Ich muss schon sagen, die Überschriften meiner Blogbeiträge gefallen mir besser und besser...😄. Zumindest in der Deutschen Sprache haben sie gewisse Effekte.
Falken bekomme ich hier allerdings nicht zu Gesicht, stattdessen aber Pinguine. Doch die lassen sich von mir nicht dressieren, sie sind schon gedresst. Ganz schick in schwarz-weiß!
Einladung
Seit über 15 Jahren liegt Cecil, mein Freund, den ich durch seine Studienzeit in Göteborg kennengelernt habe, mir in den Ohren, ich solle ihn doch mal in Worcester, Südafrika, besuchen. Nun, vor fünfzehn Jahren waren meine Kinder noch klein und die Familie intakt, dass eine solche Reise mit allen zusammen zu kostspielig gewesen wäre. So hatte ich meinen Besuch bei Cecil zwar auf die lange Bank geschoben, aber niemals verworfen.
Als ich von drei Jahren in Ahlerstedt aufbrach, um die Welt zu erobern, stand Südafrika von Anfang an auf der Prioritätenliste der zu bereisenden Länder gaaaanz oben. Aber was muss ich erfahren, als ich dort ankam? Cecil wohnt dort nicht mehr. Er ist um gezogen und lebt jetzt auf den Inseln der Falkländer. In dem Moment passierten zwei Dinge gleichzeitig: 1. Ich wurde traurig, und 2. meine Prioritätenliste hatte »ZACK« ein neues Land als die Nummer Eins: Falklandinseln. Aber es wird noch dauern, bis ich dort bin.
Nun bin ich hier und in der Rückschau hat es überhaupt nicht lange gedauert. Gefühlt ist Südafrika nur ein paar Tage her. Doch es ist unglaublich, was alles schon dazwischen liegt: fünf Wochen Seereise, viereinhalb Monate Brasilien, Paraguay und Uruguay...
Anreise
Die meisten, die mich kennen, werden wissen, dass ich Flugtransport auf dieser Lebensreise nach Möglichkeit vermeide. Doch ich konnte keinen Weg per Schiff zu den Falklandinseln finden, der in mein Budget gepasst hätte.
Also bleibt nur das Flugzeug. Um die Falklandinseln per Flug zu erreichen, stehen zwei Fluglinien zur Verfügung. Nummer Eins ist der Britische Militärtransport, der auch zivile Sitzplätze anbietet. Das ist eine Verbindung, die in Oxford, UK, startet und mit einer Zwischenlandung 18 Stunden dauert. Die zweite Flugverbindung startet mit einer A320 (!) von LATAM in Santiago de Chile mit Zwischenstopp in Punta Arena und nur einmal im Monat auch in Río Gallegos (spricht man "Rio Chaschegos") zwischenlandet. Um genau diesen Zwischenstopp in Río Galegos zu erwischen, ohne irgendwo einen Monat in Lauerstellung zu verharren, ließ es sich nicht vermeiden, einen Flug von Buenos Aires nach Río Gallegos zu nehmen. Auf diese Weise habe ich zweieinhalbtausend Kilometer durch die Pampa versäumt. Schade! Aber so ist es einfach manchmal.
Der Flieger landet auf der Britischen Militärbasis "Mount Pleasant". Bis nach Stanley, wo Cecil wohnt, sind es 50 Kilometer. Cecil hat den Shuttle für mich gebucht, der mich an Cecils Haustür absetzt.
Freundschaft
Natürlich hatte ich einige Monate im Voraus bereits Kontakt zu Cecil aufgenommen und den September als möglichen Besuchszeitpunkt anvisiert. Letztendlich ist es November geworden, eine Zeit, in der sich auf der Südhalbkugel des Globus der Frühling entfaltet, während in den WhatsApp Statusmeldungen meiner Familie und Freunde in Deutschland nur noch trübes, nasses und kaltes Wetter gepostet wird.
Bei meiner Ankunft lerne ich erstmals Cecils Familie kennen. Nisha, eine zauberhafte Ehefrau. Jana, die Tochter, ein Mädel von 9 und ihr Bruder Douglas mit 8 Jahren, sind zwei lebhafte Kinder, die mir schnell ans Herz wachsen – vor allem auch, weil Jana mir ihr Zimmer für diese Woche überlässt. Sie würde sich wünschen, das ich im Gegenzug ihr Zimmer in Pink streichen würde. Schade, dass die Zeit dafür nicht reicht.
Was macht man auf den Falklandinseln eigentlich so???
Nun, die Hauptstadt des Inselreiches ist Stanley mit rund 3.000 Einwohnern. Davon sind die Hälfte befristete Arbeiter und Angestellte aus Chile und anderen Ländern. Cecil lebt mit seiner Familie inzwischen acht Jahre hier und gehört zu den dauerhaften Einwohnern. Er ist staatlich angestellter Projektmanager im Bauwesen, während Nisha sich um die Kinder kümmert. Die beiden kennen so gut wie jeden im Ort. Außerdem ist Cecil bei etlichen sportlichen Aktivitäten in Führender Rolle. Ob Cricket oder Tischtennis – überall ist er dabei. Es gibt Wettbewerbe zwischen einigen Inselstaaten und kleineren Ländern. Dort repräsentiert Cecil die Nationalspieler der Falklandinseln und organisiert die nächsten Länderspiele.
Diese Inseln sind ein eigens kleines Universum für sich. Was nicht in einem der beiden Supermärkte erhältlich ist, muss vom Festland bestellt werden und darauf wartet man dann ein paar Wochen. Ich frage mich, wie lange ich es hier wohl aushalten könnte. Cecil mit seiner Familie lebt nun schon acht Jahre hier. Ich wäre neugierig, ein Jahr hier zu verbringen um den Lebensrhythmus kennenzulernen. Aber acht Jahre...? So richtig vorstellen kann ich mir das nicht.
Ausflüge
Und was macht Horsti hier so, wenn Cecil bei der Arbeit ist???
Ich muss sagen, dass mir Landschaft und Klima durchaus bekannt vorkommen. Beides hat viel Ähnlichkeit mit den Verhältnissen in Nordnorwegen, wo ich mich vor vielen Jahren einige Male aufgehalten habe. Hier in Stanley liegen die Temperaturen bei 12° C und es gibt zeitweise starken Wind. Und Regen kommt fast aus heiterem Himmel. Gerade noch scheint die Sonne, und plötzlich wird's nass. Darauf sollte man vorbereitet sein.
Es gibt nur eine asphaltierte Überlandstraße zwischen der Militärbasis Mount Pleasant, wo eben auch die Verkehrsflugzeuge landen, und der Stadt. Natürlich sind auch die Straßen der Stadt asphaltiert. Alle anderen Wege sind geschottert. So unternehme ich Ausflüge mit einem Radius, die ich zu Fuß bewältigen kann.
Die Stadt hat ein geschichtliches Museum, das allerlei Exponate der ersten Siedler zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts, sowie der Erforschung der Antarktis zeigt. Einen besonderen Teil des Museums nimmt der Falklandkrieg mit Argentinien von 1982 ein.
Dann verlasse ich die Stadt und laufe auf der Schotterstraße Richtung Westen bis zum Ende der Lagune, an der Stanley liegt. Unterwegs komme ich an einigen Schiffswracks vorbei. Am Ende der Lagune steht ein verrosteter Turm, dessen Kopf heruntergefallen ist. Es könnte mal ein Kriegsgerät gewesen sein. Später finde ich heraus, dass es eine Station zur Weltraumbeobachtung der ESRO (European Space Research Organisation) war.
Es gibt hier ja fast keinen Baumbestand und ich vermute, das die wenigen Bäume, zumeist Lebensbäume und ein paar Eschen, dermaleinst importiert und angepflanzt wurden, weil sie über Land nur bei Häusern in der Stadt zu finden sind. Cecil sagt, wenn er Feuer machen will, muss er sich das Holz von Transportkisten und Paletten besorgen. Es gäbe keine Bäume zum Fällen.
Den nächsten Ausflug mache ich nach Gypsy Cove, einem kleinen Militärstützpunkt des zweiten Weltkriegs, der zehn bis Zwanzig Meter auf den Klippen über dem Meer liegt und dafür errichtet wurde, den Hafen on Stanley zu schützen. Von den Einrichtungen ist lediglich eine kleine Kanone übrig geblieben.
Der Blick über den Sund ist von hier grandios. Bei meiner Wanderung entlang der Klippen sehe ich zahllose Pinguinnester. Das sind fußballgroße Löcher unter dem niedrigen Gebüsch sind. Dann liegt da etwas weiter unterhalb der Klippen die langgestreckte Bucht mit feinem weißen Sand, die zur Pinguinkolonie führt. Herrlich!
Straßenrobbe |
Wrack der 1936 gestrandeten "Lady Elizabeth" |
Horst macht den Abflug
In dieser Woche lerne ich etliche Freunde von Cecil und Nisha, sowie Cecils Bruder Jaco, der ebenfalls mit seiner Familie hier lebt, kennen. Cecil fährt mit mir zum alten Leuchtturm, nimmt mich zum Tischtennisspielen mit, zeigt mir, wie hier Hallen-Cricket gespielt wird. Auch bei den Salutschüssen zum Geburtstag von König Charles sind wir dabei. Und wir nehmen uns Zeit für Gespräche und Erinnerungen. Doch viel zu schnell ist die Woche vorbei!
Der Abschied fällt mir wirklich schwer. Doch mein Flug wartet nicht. So werde ich um 8:00 Uhr vom Flughafen-Shuttle direkt von Cecils Haustür abgeholt – genau wie bei der Ankunft. Wäre schön, wenn ich noch einmal wieder hierher kommen kann. Ich bin unendlich dankbar, dass diese Begegnung hier am Ende der Welt möglich geworden ist!
Überraschung am Flughafen
Die Abfertigung am Check-in des Flughafens verzögert sich, weil das Internet streikt. Die gesamte Buslieferung von Fluggästen steht zur Hälfte im Gang der Eingangshalle, während die andere Hälfte draußen vor der Tür im kalten Wind steht und friert. Ich gehöre zur ersten Hälfte. So stehen wir vor uns hin und warten, und warten, und warten. Auf meine Frage, wohin die Reise für die junge, neben mir stehende Frau geht, kommt eine Gegenfrage zu den Aufnähern der Deutschen Flagge auf meinem Rucksack auf deutsch. Aber die Hörgeräte, die in meinen Ohren stecken, sind auf ENGLISH eingestellt, so dass ich die Gegenfrage nicht verstanden habe. Die Dame wird deutlicher lauter. Jetzt leisten meine Hörgeräte keinen Widerstand mehr und lassen die deutschen Wörter durch.
"Ach, du kannst deutsch???"
"Ich bin aus Deutschland!"
"...und von wo?"
"Horneburg"
"Aus wooo...???" Hake ich nach.
"Guderhandviertel, um genau zu sein. Aber das kenn ja kaum jemand."
"Kennst du Ahlerstedt?" frage ich vorsichtig und schaue in leuchtende Augen.
Wie klein ist doch das Dorf, das wir 'Die Welt' nennen. Schnell finden wir eine Menge Gesprächsthemen und das Warten auf den Check-in ist einen plötzlichen Tod gestorben.