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Donnerstag, 20. Oktober 2022

Zehn herrliche Tage in Porto

Die WhatsApp-Nachricht 
Am 19. September trudeln mir zwei Nachrichten auf WhatsApp rein:
Nachricht #1: "Moin Großer, ich bin nur noch einen Klick entfernt, nach Porto zu fliegen. Geplant vom 25.9.-4.10. Ich hole mir einen Bus und fahr erst mal nach Norden zum Kap Finisterre und Santiago, dann Vigo und ab 1.10. habe ich ein Segelboot vor Porto im Hafen von Marina de Leca... Passt das bei Dir mit dem Boot??"

Und eine Stunde später #2 "Zack gebucht... mach jetzt den Bus klar... beim Boot warte ich noch... je nachdem ob wir dort zusammenkommen... Ich würde mich riesig freuen"
Ich bin total verdattert. Da ich ja nicht ständig mit dem Handy vorm Gesicht herumlaufe, sondern nur gelegentlich während meiner Pausen hineinschaue, sehe ich beide Nachrichten auf einmal. 

Da will mich wohl jemand auf den Arm nehmen, mutmaße ich. Als Absender sehe ich André B., ein guter Arbeitskollege von mir. (Nicht vergessen, ich bin immer noch Angestellter bei Airbus - auch wenn es ein spezielles Vertragsverhältnis ist und der Begriff "Mitarbeiter" jetzt nicht mehr so richtig zutreffend erscheint. Deshalb sage bitte niemand, ich sei im Vorruhestand oder gar in Rente. Diese Worte höre ich nämlich nicht. Sie werden von meinen Hörgeräten systematisch herausgefiltert 🤣.)
 
Und zack, das ist André. Seines Zeichens Wasserratte - Windsurfer, Wellenreiter und Segler. Außerdem Tüftler, süchtiger Flugzeugtechniker, Kurzstreckenwanderer, sprachbegabtes Kontaktgenie und wahrscheinlich noch viel mehr, aber das spielt jetzt gerade keine Rolle. 

Hängebrücke 516 Arouca
Ich befinde mich gerade in Póvoa de Varzim, als André mich einsammelt. Er kommt mit seinem Bulli aus Richtung Norden und plant einen Besuch an der längsten Fußgängerhängebrücke der Welt, die Ponte 516 Arouca.

Hier treffen wir Arved, noch ein ausgebüchster Deutscher aus der Gegend Bergstraße, der sich als Weltbummler entpuppt.
Anschließend werde ich wieder in der Nähe von Póvoa de Varzim abgesetzt, um die restlichen Kilometer bis Porto zu marschieren. 

WINDWALKER II
Im Yachthafen von Porto liegt die Segelyacht Windwalker II, die André für vier Tage als - wie soll ich sagen, als Pilgerherberge angemietet hatte. Ich bin total überwältigt von der Zuneigung, die ich auf meiner Reise bisher erlebt habe. So auch jetzt, da setzt sich ein Kollege in den Flieger, um eine Zeit mit mir zu verbringen. I am absolut platt about it. 

Dieser Segler hat eine Länge von 12 m, einen Salon und drei Kajüten für vier Personen. Ich bin restlos begeistert!!!

Kaum angekommen, beginnt auch schon mein Crashkurs in Segelkunde. André erklärt mir die wichtigsten Bauteile am Boot, Sichtbare und Unsichtbare: Mast mit Windfahne, Radar und Radarreflektor, Baum (pass auf deinen Kopf auf), Wanten (hier bitte dran festhalten), Fallen, Fock und Großsegel, Salinge, Reling (bloß nicht dran festhalten), Winschen, Ruderrad statt Pinne, usw. Sämtliche Klappen und Türen wurden aufgemacht, um zu sehen und zu wissen, was wo verstaut ist. Denn auf See ist eine Sache höchst unpraktisch: ein Griff, und die Sucherei geht los. Unter Deck ist Kartenlesen und Theorie dran.

Auf hoher See (für meine Verhältnisse)
Schon der zweite Tag an Bord der Windwalker II verheißt Aufregung. Erstens ist das Wetter bei fast wolkenlosem Himmel schön windig, und zweitens hatte André bei Aude, der Vermieterin, nachgefragt, ob wir für einen Tag raus aufs Meer dürfen. Aude hat unter der Bedingung, dass wir einen ihr bekannten Skipper mitnehmen würden, zugestimmt. Sie machte ein Arrangement mit einem Mann namens Fernando, den wir ob seiner angenehmen Art sehr schnell ins Herz geschlossen haben. 

Kaum waren wir mit Motorkraft aus dem Hafenbecken heraus getuckert, so hatten André und Fernando sich abgesprochen, sollte ich das Ruder übernehmen. Au weia - ob das wohl gut geht? Nun ja, der Atlantik ist ja groß. Aber zunächst gilt es noch zwei Süd-Bojen, die Untiefen markieren, zu umschiffen. Geschafft!

Dann Kurs aufs Meer, mit steifem Wind aus ca. 30° von vorn Steuerbord. Meine Aufgabe dabei, den Wind schön gleichmäßig im Segel zu halten. Da die Wellen von vorn Backbord anrollen, habe ich zuerst ganz gut zu tun, bis ich mich nach etwas Zeit daran gewöhnt hatte und ein Gefühl für das Zusammenspiel bekomme. Heijeiii... jetzt macht es Spaß!!!
Dann die Wende, und der Wind kommt von hinten und schiebt uns wie verrückt. Aber jetzt kommen auch die Wellen von hinten und es fühlt sich an, als ob ich auf einem Friseurstuhl sitze, der andauernd rauf und runter gefahren wird. Also wieder ein neues Segelgefühl lernen. Ich glaube, in dieser Richtung hat es länger gedauert, das Gefühl zu bekommen. Aber sei's drum, es hat auch geklappt. Die beiden Skipper tranken jedenfalls in völliger Trance ihr Segelbier.
Vor der Mündung des Douro hat André das Ruder übernommen. Er will bis zur Innenstadt fahren. Das geht allerdings nur mit Motor, denn schon im Mündungsbereich ist der Wind schwächer und bald fast völlig abgeschattet, also Flaute. Dadurch wärmt die Sonne uns natürlich total auf und kaltes Bier wird aus dem Kühlschrank zu Tage gefördert. Der Blick auf die Stadt Porto hat vom Fluss aus einen besonderen Charme. Wir haben es alle drei genossen. 
Es war ein Heidenspaß und ein herrliches Erlebnis, das ich gern wiederholen würde. 

Schichtwechsel 
Am 4. Oktober will André unbedingt zurück nach Hamburg. Er redet von Team-Event und so Zeug. Ich finde, das könnte ganz hervorragend in Porto stattfinden. Dann wäre sogar ich dabei. Schließlich setzt André sich durch und in der Rück-Flieger. Bye-bye, André. Das waren geile vier Tage!
Aber ich bleibe nicht allein. Vorerst jedenfalls noch nicht. Kaum ist André hinter dem Sicherheitscheck verschwunden, wartet am Busbahnhof des Airports Yucy auf mich. Auch sie hat ein paar freie Tage für einen Trip nach Porto genutzt. Ob ich für sie der Grund für dieses Reiseziel bin? Wer weiß...

Ich lasse es mir jedenfalls nicht nehmen, meinen Aufenthalt in Porto etwas auszudehnen. 

Gemeinsam mit Yucy macht es Spaß, Porto noch einmal zu entdecken. Allein hätte ich es vermutlich nicht gemacht, nach dem Motto: Augen zu und durch. Aber die Stadt bietet viel zu sehen und erleben für ein paar Tage. Mein erster Besuch in Porto (siehe hier) gab mir daher auch etwas Orientierung. 

Ponte Dom Luis I 
Noch an diesem ersten Nachmittag war die sensationelle Eisenbrücke, die im Stil des Eiffelturms und von eben desselben Unternehmens errichtet wurde, unser Ziel. Von hier bekommt man einen schönen Überblick über die Stadt. Auf der rechten Seite des Flusses die Altstadt von Porto und auf der linken Seite - Gaia, eine eigene Stadt, in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Portweinkellereien entstanden: Cálem, Graham's, Sandeman, usw.
Später im Licht der Dämmerung ein fantastischer Ausblick!

Meet & Greet old Friends 
Vor über 30 Jahren haben Yucy und ihre Schulfreundin Elisandra sich das letzte Mal gesehen. Das Wiedersehen ist rührend und es fließen Freudentränen. 
Elisandra ist völlig aus dem Häuschen, und will uns mit ihrem Mann zusammen möglichst viele schöne Ecken der Umgebung zeigen. 

Sie entführt uns nach Gafanha da Encarnação, einem Dorf am Strand des Atlantiks, das durch die Farbenpracht der Häuser besticht. Leider habe vor lauter Begeisterung versäumt, Fotos zu machen. Darum habe ich hier einen Google-Suchlink hinterlegt.

Später lernen wir etliches über die Entstehung der Portweinkellereien. Ich wusste nicht, dass es Engländer waren, die entscheidenden Einfluss auf diese spezielle Art der Herstellung nahmen. Daher auch die britisch klingenden Firmennamen, wie z.B. Graham's.

Lello Livraria
Harry Potter Fans sind es wohl, die diesen Buchladen - etwas anderes ist es ja nicht - zu einem Highlight machen. Na gut, das Interieur ist tatsächlich nicht alltäglich. Und wohl genau deshalb hat sich die Mutter Harry Potters, also die Autorin Joanne K. Rowling hier inspirieren lassen. Und nun kommen täglich bis zu über 4.000 Besucher, um diesen Ort zu sehen. An der Stelle der Geschäftsleitung hätte ich genauso gehandelt: 5 Euro Eintritt, die ggf. beim Kauf eines Buches verrechnet werden.
Fast zwei Stunden stehen wir an, um eingelassen zu werden. Eigentlich nicht mein Ding, aber was tut man nicht alles für eingefleischte Fans. Drinnen sieht es wirklich bezaubernd aus. Lohnt sich das Anstehen nun? Ich denke, das muss jeder für sich selbst entscheiden. 

Irish Pub
Da gehst du einfach ganz unschuldig für einen Irish Coffee zum Aufwärmen und danach ein gepflegtes Guinness in einen Irish Pub und dann... jo mei - is dr gonze Lode mit Bajuwaren besetzt *lach*. Das Schöne daran, du bist binnen zehn Minuten integraler Bestandteil der Truppe, einschließlich Yucy. Und wir haben reichlich Spaß miteinander auf Englisch, Spanisch und Deutsch. 
Einzig 5,50 Euro pro Guinness fühlt sich allerdings ziemlich happig an. 
Yachthafen (diesmal ohne maritime Ambitionen) 
Der Spaziergang entlang der fast 5 km langen Strandpromenade führt uns in die Nähe des Yachthafens und Yucy möchte gerne die Windwalker II sehen, von der ich soviel erzählt hatte. Glücklicherweise treffen wir Aude, die Vermieterin an, die uns ohne weiteres Zutritt zum Boot gewährt. Sie meint nur: "Horst, du kennst das Boot jetzt ja in- und auswendig". Schnell ein paar Fotos geschossen, bevor es dunkel wird.
Straßenbahn Museum
Wie in Lissabon verkehren auch in Porto noch eine ganze Reihe von historischen Straßenbahnen. Zwar sind sie in erster Linie touristische Attraktionen, doch kann man sie auch prima für den Weg aus der Innenstadt zum Atlantik nutzen. 
Im Museum wirst du nochmal richtig um einhundert Jahre zurück versetzt, weil keine modernen Fahrzeuge da sind, den diesen Eindruck beeinträchtigen.
Die kleine Französin
In Porto erzählt man sich die Geschichte, dass ein junger Mann aus Porto in ein Französisches Mädchen verliebt war. Er wollte ihr etwas Gutes tun, hatte aber nichts, außer Brot, etwas Schinken und Käse und ein Ei. Dann brutzelte alles zusammen und servierte dies seiner Angebeteten. Heute ist dies eine Spezialität, auf die ganz Porto stolz ist: Françesinha.
Abschließend hier noch ein grundsätzliches Statement über die Stadt.

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