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Sonntag, 4. August 2024

Horst und der Zuckerhut



Zur falschen Zeit am richtigen Ort?

“Horst beim Karneval in Rio” - das wäre ja mal eine interessantere Überschrift gewesen. Doch dafür muss man im Februar in Rio sein und nicht im Mai. Wie so oft liegt Horst mal wieder daneben. „Na und…?“, sagt er dann, “bei solchen Ereignissen musst du immer auch damit rechnen, dass plötzlich dein Nachbar oder Arbeitskollege neben dir auftaucht und dir einen Caipi anbietet. Muss ich das haben? Eher nicht.” Also… bitte nicht falsch verstehen. Ich mag meine Nachbarn: ob Michael, Guido, Jörn, Volker, Bernd, Ralf oder Klaus-Dieter, das sind tolle Leute, die ich sehr schätze, mitsamt ihren hübschen Hälften. Desgleichen meine Arbeitskollegen, die mich als solche wohl nicht mehr identifizieren. Einschließlich Sören und Nicole, die etwas früher als ich den Mühlengraben verlassen haben. Es ist halt so, dass Touristen ganz generell nicht so richtig meins sind. Da wird ein Jahr lang gespart, um es dann alles in zwei oder drei Wochen auf den Kopf zu kloppen. Andererseits bin ich überbegeistert, wenn nun jemand seinerseits eine Tournee unternimmt und unsere Wege sich dann eher zufällig kreuzen: Jaaaaaa, wie geil!!!!!

So bin ich - und das ist gut so!

Und jetzt, was geht ab? 

Wir erinnern uns: ich war zuletzt im Landesinneren, dem Naturpark Jalapao und der Stadt Palmas. Dort habe ich mich in einen dieser vielen Fernbusse gesetzt, der mich über Nacht zur Hauptstadt Brasiliens gebracht hat. Hier bin ich jetzt.

Brasilia - Hauptstadt von Brasilien

25. Mai 2024 - Ankunft in Brasilia am Busbahnhof “Rodaviaria” um 9:20 Uhr in der Früh. So, da bin ich nun. Schnell mal eben Booking.com aufrufen und mal schauen, wo ich heute und morgen mein Bett habe. Suchkriterien ‘Brasilia’ und ‘Preis aufsteigend’. Dann wird mir die billigste Unterkunft als erstes angezeigt. Klick - und es ist gebucht. Offenbar eine Dame, die ganz neu bei booking.com gelistet ist. Das spielt bei mir keine Rolle. Hauptsache billig! Mit der Buchung bekomme ich auch die Kontaktdaten. Mit der angegebenen Telefonnummer versuche ich die Dame per WhatsApp zu kontaktieren. Ich bin sehr zuversichtlich, weil WhatsApp in Brasilien so gut wie für alles genutzt wird. Überhaupt fällt mir auf, dass die Digitalisierung in Brasilien sehr weit verbreitet ist: kaum jemand bezahlt noch mit Bargeld. Wenn ich mit Bargeld bezahlen will und nur Hunderterscheine habe, weil der Geldautomat nichts anderes hergegeben hat, gibt es häufiger das Problem mit Wechselgeld. Da rennt der Kassierer schnell zu einem anderen Geschäft und wechselt dort. Brasilianer zahlen oft auch per PIX, eine Bezahl-App auf dem Handy. Als ich PIX nutzen will, merke ich, dass es nicht an den internationalen Zahlungsverkehr angeschlossen ist. 

Ein Uber-Fahrer ist auch schnell bestellt und - ab geht’s zu Unterkunft. Auf der Fahrt werde ich daran erinnert, was ich über Brasilia gelesen hatte. Es ist eine junge Stadt, die als künftige Hauptstadt in den 60er Jahren am Reißbrett entworfen wurde. Ich muss sagen, wenn man auf grünem, ungenutzten Gelände eine Stadt plant, dann wundert es mich nicht, wie großzügig der Entwurf geworden ist. Ein irre breiter Highway, unterteilt in drei Bahnen zu je 3 bis 4 Spuren, verläuft als als Hauptverkerkehrsader mitten durch die Stadt. Zwischen den Bahnen sind Grünstreifen mit vielen Bäumen angelegt, die ich auf 100 Meter Breite schätze. Man muss sich das einmal vorstellen: richtig viiiiel Platz haben die Stadtplaner dieser Hauptverkehrsader spendiert. Die Zu- und Abfahrten scheinen alle symmetrisch zu sein. Im Video ist das teilweise erkennbar. Sehr interessant für mich als neugierigen Traveller. Später erfahre ich, dass Brasília die einzige Stadt im Land ist, wo es keine Verkehrsstaus gibt. Ob das stimmt, habe ich nicht geprüft. Aber erlebt habe ich keinen Stau. In anderen Städten schon.

Höstelchen

In meiner Unterkunft bin ich so früh aber noch nicht willkommen, so dass ich mich am Ankunftsort vor einem der allgegenwärtigen Havaianas-Shop mit einem Teller Streetfood stärke.

Als ich schließlich den Schlüssel bekomme, ist es wahrlich ein sehr preiswertes Hostel. Das abgebildete Bett sollte meine Schlafstätte sein, das später gegen ein etwas komfortableres Bett getauscht wird. Das Zimmer misst drei mal drei Meter - upps. Simone heißt die Vermieterin und spricht - was ich sehr schätze, da es in Brasilien nicht oft vorkommt - englisch. Hier kann ich den Google-Übersetzer endlich mal in der Tasche lassen. Was den Komfort betrifft, nun ja - ich kann mich inzwischen an alle Gegebenheiten anpassen.

Unterkunft bei Simone

Nationalkongress - Nationalmuseum - Kathedrale

Da der Tag noch jung ist, mache ich mich sogleich auf und will die sagenhafte Kathedrale und das Regierungsviertel sehen. Was auf Google-Maps so schön übersichtlich aussieht, entpuppt sich wie ein Pilgerweg von Buxtehude nach Hamburg, so großzügig ist die Stadt - und sind vor allem die Verkehrswege geplant. Also suche ich einen öffentlichen Stadtbus. Haltestellen sind gefühlt alle 100 Meter errichtet. Und Dutzende von Bussen passieren sie. Google schlägt mir sieben verschiedene Linien vor. Bis ich dann den Bus besteige, sind mindestens fünf andere Busse durchgefahren, weil ich nicht geschnallt hatte, dass ich Zeichen zum Anhalten geben muss. 

Dann bin ich also auf der zentralen Avenue, der ‘Eixo Monumental’. Zwei Bahnen mit einem Abstand von  230 Metern. Alter Falter!!! Diese Prachtstraße führt geradlinig auf die Kongresskomplex zu. Rechts und Links der Straße befinden sich die Gebäude all der verschiedenen Ministerien. Muss man gesehen haben, finde ich.

Congresso Nacional

Rechts der Straße liegen das Nationalmuseum, das von seiner simplen Architektur her gesehen, ideal zur Kongressarchitektur passt. Da es gerade geöffnet ist und der Eintritt nix kostet, marschiert der kleine Horst einfach rein. 

Eine gestreckte Rampe führt zum Eingang. Drinnen gibt es auf der Eintrittsebene eine Ausstellung von Monolithen, die wie Perlmutt schimmern, allerdings in verschiedenen Farben. Es macht einen etwas außerirdischen Eindruck. Ausstellungen sind auf drei Ebenen zu bestaunen. Dafür, dass es das Nationalmuseum ist, überrascht mich die kleine Anzahl von Themen: Es sind nur Drei! 1. Kunst, 2. Die Stadtentwicklung von Brasília, gemischt mit Handwerksfertigkeiten, 3. Besiedelungsgeschichte Brasiliens aus politischer Perspektive. Naja.
 

Gewundene Rampe innen von Etage 2 nach Etage 3

Nach einer Stunde bin ich wieder draußen und gehe zur Kathedrale, die gleich daneben steht. Es sind nur 300 Meter. Schon von weitem sieht die Kathedrale exotisch und modern zugleich aus. Sie wirkt von außen und aus der Entfernung in ihrer Umgebung ein wenig zu klein geraten. Aber beim Betreten - auch hier wieder über eine geneigte Rampe, die diesmal aber nach unten, unterhalb der Erdoberfläche führt. Dort bleibt mir der Verstand vor Ehrfurcht stehen. Das, was wir gemeinhin Kirchenschiff nennen, ist hier kreisrund - und riesengroß. Laut Wikipedia haben hier 4.000 Menschen Platz. Das Tageslicht leuchtet durch viele tausend Buntglaskacheln der Dachkonstruktion… einfach prächtig. Dieser Moment war die Reise nach Braślia wert. Alles andere nehme ich als Goodie mit.
Kathedrale von Brasília mit Glockenturm


Fjällräven verschlissen

Meine gute Fjällräven-G1000-Hose löst sich in ihre Bestandteile auf. Mit Flickarbeiten hatte ich sie schon eine Weile zusammengehalten, so ähnlich wie früher mein Renault R4 und vor allem mein Audi 60 von Farbe zusammengehalten wurden. Etliche Patches machen sie zu einem Unikat. Dies ist das Kleidungsstück, das ich am meisten getragen habe. Im Gepäck habe ich noch eine dünne VAUDE Funktionshose, die ich als meine Sonntagshose betrachte. Es gibt ja Situationen, da will ich nicht wie ein Pirat daherkommen. Wie gesagt, Sonntags. Vielleicht jeden zehnten Sonntag. Ansonsten ist es stets meine Fjällräven, die meinen Po warm hält.

Und jetzt ist Ende Gelände mit diesem guten Stück. Da die Anzeichen des Verschleißes schon länger offenkundig waren (nicht nur mir 😉), hatte ich lange schon nach Ersatz Ausschau gehalten. Nicht einmal in Kapstadt bin ich fündig geworden. Sollte es doch wieder eine Fjällräven sein. Nun bin ich in Brasilien und hoffe, dieses Fabrikat in diesem modernen Land zu finden. Aber auch hier ist es schwierig. Letztlich finde ich eine Filiale von DECATHLON hier in Brasília und kaufe eine neue Hose. Mal sehen, wie lange die das mit mir mitmacht. Für meine Fjällräven finde ich ziemlich schnell einen Menschen, der sich unbändig darüber freut, sie zu bekommen.

Einen Tag später sitze ich wieder im Fernbus Richtung Osten. Das Ziel ist Ouro Preto. Alle, die mich irgendwann nach meinen Reiseplänen fragten, sagten, dass ich Ouro Preto auf keinen Fall auslassen dürfe. Plopp - und schon stand es auf meiner Liste. 

Leider habe ich die Gelegenheit verpasst, in Brasília die Brücke mit dem Namen ‘Jucelino Kubitschek’ zu sehen. Diese Brücke passt architektonisch perfekt in die Architektur der Stadt. Man kann eben auch nicht alles haben…

Ouro Preto

28. Mai 2024. Eine kleine Goldgräberstadt, ungefähr zwei Stunden entfernt von der Millionenstadt Belo Horizonte. Sie ist an dem Ort entstanden ist, wo in der Zeit um 1690 Gold entdeckt wurde. Die Stadt liegt in sehr hügeligem Gelände und hat teilweise extrem steile Wege und auch Straßen, die bis heute überwiegend aus Kopfsteinpflaster bestehen. Die portugiesische Architektur und Bausubstanz der damaligen Zeit befindet sich in hervorragendem Zustand, weshalb der Ort auch wirklich einen Besuch wert ist. 


Ouro Preto - Blick über die Stadt

Enge und steile Straßen

Goldverarbeitungsfabrik


Pompöse Gebäude

Der Name ‘Ouro Preto’ bedeutet ‘Schwarzes Gold’. Das Gold, welches man fand, war von einer schwarzen Eisenoxidschicht überzogen. Daher der Name. Bei der Führung durch eine der stillgelegten Goldminen hoffte ich, etwas schwarzen Fels mit meinen Fingernägeln abkratzen zu können und das blitzende Gold darunter zu sehen - aber nichts war da. Wurde schon vor über hundert Jahren alles weggekratzt.

Rio de Janeiro

5. Juni 2024. Ist hier irgendwo Karneval? Vielleicht so ein ganz klein bisschen? Leute, die nicht ohne können, oder so? Vielleicht irgendwo. Ich hab sie nicht gefunden. Hab sie auch nicht gesucht. Hab auch keine Sambaschule besucht.

Uber-Bahnhof am ZOB

Ein Uber-Fahrer bringt mich vom Busbahnhof zu meinem Couchsuring-Gastgeber Anderson, einem versierten Online-Sprachlehrer für Portugiesisch im Stadtteil Tijuca. Leider hat Anderson nur wenig Zeit, die wir gemeinsam verbringen können, um einander kennen zu lernen. Er gibt mir einen Schüssel für die Wohnung und kann kommen und gehen, wann ich will. Für ein gemeinsames Abendessen, zu dem ich ihn vor meiner Abreise als Dank einlade, muss er mit Mühe freischaufeln, so voll ist sein Kalender.

Couchsurfing bei Anderson


Monte Cristo

So mache ich mich auf eigene Faust auf, um Rio zu entdecken. Die Christusstatue 'Cristo Redentor' ist fast von überall aus sichtbar. Drei Möglichkeiten gibt es, wie ich herausfinde, um dort hinauf zu kommen: (1) Bus-Shuttle, (2) Zahnradbahn und (3) zu Fuß über einen markierten Pfad. Nummer drei ist ohne nachzudenken meine impulsive Entscheidung.

Da will ich jetzt rauf!

Meine Sandalen fliegen in die Ecke und ich krame meine Meindl-Wanderstiefel aus dem Rucksack hervor, wo sie gaaaanz unten ihren Platz haben. Und sie passen noch...! Es ist zwar nicht auf Anhieb erkennbar, welcher Bus auf welcher Linie unterwegs ist, aber mit der Unterstützung einiger Passanten, die ebenfalls an der Bushaltestelle gerade warten, stoppe ich einen Bus der Linie 607, nachdem zwei Busse vorbei gefahren sind, ohne anzuhalten. So habe ich schneell gelernt, dass ich den Bus stoppen muss, indem ich dem Fahrer per Handzeichen anzeige, dass ich einsteigen will. So komme ich mit einmal umsteigen zum Jardim Bôtanico, dem Botanischen Garten am fuße des Monte Cristo Berges.

Spannende Begegnungen

Erst durchquere ich diesen sehr alten und sehr schönen Garten, bis ich an ein Häuschen komme, wo ich einem überaus freundlichen Soldaten meinen Namen und die Telefonnummer angeben muss. Dann geht es  ziemlich steil bergauf - aber nicht steil genug, um wirklich aus der Puste zu kommen. Der Pfad ist gut ausgebaut und für jedermann zu bewältigen (würde ich mal so sagen). Der Pfad fürt durch Wald und schützt so vor der Sonne. Unterwegs sehe ich wundervolle Schmetterlinge, doch es gelingt mir nicht, die mit meiner Handykamera einzufangen. Auf halber Strecke des Anstiegs überquere ich das Gleis der Zahnradbahn, die mit lautem Scheppern den Berg hoch schleicht. Die letzten dreihundert Meter geht's über die asphaltierte Straße. Hier ist höchste Vorsicht geboten, denn Kleinbusse passieren im Minutentakt und ohne Rücksicht auf Fußgänger. Im übrigen war ich fast allein zu Fuß unterwegs.

Christus und Horst

Oben angekommen trifft mich der Schlag. Auf der Plattform der Statue tummeln sich hunderte von Touristen. Doch der Ausblick über die Stadt, das Meer und die umliegenden Inseln ist unschlagbar!

Gedränge auf der Plattform 😳

Rio de Janeiro und der Zuckerhut 

Copacabana

Ich kann mir nicht vorstellen, in Rio de Janeiro zu sein, ohne an der Copacabana gewesen zu sein. Im Internet lese ich, dass die Copacabana ihre besten Zeit in den 60er bis 80er Jahren gehabt habe. Und dass es von Taschendieben nur so wimmele. So mache ich mich nur mit meinem Tagesrucksack mit meinem Reisepass und einer Flasche Wasser auf den Weg, sodass die möglichen Verluste bei einem Raub überschaubar bleiben.

Wegen der vielen Berge im Stadtbereich von Rio ist die Copoacabana von meinem Startpunkt am Fuße des Monte Cristo aus nicht so leicht erreichbar. doch das Bussystem ist effektiv - abgesehen von der Liniennummern, die ich in der kurzen Zeit nicht verstanden habe. Dafür sind die Ticketpreise sensationell günstig. Eine Fahrt kostet immer 3,90 Reais (rund 0,65 €), egal wie weit man fährt. Nur beim Umsteigen wird ein neues Ticket fällig. Bei der Metro kostet ein Ticket unverschämte 4,70 Reais (rund 0,80 €) *lach*. Nachdem ich mich am heutigen Vormittag mit der Bezwingung des Monte Cristo beschäftigt und nun nach dem Abstieg endlich einen Bus gefunden habe, der mich von dort direkt zum Strand bringt, bin ich eigentlich ziemlich happy - aber ohne Badezeug.

Ohne Badehose am Strand der Copacabana

Absturz

Auf Höhe von Posto 2 setze ich mich in den Sand und genieße das hiersein und den Blick aufs Meer. Es ist man gerade 13 Uhr, als ich wahrnehme, dass ständig irgendwelche Typen mit Tabletts und Gläsern darauf, die mit bunten Getränken gefüllt sind, den Strand auf und ab laufen. Es dauert auch nicht lange, bis einer von ihnen vor mir seht, und mir seine Cocktail anbietet. Nein danke, die Uhrzeit passt beim besten Willen nicht zu einem Cocktail! Der Typ hat offensichtlich viel Geduld und Nachdruck gefrühstückt und laässt sich nicht abwimmeln. Mit "nur 30 Reias" will er meinen Widerstand brechen. Aber ich habe keine Lust, obwohl die Gläser verführerisch aussehen. Ich versuche ihm klar zu machen, dass das Eis in den Gläsern schmilzt, wenn er noch länger hier herum steht. Daraufhin greift er aus einem Gefäß, das ich nicht beachtet hatte, drei große Eiswürfel und tut sie in die Gläser. Beim folgenden Verkaufsversuch erkläre ich ihm, dass ich keine verwässerten Cocktails mag. Da geht er endlich.

Ich nutze meine neu gewonnene Freiheit, den Strand in Richtung Ipanema einmal abzulaufen. Nach rund 2,5 km und zurück setze ich mich etwas müde von der Wärme wieder an die selbe Stelle in den Sand, um mich auszuruhen. Eben derselbe Cocktailverkäufer ist keine fünf Minuten später bei mir und erklärt mir, dass er ganz frische Cocktails habe, die nicht mit geschmolzenem Eis verwässert seien. "Hmm... " denke ich mir, "...jetzt sieht das etwas anders aus. Es ist so warm und ein kühles Getränk könnte mir jetzt gefallen". So fange ich an zu handeln, denn dreißig Tacken muss ich nicht unbedingt ausgeben. Und überhaupt, ein Cocktail muss es auch nicht unbedingt sein, auch nicht jetzt um 15:00 Uhr. Eine frische Coca-Cola könnte mir mindestens genauso gefallen. Doch der gute Mann lässt mit sich handeln und ich bekomme einen blutroten Melonen-Cocktail im Plastikbecher für 25,- Reais.

Donnerwetter, der schmeckt aber lecker, stelle ich bewundernd fest. Ich unterhalte mich ein wenig mit einer Argentinierin neben mir und schlürfe bedächtig an meinem Cocktail. Aber sie ist nicht sehr gesprächig und ich lasse sie in Ruhe. Ehe ich mich versehe ist der Becher leer, bis auf ein paar zusammengeschmolzene Eiswürfel. Noch einen? Lecker war der ja. Vielleich, wenn der Typ wieder vorbei kommt. Aber er kommt nicht. Nun habe ich hier auch genug im Sand gesessen und ich gehe über die Promenade in Richtung Leme, den nördliche Teil der Copacabana, auf der Suche nach einem Restaurant. Aber es gibt nichts zu essen für mich - ist mir alles zu teuer. Dann gehe ich wieder in Richtung Posto 2 um zu sehen, wo mein Bus abfahren würde, als mir 'mein' Cocktailverkäufer doch noch einmal über den Weg läuft, mit zwei eher traurig aussehenden Gläsern auf dem Tablett, denn die Eiswürfel darin waren schon ziemlich geschmolzen. "Für zehn Reais nehme ich dir einen davon ab". Zack, war der Deal ohne Widerrede ausgehandelt. Ich suche mir eine Bank, um diese Nummer 2, die ebenfalls lecker schmeckt, in Ruhe zu genießen. Mittlerweile ist es nach 17 Uhr geworden. 

Als ich mit der Nummer 2 fertig bin und aufstehen will, falle ich direkt wieder zurück auf die Sitzbank. Hey, was ist mit meinen Beinen los, denke ich noch, als ich den zweiten Versuch starte, mich zu erheben. Auch dieser Versuch scheitert kläglich. Ich habe nun die ganze Zeit aug dieser Bank gesessen und nichts vom Alkohol gespürt, geschweige denn von der Nummer 1 zuvor. Ich unterziehe im Sitzen alle meine Gliedmaßen einer Funktionsprüfung: Arme scheinen OK zu sein, vielleich etwas schwerer als gewohnt. Kopf schütteln ist auch ohne nennenswerte Auswirkungen. Beine strecken, auch kein Problem. Warum sollte es mit dem Aufstehen nicht funkttioneieren? Ich verstehe es nicht und stehe mit einem kräftigen Ruch auf. Oooooha - die Welt beginnt augenblicklich um mich zu kreisen. Es wird langsam dunkel und vielleicht sollte ich nicht mehr mit dem Bus fahren. Wo war denn noch die Haltestelle??? Google Maps weiß ja Bescheid. Aber ich finde die verflixte Haltestelle nicht. Okay, jetzt muss ich einen Uber haben. Wird teuer, mindestens das zehnfache des Bustickets, das weiß ich. Alter, ich kann nicht still stehen und jeder Schritt hat eine Varianz von 45º nach beiden Seiten von der Geradeauslinie. Mit schielenden Augen buche ich ein Uber. Hoffentlich findet der mich und ich ihn. Mamma Mia, sowas habe ich noch nie erlebt. Unterwegs im Uber erreicht mich eine WhatsApp-Nachricht von meinem Freund Frank H. Schreiben kann ich zur Zeit nicht, also schicke ich eine kurze Spachnacricht zurück. Was hab ich da eigentlich gesagt...?

Glücklicherweise habe ich auch das Ziel richtig eingegeben und der Fahrer bringt mich sicher an den Ort meiner Bestimmung. Was habe ich nun gelernt? Alkoholische Getränke diieser Art maximal ein Glas und bevorzugt in Gesellschaft genießen.

Stadion Maracana

Mein nächstes Ziel ist das Stadion, in dem am 13. Juli 2014 das Endspiel der Fußball-WM zwischen Argentinien und Deutschland ausgetragen wurde und Deutschland zum vierten Male den Titel errang. 

Quelle: Wikipedia; © Agência Brasil

Bei einer Führung konnte ich das Fußballmuseum bestaunen, deren Exponate bis in die Fünfzigerjahre zurück reichen und auf die Tribüne gehen.

Stadion Maracana

Kunstprojekte in Rio de Janeiro


Ilha Grande

14. Juni 2024. Inspiriert durch meinen Transatlantik-Skipper Ernie, der seine Reise nach unserem Abschied in Vitória in Richtung Süden fortgesetzt hatte und mir dann von seinem Besuch auf der ehemaligen Gefängnisinsel berichtete, habe ich diese Insel ebenfalls auf meine Liste gesetzt. Als wir gemeinsam von Kapstadt mit dem Segelboot ablegten, hatten wir uns Angra dos Reis als Landepunkt ausgesucht. Wegen der Wetterverhältnisse landeten wir ja zuerst in Caravelas und dann in Vitória, wo ich das Boot verließ. Nun aber komme ich auf dem Landwege dorthin.

Von Angra dos Reis zur Insel

Wer auf die Insel Ilha Grande will, hat verschiedene Abfahrtorte zur Auswahl. Ich entscheide mich für Angra do Reis, weil mein Skipper vielleicht noch dort ist, wenn ich ankomme. Da wir nur sporadisch Kontakt zueinander haben, lasse ich es auf den Versuch ankommen. Tatsächlich ist Ernie bereits weiter gefahren, als ich Angra dos Reis erreiche. So buche ich die Überfahrt nach Ilha Grande. Dort quartiere ich mich in Vila do Abraão im Hostel 'Mãe Natureza', einer sehr gemütliche Unterkunft mit freundlichen und hilfsbereiten Leuten, ein.

Vila do Abraão

Für den nächsten Tag steht eine Inselwanderung auf meinem Plan. Mit meinen Wanderstiefeln und Wanderstöcken mache ich eine Rund durch den Urwald dieser Insel. Teilweise ist der Pfad vor lauter wild wachsender Pflanzen kaum erkennar und die Wanderung aufgrund ständigen Auf und Ab bald ermüdend. Nun gibt es keine Starßen und Fahrzeuge auf der ganzen Insel, das heißt dass ich auf jeden Fall zu Fuß ankommen muss. es gibt ganz wenige kleine Ortschaften, von denen Vila do Abraão die größte ist. Unbegehbare Brücken, Riesenfarne, Wurzeln, die wie Riesenschlangen aussehen und andere interessante Dinge überraschen mich auf meinem Weg.

Im Norden der Insel erreiche ich einen ausgedehnten und ruhigen Strand mit relativ enigen Badegästen und werfe mich in die Fluten. Wooow, das tut gut.


Nach 20 km uun acht Stunden habe ich meine Wanderung, die mich stark an meinen Jakobsweg erinnerte, geschafft.

Zwei Nächte verbringe ich hier auf der Insel und reise weiter. Nächstes Ziel ist Paraty, wo ich einen VW-Bulli besichtigen will, den ich in den Verkaufsanzeigen gefunden habe.

Paraty

Hier treffe ich auf alte Häuser der ersten Kolonialisierung im 17. Jahrhundert, die sich durchweg alle in hervorragend erhaltenem Zustand befinden. Binnen zwei bis drei Stunden habe ich fast alles davon gesehen. Am interessantesten finde ich die Straßen, die aus super-grobem Kopfsteinpflaster bestehen und so tief liegen, dass sie in Hafennähe geflutet sind. Leider konnte ich nicht die Auswirkung der Tide beobachten, aber es ist schon beeindruckend, dass das Seewasser die Straßen bis in den Ort hinein läuft.

Altstadt von Paraty

Will ich auch haben...!

Doch dieser war nicht zum Verkauf ausgeschrieben. Der, den ich mir angeschaut habe, konnte meine Erwartungen leider nicht erfüllen. Zuviel Rost, beschädigte Scharniere und Beschläge, undichte Türen, und so weiter...


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