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Mittwoch, 1. März 2023

Mauretanien - Salaam alaikum - Ich komme!

Als ich den Surfspot Taghazout nach sechs Tagen wieder verlasse, hätte ich eigentlich Gesellschaft haben sollen,  denn Raphael (links von mir), mein neuer Polnischer Freund aus Hamburg (ist ne Geschichte für sich), fand die Idee mit dem Iron Ore Train zu fahren so toll, dass er spontan der Meinung war, er würde sich mir anschließen. Ein paar Tage später, während ich die Welle reite, ist Raphael plötzlich verschwunden. Ich vermisse ihn schon zwei Tage, als die Nachricht von ihm kommt: "...bin auf dem Weg nach Spanien, will nach Polen, meine Familie wiedersehen...". Okay, kein Problem. Also packe ich meine Sachen und reise ebenfalls ab. 
Von Taghazout morgens mit dem Vorortbus um 9 Uhr nach Agadir (1 Std. 7,50 MAD = 0,70€), von Agadir im Reisebus um 21 Uhr nach Dakhla (20 Std. für 514,- MAD = 46,50€) und ebenfalls mit einem Reisebus von Dakhla morgens um 8 Uhr zur Mauretanischen Grenze (6 Std für 196,- MAD = 17,70€). Alles schön mit komfortablen Reisebussen. Natürlich geht das nicht in einem Rutsch, sondern mit Übernachtung in Dakhla. Nur schade, dass der Bus, der von Dakhla über die Grenze bis nach Nouakchott durchfährt, leider nicht am Sonntag verkehrt. Deshalb einen Tag länger in Dakhla zu bleiben, wollte mir beim besten Willen nicht einfallen. Damit beginnt ein interessanter Reiseabschnitt! Ich nehme einfach den Bus, der gerade von Dakhla in Richtung Mauretanien fährt, selbst wenn ich hinter der Grenze wieder schauen muss, wie es weitergeht. Dadurch lerne ich aber Denis und Slava kennen, zwei Russen, die sich ebenfalls den Iron Ore Train im Visier genommen haben.
Doch eins nach dem anderen. Ich habe Zeit und will mich bei der Erzählung nicht selbst überholen.

Der Bus erreicht den Marokkanischen Grenzposten um 14 Uhr. Damit bin ich mal eben 1.500 km von Agadir entfernt. Ich bin nicht wirklich überrascht zu erfahren, dass die Grenze wegen der Mittagspause der Grenzbeamten geschlossen ist. Dass ein gutes Dutzend LKW's davor stehen, daran stört sich niemand. Nun ja, Essen hält neunmal Leib und Seele zusammen. Das ist auch in Marokko so und gilt natürlich für jeden Grenzbeamten auf dieser Welt. Die LKW-Fahrer sitzen entspannt in den Restaurants vor Ort und futtern ihre Tajines und trinken ihren Tee. Denis, Slava und ich lassen uns ebenfalls einen Tee servieren, um die Wartezeit zu überbrücken. 

Nachdem der Posten wieder offen ist, nach 20 Minuten Marokkanischer Formalien, Ausreisestempel, drei weitere Kontrollen, ob der Stempel echt ist - oder so, sind erledigt. Bis zum Mauretanischen Grenzposten, der in Sichtweite von ca. 3 km Entfernung liegt, ist ein Streifen - wie soll ich sagen - Niemandsland. Der wird von keinem der beiden Länder beansprucht. Da geht besser keiner rein. Dort sind nervöse Böller verbuddelt. 
Daher stehen etliche Typen mit ziemlich schrottreifen Autos, als Taxis bereit, dich zum anderen Grenzposten zu fahren. Gerne wäre ich das Stück zu Fuß gelaufen. Es war auch niemand da, der mich davon abgehalten hätte, das zu tun. Doch die beiden Russen wollen keine Zeit verlieren und ich will mit ihnen zusammen bleiben. Also Taxi, ein Toyota Corolla und dann 5 Fahrgäste. Meine Güte, ist das eng hinten drin. Okay, für das kurze Stück soll es gehen. Aber 100 Tacken in Marokkanischer Währung ist auch nicht eben billig (9,- €). Und dann erst die Straße... hey, was schreibe ich hier? Straße? Pass auf, nach dreihundert Metern hört der Straßenbelag komplett auf und macht Platz für Löcher, die selbst für Unimogs eine Herausforderung darstellen. Alter Falter... diese Piste hat es in sich. Ist das kein Wunder, wenn kein Land sich dafür zuständig sieht? Ich staune, dass wir trotz mehrfachem Aufsetzen des Motors und anderer Unterbodenteile, am Mauretanischen Grenzposten ankommen.

DAS WAR MAROKKO ✅

HALLO MAURETANIEN 🇲🇷 - ICH KOMME
Noch vor der Schranke zum Grenzposten, und damit vor der behördlichen Einreise versuchen schwarze Männer zu überhöhten Preisen Geld zu tauschen. Ich ignoriere sie, selbst als sie sich mir in der Weg stellen und mir auf Schritt und Tritt folgen. Hat gut funktioniert.

Zur Erstregistrierung werden wir zu einem kleinen separat stehendem Häuschen geschickt, in welchem zwei Männer auf ihrem Teppich auf dem Boden liegen. Einer ist uniformiert. Als wir eintreten, richtet sich der nicht uniformierte auf und bittet um die Reisepässe. Dann trägt er fein säuberlich von Hand alles in dein liniertes Buch ein. Er schreibt langsam! Der Uniformierte fängt an, uns nach dem Reisegrund zu fragen. Beide sind angenehm freundlich und die Verständigungsschwierigkeiten, weil wir kein Französisch sprechen, lösen sie mit Zeichnungen auf dem Papier. Nach einer halben Stunde sind alle Daten registriert und es geht zu einem Büro. Dort sitzen zwei Polizei-Leute hinter ihrem Bildschirm. Wieder mal Pässe abgeben und dann raus aus dem Büro. Draußen lernen wir Ahmed kennen, der älter ist als die Geldwechsler und SIM-Karten Händler, und die uns auch ständig belagert haben, im Vergleich zu ihnen einen seriösen und vertrauenerweckenden Eindruck macht. Tatsächlich hilft er mit gutem Englisch unsere Kommunikation mit den Polizeibeamten und vermittelt uns einen Geldwechsler, dessen Tauschrate der offiziellen Rate entspricht. Über Ahmed bekomme ich auch eine SIM-Karte umsonst und ich bezahle lediglich die Aufladung von 7 GB mit 150,- MAD (15,50 €). 

Nach eineinhalb Stunden bekomme ich meinen Pass vom Polizeipräsidium zurück. Ich schaue nach und vermisse den Einreisestempel. Schnell zurück, bevor es Ärger gibt. Aber nein, das ist alles korrekt. Ich solle einfach weitergehen, den Stempel gibt's im Gebäude dort hinten. Gut, alles klar.

Plötzlich steht ein großer Soldat vor mir mit einem nervösen Schäferhund an der Leine und fordert mich auf, meinen Rucksack an die Hauswand zu stellen und zurück zu treten. Sofort schnüffelt der Schäferhund den Rucksack ab und mir fällt wieder ein, was ich im Internet las. Drogenbesitz wird hart, ggf. mit Todesstrafe geahndet. Upps... mir wird gerade etwas anders zumute. Aber nein, mir hat niemand etwas in die Taschen gesteckt und der Hund beschnuppert auch schon ein anderes Gepäckstück. Ich darf den Rucksack wieder haben, signalisiert mir der Soldat.

Jetzt geht es weiter zu dem Gebäude "dort hinten". Hier sind es zwei nicht für eine Organisation zuzuordnenden Männer, die ebenfalls jeder einen Bildschirm vor sich haben. Ein großes Sofa wartet auf die Abkömmlinge. Das ist auch gut, dann die beiden haben keine Eile, in die Pötte zu kommen. Ich entdecke Fingerabdruckscanner und Webcams, die auf den Einreise den gerichtet sind. Aber nur einer von beiden macht die weitere Registrierung. Vor mir sind zum Glück nur die beiden Russen. Die Prozedur pro Person dauert irgendwas zwischen einer halben und einer ganzen Stunde. Kollege Nummer Zwei scheint für die Kasse zuständig zu sein. Er klebt das Visum in den Pass und kassiert die 55,- Euro, die das Visum kostet. Hier sollte man nicht anfangen, den Preis zu drücken, glaube ich.

Mauretanien wartet auf mich! Aber wie soll es von hier weiter gehen? Denn dieser Grenzposten ist weniger organisiert, als die Kollegen auf der Marokkanischen Seite. Um Welten weniger! Draußen vor der Tür haben die beiden Russen einen Spanischen Mercedes-Benz entdeckt und dessen Fahrer angesprochen, ob er uns auf der weiteren Reise mitnehmen würde. Der Fahrer, Raúl, ist mehr als happy, weil er nun die Spritkosten durch vier teilen kann. Mit viel Spaß machen wir vier uns auf den Weg nach Nouadhibou, wo wir übernachten werden. Denn für die 500 km nach Nouakschott ist es bereits zu spät. 
Ich staune nicht schlecht, dass immer wieder die richtigen Menschen meinen Weg kreuzen.

Was mir am meisten auffällt, ist, dass im Gegensatz zu Marokko, wo die Meisten Menschen helle bis kräftig berberbraune Hautfarbe haben, sind die Mauretanier zu 90% richtig schwarz - und langsam, beim gehen und allen Hantierungen.


PS: Es gibt natürlich keine Fotos aus den Grenzkontrollbereichen! Fotografieren verboten!

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