mein Zimmer im zweiten Obergeschoß auf der Dachterrasse: 

ein Raum mit einer riesigen Matratze auf dem Fußboden. Perfekt für Horschtle, den Vagabund!



Mein Couchsurfing-Zimme

Khalil, Raul, Vagabund (v.l.)
Bei Kahlil wohnt noch ein anderer Couchsurfer, Raul aus Portugal - ohne Akzent auf dem u. Nach dem ersten gemeinsamen Bier verstehen wir drei und blendend. Da Khalil tagsüber zur Arbeit geht, verabrede ich mich mit dem neuen Raul auf eine Stadtentdeckungstour nach Dakar, denn Khalils Haus steht im Vorort. Am nächsten Morgen geht‘s los. Wir wollen eigentlich per Bus in die Stadt fahren. Entlang der Hauptstraße sind massenhaft Marktstände aufgebaut und wir kommen auf die Idee, irgendjemand zu fragen, uns in die Stadt mitzunehmen. Gleich der erste Autofahrer ist bereit, uns mitzunehmen. Allerdings nicht ganz bis in die Stadtmitte, sondern zwei oder drei Kilometer davor sei seine Fahrt zu Ende. Kein Problem, antworten wir, da wird es andere Leute geben, die uns weiterhelfen werden. So kommt es auch. 
Dreirad fahren
Der Fahrer eines motorisierten Dreirads - das ist so ein abgesägtes Motorrad, bei dem das vordere Teil mit Vorderrad, Lenker und Motor nach hinten mit einer Pritsche zusammengeschweißt ist - hat uns bis in die Innenstadt mitgenommen. Alles ohne Gage!!! 

Opernhaus Dakar

Sofi, die Wachfrau im Opernhaus

 
Hauptstraße Richtung Dakar Innenstadt
Da Raul und ich unterschiedliche Interessen haben, trennen wir uns in der Innenstadt voneinander, damit jeder den Freiraum für seine Entdeckungen hat. Ich gehe zum Fähranleger, um auf die Sklaveninsel Gorée zu gelangen. Für 5.700 CFR (knapp 10 EUR) bekomme ich ein Fährticket, einschließlich der Steuern für Nicht-Afrikanische Ausländer. Von dieser kleinen Insel wurden über viele Jahre Sklaven verkauft und verschifft. Das kleine Museum macht einen beklemmenden Eindruck. 
Sklavenhaus (außen)
 
Sklavenhaus Innenhof
Tür ohne Wiederkehr
Auf Gorée befindet sich auch ein alter Geschützturm aus dem zweiten Weltkrieg. Haben die Franzosen gebaut. Muss ziemlich laut geballert haben.
Was für ein Rohr…!

Senegalesen

Mir kann einer sagen, was er will, ich habe tolle Begegnungen mit diesen wunderbaren Menschen gehabt.

  

Abschied von Dakar

Für den 11. März 2023 hatte ich meinen Flug gebucht, um an Kathis Hochzeit teilzunehmen. Hierher werde ich vorerst nicht zurück kommen, denn ich habe den „Rückflug“ von Deutschland nach Afrika nach Kairo in Ägypten gebucht.

Khalil hat sich für meinen Abreisetag extra Zeit genommen und geht später zur Arbeit, um mir „Lebe wohl“ zu sagen. Wir hatten während meines fünftägigen Aufenthaltes viel miteinander gesprochen und intensiven Gedankenaustausch gehabt.


Der Straßenverkehr hier ist legendär, wie jeden Tag. Darum mache ich mich heute sehr frühzeitig auf den Weg zum Airport-Shuttle und warte am Flughafen fast noch vier Stunden. Das gefällt mir deutlich besser, als vier Minuten zu spät dran zu sein.


Airport-Shuttle zum Flughafen Dakar Blaise

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