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Montag, 8. April 2024

Südafrika

 

Tafelberg mit dem Lionhead zur Rechten und dem Devils Peak zur Linken

Südafrika 🇿🇦

Einreise nach Südafrika

18. Dezember 2024, hier am Grenzübergang Vioolsdrif am Highway B1 (Namibia) / 7 (Südafrika) der Hauptverkehrsader zwischen Windhuk und Kapstadt, beginnt meine Südafrika-Expedition. Die Grenzkontrollen passiere ich mit Rossouw, meinem ultracoolen kiffenden Freund, 

der mich in Keetmanshoop in Namibia als Anhalter aufgelesen und mitgenommen hatte. Kurz vor dem Grenzübergang schlug Rossouw vor, am Abfertigungsschalter getrennt zu erscheinen, weil er nicht sicher ist, ob es zu verhörähnlichen Fragen kommt, wenn ich als Ausländer mit ihm gemeinsam im Auto die Grenze passieren wollte. Darauf habe er Null Bock. Folglich will ich mich abermals als Fußgänger abfertigen lassen. Als nun am Schalter an die Reihe komme, so scheint mir, dass sich der Grenzbeamte nicht so recht mit der Spezies 'Fußgänger' nicht auskennt und kategorisiert mich kurzerhand als Radfahrer. 


"Was kostet's?" will ich wissen und greife nach meiner Kreditkarte. "Nichts! Südafrika ist kostenlos für Sie", so die Antwort. Wow - sehr angenehm, finde ich. Wie schon in Zambia, Botswana und Namibia aus - Eintritt frei für drei Monate. 

Weiter geht die Fahrt mit Rossouw über Springbok und Bitterfontein bis nach Klawer. Dort in der Nähe wohnt seine Tante, die Rossouw gerne besuchen möchte. An der Tankstelle von Klawer setzt er mich ab. Er geht schnell zur Toilette - und bevor er zurück ist, um uns voneinander zu verabschieden, habe ich schon meinen nächsten Fahrer gefunden. Riaan, der gerade mit Tanken fertig ist und Kapstadt zum Ziel hat, ist spontan bereit, mich mitzunehmen, als ich ihn frage. In Wirklichkeit will er nach Durbanville (oder so ähnlich), aber das erfahre ich erst später. Schnell ist das Gepäck umgeladen - mein Rucksack ist ja sooo viel Gepäck (hehe). Eine kurze, aber knackige Verabschiedung von Rossouw, und schon sitze ich in einem edlen Mercedes-Benz der C- Klasse. Was für eine coole Art zu reisen und stets neue Leute kennenzulernen.

Riaan macht auf mich den Eindruck eines erfolgreichen Geschäftsmannes. Er zeigt mir gegenüber eine freundlich-offene und an meinen Reiseerlebnissen neugierige Haltung. Auch mit ihm entsteht über die fünfstündige Fahrt eine gute Freundschaft. Wir reden über alles mögliche, oder - wie wir es in Deutschland ausdrücken, über Gott und die Welt. Wieder einmal mehr bin ich fasziniert, wie schnell und tiefgründig eine herzliche Verbindung entsteht. Dafür bin ich außerordentlich dankbar, denn es gibt für mich kaum etwas Schöneres, als gute Verbindungen zu anderen Menschen. 

Als wir uns Kapstadt nähern und ich mich nach Riaans Ziel in Kapstadt erkundige, nennt er Durbanville. Ich staune, als ich auf Google-Maps sehe, dass der Ort doch ein Stück Abseits von Kapstadt liegt. Riaan lässt sich aber nicht beirren und fragt mich im Gegenzug, wo genau mein Ziel wäre. "Hm", sage ich, "ich weiß nicht. Vielleicht sollte ich langsam mal ein Hostel buchen ". Da habe ich schnell Booking.com angeworfen und - zack - das preiswerteste Hostel gebucht. Somit habe ich plötzlich eine Adresse. "Fein", sagt Riaan, "dann wollen wir doch mal sehen, wo das ist". Er gibt die Adresse in sein Navi ein und eine gute halbe Stunde später sind wir da. Boah ey - was es doch für wundervolle Menschen gibt. Wir verabschieden uns mit den besten Wünschen für das bevorstehende Weihnachtsfest und das neue Jahr. 

Ich bin tief bewegt über die Menschen, die ich in der vergangenen Woche kennen lernen durfte, und die mir überaus große Freundschaft erwiesen haben: Johan, Rossouw und Riaan. Doch es wäre ein großer Fehler und ungerechtfertigt gegenüber den vielen anderen Menschen, die mir zuvor schon auf meiner ganzen Reise vom ersten Tag an begegnet sind und mir ebenfalls solche Hilfe, Unterstützung und Verbundenheit erwiesen haben. Wie soll ich sie nur alle aufzählen, ohne einen zu übersehen?

Cape Town

Immer noch 18. Dezember 2024. Nun bin ich hier, in der Stadt, die ich seit langem schon einmal besuchen wollte. Damals, als ich Cecil kennen lernte, der als Student aus Worcester nach Göteborg in Schweden kam und häufig bei meinem Bruder Harald zu Gast war und dadurch ein guter Freund für mich wurde. Oder, wenn mein supa-dupa Arbeitskollege Bernd, der Jahr für Jahr nach Kapstadt reist und nach jeder Rückkehr von der Stadt und Südafrika schwärmte. Oder, wenn Gottesdienste von Kapstadt nach Europa live übertragen wurden und mich mit ihrer grandiosen Musik auf meiner Kirchenbank immer ganz zappelig machten...

Allzu lange habe ich davon geträumt, hier einmal her zu kommen. Und jetzt ist es Wirklichkeit geworden. Ich sitze hier im 'Green Elephant Backpackers' Hostel und es fühlt sich total unwirklich an, wie in einem Film. Ich bin total aus dem Häuschen und kann es niemandem zeigen, der mitfühlen kann. Selbst als ich ein paar Leute per WhatsApp anrufe, von denen ich denke, sie könnten meine Emotionen nachempfinden, spüre ich, dass ich damit doch alleine bin. Nur zu gerne hätte ich jetzt einen Seelenverwandten bei mir. Nun ja, man kann wohl nicht alles haben - jedenfalls nicht gleichzeitig. So finde ich mich damit ab, dass es jetzt halt so ist, wie es ist. 

Der stärkste Magnet in Kapstadt ist für mich die Neuapostolische Kirche mit ihrer Musik. Es ist die Art von Kirchenmusik, bei der mein Herz aufgeht, wo ich nicht mehr still sitzen kann. Das, was die hier entstehen lassen, ist alles andere als ein simples Vortragen von sakralen Liedern und Stücken, es ist jedesmal eine mitreißende Darbietung mit einem großen Chores und Orchester auf Spitzenniveau, und zugleich in Demut und Freude. Schwer zu beschreiben, aber total mein Geschmack! Dabei sind es zumeist Lieder, die ich aus unserem Gesangbuch kenne, welche auch in Gottesdiensten in Deutschland gesungen werden. Aber was die Geschwister in Kapstadt musikalisch daraus machen ist einfach phänomenal! 

Seit Jahren schaue ich deren Konzerte auf YouTube immer wieder rauf und runter, als wäre ich süchtig, und habe mir immer gewünscht, einem solchen Konzert wenigstens einmal beiwohnen zu können (Meine Cape Town YouTube Playlist).

Christmas Concert at the NAC Silvertown Auditorium

Da diese Konzerte an und für sich nur zu besonderen Anlässen stattfinden, hatte ich mich im Vorhinein nicht wirklich allzu großen Hoffnungen hingegeben, ein solches Konzert zu erwischen. Insgeheim es mir aber sehr, sehr gewünscht.

Nachdem ich nun in Cape Town eingetroffen war und mich auf der NAC South Africa Webseite umschaue, sehe ich, dass genau auf meinem ersten vollen Tag in dieser Stadt, dem 19. Dezember 2023, ein Weihnachtskonzert stattfindet. Doch oh nein, es ist schon ausverkauft.  Wie blöd ist das denn! Hätte ich doch schon in Windhuk in der Webseite gestöbert und mir rechtzeitig ein Ticket gesichert, als noch Zeit genug war! Ich überlege einen Moment und denke mir 'probieren geht über studieren' und habe mir spontan vorgenommen, am nächsten Tag einfach hinzufahren und zu schauen, ob vielleicht jemand sein Ticket aus irgendwelchen Gründen zurück gibt.  

Als ich dann da war, frage ich einen Bruder vor dem Tor. Ich sagte, ich hätte kein Ticket; ob vielleicht jemand sein Ticket zurück gegeben hätte. "Woher kommst du denn", fragte er. "Wow, aus Deutschland? Komm mal mit, für dich finden wir schon noch einen Platz". Er nahm mich an die Hand, führt mich hinein und weist mir einen Platz zu. Ich darf da rein ohne ein Ticket.




Als ich da nun so sitze und noch gar nicht fassen kann, wie mir geschieht, da fühlt es sich an, als würden Weihnachten und Ostern und Geburtstag und ein Lottogewinn alles auf einmal zusammenfallen!!!

Das Orchester besteht aus Junioren im Alter so bis 20 Jahre. Dazu ein Kinderchor, der nur so gesprüht hat von Energie und Freude. Es ist der Hammer, was die hier abliefern! Das Konzert erinnert mich an das Kids-2-Kids Konzert, als ebenfalls ein Kinderchor aus Kapstadt 2008 im CCH in Hamburg aufgetreten war. Wer kann sich noch daran erinnern? Leider gibt es von diesem Konzert keine Aufzeichnung auf Tube von You.

Die nachfolgenden Tage laufe ich mit einem Dauergrinsen durch die Gegend und fühle mich unendlich gesegnet und dankbar.

Kapstadt Sightseeing auf eigene Faust

CBD (Center Business District) und Waterfront

Für einen ersten Eindruck über Kapstadt setze ich mich in einen dieser roten Hop-on Hop-off Doppelstockbusse, die mit Kopfhörer für jeden Sitz ausgestattet sind. Ich nehme die 'blaue' Linie. Sie führt einmal um den Tafelberg herum. 

In Hout Bay steige ich aus. In dieser Bucht liegt ein wunderschöner Strand und es gibt einen kleinen Fischerei- und Yachthafen, etliche Fischrestaurants, maritime Geschäfte und einen Markt. Nachdem ich alles gesehen habe, lasse ich mir ein leckeres Fischfilet servieren. 

Danach geht's weiter mit dem nächsten der roten Busse, vorbei an den zwölf Aposteln - das sind zwölf markante Felsvorsprünge entlang der Küste, wo auch noble Wohnviertel entstanden sind - weiter bis zur Waterfront. Hier kann man im Touristenstrom mitschwimmen und endlos viele Restaurants und Läden durch bummeln, die Pier ablaufen und ein laufende und auslaufende Yachten vor der Kulisse des Tafelberges bestaunen, Seehunde im Hafenbecken beobachten, Tagesfahrten nach Robben Island, Wal- und Pinguinsafari, Hubschrauberflüge und anderes buchen. Hier fällt das Geldausgeben nicht schwer. Ich glaube, dass sich jeder Tourist sich wenigstens einen Tag an der Waterfront wiederfindet. Hier gibt es für mich nichts Außergewöhnliches. Ein paar Fotos geben das Flair vielleicht am besten wieder.






Den Tafelberg bezwingen

Der Tafelberg ist rechts und linkst flankiert von zwei Bergen, dem Devils Peak zur Linken und dem Lions Head zur Rechten - von der Stadt aus gesehen. Ein wahrhaftig schönes Bild. Durchs Fenster meines Hostels sehe ich den Devils Peak jeden Morgen, wenn ich aufwache. 

Dass ich den Tafelberg aber nicht nur von unten angucken will ist sofort klar. Und als ich höre, dass es auch Wanderwege gibt, die dort hinauf führen, ist ebenfalls klar, dass die Seilbahn nur etwas für Touristen ist, die zuhause berichten wollen "Ich war auch da oben", oder für fußkranke Menschen, die auf Hilfe von Außen angewiesen sind. Für mich kommt nur der Wanderweg und die Besteigung aus eigener Kraft infrage. Zum Glück habe ich noch immer meine Wanderstiefel im Rucksack dabei. Ihnen zu Ehren erklimmen ich den Tafelberg.

Laura, eine junge Lady aus Deutschland hat sich ebenfalls im Green Elephant Backpackers einquartiert und erzählt mir beim Abendessen, dass sie zu Fuß den Tafelberg rauf will. Wir kommen schnell überein, die Unternehmung gemeinsam anzugehen. 

Am nächsten Morgen bringt uns ein Uber-Fahrer zur Talstation der Tafelberg-Seilbahn, wo zwei der Wanderwege beginnen. Angesichts der vertikalen Klippen des Berges, wundere ich mich zunächst, wo um Himmel Willen der Pfad hinauf zum Plateau führen soll. Aber ich bin zuversichtlich. Ich hatte ja schon mit Leuten gesprochen, die das schon hinter sich hatten und sagten, dass es kein schwerer Weg sei. Nun denn.….wir lachen darüber. 

Laura geht den schmalen Pfad voraus. Dann kommt nach vielleicht zweihundert Metern ein Querweg, der zu einer Entscheidung herausfordert: rechts oder links. Beide Wege führen nach oben. Hmmm... wir entscheiden uns für rechts. Nach einem halben Kilometer unterlaufen wir die Seilbahn, und etwas weiter geht es um die Kante des Berges. Bis hierher verläuft der Pfad horizontal und wir haben noch alle Höhenmeter vor uns. Hinter der Kante scheint es, dass wir klettern müssten. Darauf haben wir beide keine Lust. Also zurück marsch, marsch, bis zu der Stelle, wo wir die Entscheidung für links hier und jetzt treffen. Ein Kilometer for nothing? Ist halt so! 

Doch der linke Weg hält uns noch viel länger auf gleicher Höhe. Ich glaube es sind zwei Kilometer bis zu jener Abzweigung, die in eine Schlucht hinein und dort nun mit jedem Schritt höher führt. Nach fünfzig Metern sind wir bereits voll durchgeschwitzt. Ist eben auch halt so!


Die letzten 100 Meter, von unten…
…und von oben

Für Seilbahnfahrer herrscht heute ein Bombenwetter - keine Wolke am Himmel, dass man bis New York gucken kann. Für Wanderer ist der Wind ein Segen, doch im Schatten kurz ausruhen? Fehlanzeige. Kein Baum, nur niedriges Gebüsch. Die zwei Liter Wasser werden minutiös eingeteilt. Es ist egal, dass es von der Sonne auf Pipi-Temperatur gebracht wurde. Wir kämpfen uns aufwärts. Und sind nicht allein. Viele andere haben sich ebenso auf den Weg gemacht. Nach gut zwei Stunden haben wir es geschafft und sind am Restaurant der Bergstation angekommen, wo wir uns erfrischen. Dafür müssen wir allerdings erstmal eine halbe Stunde Schlange stehen - wegen der vielen Seilbahnfahrer. Aber wir werden mit einer atemberaubenden Aussicht über Kapstadt belohnt.

Wanderroute

Kapstadt vom Tafelberg

Robben Island

Die Gefängnisinsel auf der Nelson Mandela achtzehn Jahre inhaftiert war, gehört auch zu den Empfehlungen, die mir von Freunden ans Herz gelegt wurden, die vor mir in Kapstadt waren. Also habe ich mir ein Ticket gekauft. Eigentlich hätte ich zwei Tage warten sollen, wie eine ältere Dame und ihre zwei jugendliche Enkel, die gerade vor mir am Schalter ihre Tickets gekauft hat. Alle Touren bis dahin seien voll und ausgebucht. "Sind Sie allein?" höre ich jemand sagen. Ich drehe mich um und sehe eine junge Frau in der Uniform der Mandela-Stiftung die mich ansieht. "Yes madam" entgegne ich. "Come on, hurry up and get on the ferry outside!" Und zack, habe ich zwei Tage gewonnen. 

Die Fahrt dauert so ungefähr vierzig Minuten. Es ist warm und keine Wolke spendet Schatten. Auf der Insel wartet ein Bus mit einem Guide auf uns. Ich erfahre, dass fast alle Guides ehemalige Gefängnisinsassen sind und es ihnen ein Anliegen ist, authentisch zu berichten. 

Ich bin überrascht, zu hören, dass es hier nicht nur das eine Gefängnis gibt. Nein, es sind drei kleine Gefängnisse und das große Hochsicherheitsgefängnis, in den Mandela und andere gebildete Revoluzzer verwahrt wurden. Eines der drei kleinen Gefängnisse war ein muslimisches Gefängnis. 

Was gibt es dort zu sehen? Abgesehen von den Berichten des Guide, gibt es fast keine Informationstafeln und keine Fotos, die ich hätte ansehen können. Nacktes Gemäuer der Gebäude und unüberwindbar hoher Einfriedungen, etliche Mehrbetträume und viele Einzelzellen, von denen eine Nelson Mandela bewohnte. 

Ohne Fotos und Beschreibungen ist mir die Exkursion schnell langweilig geworden. Aber ich kann jetzt wenigstens sagen, ich war dort. 

Christmas afternoon at Camps Bay Beach

Es gibt einen Song, den der NAC Cape Town Children Choir auf einer seiner CDs aufgenommen hatte: 'Christmas in Cape Town'. Dieser Song geht mir seit Tagen durch den Kopf und inspiriert mich, Weihnachten an einem der Strände zu verbringen. So fahre ich mich am Nachmittag des 25. Dezember nach Camps Bay Beach. Hier weht ein so heftiger Wind, dass aufgewirbelte Sandkörner wie tausend Nadeln auf der Haut pieksen. Aber mir gefällt es, denn auch das Meer kracht mit wilden Wogen ans Ufer. Den ganzen Nachmittag bleibe ich hier und genieße es. Es ist warm und viele Leute haben die gleiche Idee.


Silvester mit Shawn

Über Kapstadt wird nachgesagt, dass sich 10% der Bewohner zur Konfession der Neuapostolischen Kirche bekennen. Wooow... das würde bedeuten, dass statistisch jeder Zehnte, der mir hier begegnet, mein Bruder oder meine Schwester im Herrn ist. Wenn das stimmt - krass!!! Tatsächlich fällt mir auf, dass es Kirchen zuhauf gibt. Könnte also was dran sein, an dieser Behauptung (von ich gerne wüsste, wer sie aufgestellt hat). Selbst wenn die Zahl völlig aus der Luft gegriffen wäre, so ist die Dichte der Glaubensgeschwister hier (wie auch schon in Sambia) auf jeden Fall deutlich höher, als in meinen heimatlichen Gefilden. 

Und ich hätte gerne einen Freund in dieser Gemeinschaft. Da fällt mir der Bank-Hans, auch Zwiener-Hans genannt (weil da gab es auch noch den Kies-Hans), ein, der Cousin von Marianne, meiner Lieblingsfreundin in jungen Jahren aus Miesbach in Oberbayern. Lange, lange ist's her. Dieser Hans hatte damals schon, Mitte der Achtziger, enge Kontakte nach Kapstadt. Das fiel mir spontan wieder ein. 'Ob ich den mal frage?' frage ich mich. 'Klar!' antwortet eine innere Stimme sofort. Artig wie ich manchmal sein kann, mache ich mich eiligst an die Recherche und werde nach wenigen Minuten bei Facebook fündig. Aber was schreibe ich ihm am besten? 'Hey Hans, ich bin in Kapstadt und suche einen Freund. Hast du jemanden für mich?' klingt irgendwie total bescheuert. Hab's aber trotzdem so gemacht - und mit ein paar netten Worten drumherum. 

Kurze Zeit darauf bekomme ich Antwort. Hans berichtet mir von Shawn und schickt mir dessen Nummer. Als ich dann Kontakt zu Shawn aufnehme, erhalte ich eine Einladung zu seiner Silvesterparty, mit den Worten, "Hans' Freude sind auch meine Freunde! Am besten, du kommst schon am frühen Nachmittag, dann nehme ich dich mit zum Jahresabschlussgottesdienst."

Gesagt, getan. Ein Uber-Fahrer bringt mich nach Mitchell's Plain, wo Shawn wohnt. Wir machen uns miteinander bekannt. Shawn ist noch sehr jung - drei Jahre jünger als ich. Zuerst bittet er mich ins Obergeschoss auf die Veranda. "Schau mal" sagt er und zeigt in eine Richtung über die Dächer des Stadtteils. In einer Entfernung von vielleicht einem Kilometer wölbt sich das Dach der weltweit größten Neuapostolischen Kirche - Tafelsig. Cool!!! "Bist du Vorsteher dort?" frage ich ihn. Er verneint lachend. Von hier bis dort gibt es noch etliche Gemeinden." Und dann fahren wir zum Gottesdienst seiner Gemeinde, vorbei an zwei weiteren Kirchen. Von einer der beiden sagt er, dass dies seine eigentliche Gemeinde sei. Aber die Kirche mit ihren 1800 Sitzplätzen sei zu klein geworden. "Wir mussten ausweichen und haben ein Haus gekauft und innen die Wände heraus genommen. Da haben wir jetzt Platz für 300 Geschwister." Tatsächlich... und die 'Hütte' ist gerammelt voll. Shawn als Vorsteher dieser Wohnhausgemeinde führt den Gottesdienst durch. Danach stehen drei Familienbesuche auf dem Programm. Überall nimmt er mich mit und ich lerne eine Menge Neues über praktische Seelsorge.

Als ich diese Gemeinden hier sehe, frage ich mich, warum die Gemeinden in Deutschland zur Zeit immer kleiner werden und hier eher das Gegenteil der Fall ist. "Was läuft hier bei euch anders, als bei uns in Deutschland?" will ich wissen, als wir wieder im Auto sitzen. "Naja" sagt er, "ich weiß zwar nicht, was ihr dort macht oder nicht macht. Aber ich kann dir sagen, WAS wir hier machen: Erstens, das Wichtigste: die Gottesdienste - also die Predigten, sind authentisch. Das heißt, die Menschen verstehen, was sie hören und können es direkt auf ihr individuelles Leben beziehen. Zweitens machen wir viel Fellowship. Das heißt, wir treffen uns häufig, einerseits durch die Gemeinde organisiert und andererseits unorganisiert auf privater Ebene. Familien, Freundschaften, und so weiter. Und da wird dann nicht über Kirche geredet, sondern über alles mögliche, was uns gerade bewegt. Drittens haben wir sehr viele Angebote, wobei Musik mit ihrer stark verbindenden Kraft den größten Teil ausmacht. Und das spricht sich herum. Wenn ein Apostel in die Gemeinde kommt, dann ist immer auch Versiegelung - immer!" Ich lausche gespannt und bin maximal fasziniert. 

Kurz bevor wir zurück zu seinem Haus kommen, sehen wir etliche Leute an der Straße stehen, sowie ein Polizeifahrzeug und einen mit Flatterband abgesteckten Bereich. Dort liegt auf dem Gehweg eine mit Decken abgedeckt Person. "That was a shooting", kommentiert Shawn die Szene. "Wie oft kommt so etwas hier vor", frage ich ihn. "Oft. Einmal im Monat. Manchmal jede Woche. Es handelt sich immer um Drogen. Da will einer woanders dealen. Peng - und tot ist er."

Shawn ist ein Mensch mit einem großen Herzen. Und mit einem klaren Standpunkt. Erst im Juli hatte er seine Frau verloren - und ist jetzt schon wieder verliebt. Dass Trauer einer neuen Verbindung schon nach wenigen Monaten nicht im Wege stehen muss, dafür ist er ein lebhaftes Beispiel. Er gibt zu, dass es auch in ihm gibt es eine Stimme gibt, die sagt, daß sollte man nicht machen so früh. Doch er weiß, dass seine Empfindungen echt sind - beide, die Trauer und das Verliebtsein. "Warum sollte ich das eine zulassen und das andere verdrängen? Weil andere Leute es nicht verstehen?? Ich verstehe es ja selber nicht," sagt er und lacht. "Nein, aus dem Alter bin ich raus, dass ich mich um die Meinung anderer kümmere. Die sollen sich selbst um ihre Meinung kümmern. Ich habe meine! Und die ist mir wichtiger, als die der anderen." 

So werde ich am Silvesterabend 2023 Zeuge einer ganz besonderen, beneidenswerten jungen Liebe gereifter Persönlichkeiten. 


Flower-Power by Shawn 

Zum Dank für die Silvesterparty habe ich mich bei Shawns Floristik zur Mithilfe eingeteilt. 

Shawn setzt das beliebte Floristikgeschäft seiner verstorbenen Ehefrau auf dem Markt von Atlantis, nördlich von Kapstadt, fort. So habe ich mich mit ihm für den ersten Markttag im neuen Jahr verabredet und konnte die junge Freundschaft mit Shawn vertiefen.


New Year's Divine Service by DAP Peter Lambert

7.1.2024 New Year's Divine Service held by the recently ordained DAP Peter Lambert in Silvertown. I am entitled through my new friend Shawn, who got me an access ticket. This Divine service makes me enthusiastic, not because of the music performance alone (which again was awesome), but because of the clear, enlightening and inspiring sermon. I vote Peter Lambert for Chief Apostle!

YouTube Videos (unfortunately removed):

  • Horst zu sehen bei 44:52 - 44:58 und 52:48 - 53:18
  • Start Signal bei 45:47
  • Lied nach Abendmahl für Entschlafene bei 1:54:18 - 1:57:12
  • Abschlusslied bei 2:06:40 - 2:11:36

Volleyball Clifton Beach

Tolle Dinge können geschehen, wenn man jemanden kennt, der jemanden kennt, der jemanden kennt. So bekomme ich die WhatsApp Nummer von Nicci, eine quirlige Lady, mit Verbindungen nach Deutschland. Ohne dass wir uns jemals gesehen hatten, lädt sie mich nach Clifton Beach ein, um mit ihren Leuten Volleyball zu spielen. Da lasse ich mir nicht zweimal bitten...

Mit ein paar Schürfwunden komme ich später wieder ins Hostel. Hab unbedingt noch den Ball catchen wollen und dabei 'ne Schwalbe über den einzigen Felsblock in der Gegend, der zwei Meter neben dem Spielfeld liegt, gemacht. Aber Spaß hat‘s gemacht. Grüße gehen raus an meine Volleyball-Freunde vom MTV in Ahlerstedt.

Dünenflug bei Langebaan

Südafrika ist ein Eldorado für Gleitschirmpiloten. Ich suche einen Fluglehrer und finde Ria, der mir die Einweisung zum Dünenflug, und noch viel wichtiger, den passenden Gleitschirm zur Ausleihe anbietet. Geil, ich bin dabei! 

Bei Langebaan ist eine große Bucht, die von einer kilometerlangen und 50 Meter hohen Sanddüne gesäumt ist. Wenn der Wind richtig steht, weht er ungestört übers Wasser und gibt eine Auftriebszone entlang der Düne. Da kann man in diesem Aufwind an der Düne entlang fliegen, im Fachjargon 'Soaring' genannt, oder man kann auch still über einem Punkt schweben. Mega cool!

Überprüfung der Flugumgebung und Windverhältnisse

Horst steht auf der Bremse und kriegt kaum Höhe 🙈

Stellenbosch 

Die bekannteste Weinregion Südafrikas liegt in den Bergen in und um Stellenbosch, einem sehr hübschen Städtchen etwa 30 km östlich von Kapstadt. Ich mache den Fehler, für einen Tag nach Stellenbosch zu fahren. Ich bin der Meinung, drei Tage sind das Minimum. Die Stadt, die Berge ringsherum mit ihren Wanderwegen und die Weingüter - es ist so schön, dass man nicht wieder weg will. Und ein Tag ist definitiv zu kurz! 

Bilder sagen mehr als tausend Worte:










Dennoch bleibt es für mich bei diesem einen Tag. Nachdem ich die Stadt im Schnelldurchgang gesehen habe, gehe ich auf Weinsafari und besichtige und weinprobiere ich 'nur' zwei Weingüter. Köstlich! 

Großherzigkeit & Fürsorglichkeit in Hartswater

'Mitgehangen, mitgefangen', sagt eine alte deutsche Redensart. Als Gast im Hause Oosterhuizen, so hatte Johan mir bereits bei seinen wiederholten Einladungen auf dem Weg von Windhuk nach Keetmanshoop, mir einen Besuch bei sich schmackhaft zu machen, würde er dafür sorgen, dass mir nicht langweilig werden sollte. Uijuijui... dachte ich, das kann ja was werden. Doch musste ich seine Euphorie dämpfen, da ich nur Kapstadt, die Weinregion um Stellenbosch und eventuell Worcester besuchen wollte und keine Pläne hatte, weitere Gebiete Südafrikas abzugrasen. Und schon gar nicht wollte ich Johannesburg wegen der dortigen hohen Kriminalitätsrate zu nahe zu kommen. Sondern ich gedachte mich in Kapstadt nach Südamerika einzuschiffen. Doch es kam anders. Der Mensch denkt, und Gott lenkt - der Mensch dache, und Gott... nun ja. 

Was macht man in Kapstadt, wenn man die wichtigsten Attraktionen gesehen hat und keinen Skipper nach Südamerika hat? Däumchen drehen wäre eine Möglichkeit, eine Einladung annehmen eine andere. Ich frage kurz nach, ob die Einladung schon verfallen sei oder noch gelte. Nein, die Einladung habe kein MHD (Mindesthaltbarkeitsdatum), im Gegenteil, sie wird sogar noch einmal aufgefrischt. Impfbefürworter würden sagen, die Einladung wurde geboostert.

Es geht um Johan, der mir in Namibia eine Mitfahrgelegenheit anbot und wo wir eine wunderschöne Zeit verbracht haben und Freundschaft geschlossen hatten (siehe hier).

Dann geht alles schnell: die Buchung des Intercape Nachtbusses für den nächsten Abend, den Rucksack packen und dem Hostel verklickern, dass meine Abreise bevor steht. Bislang hatte ich meinen Aufenthalt fünfmal um jeweils eine weitere Woche verlängert und die nächste Woche war bereits vereinbart. 

Night ride


14. Januar 2024, Abfahrt Nachtbus von Cape Town nach Johannesburg um 18.30 Uhr. Zielort ist Warrenton, ziemlich genau 1.000 Kilometer entfernt, von wo der Johan mich abholen will. Ich kann in dem Doppelstockbus einen der vier vordersten Plätze im Obergeschoss ergattern und habe einen prächtigen Ausblick auf die unglaublich schöne Gegend um Kapstadt herum, die saftig grünen Weinfarmen um Stellenbosch herum und die absolut krasse Bergwelt von Worcester. Dann ist es bald dunkel und das gucken wird langweilig. Zum Glück gibt's hier im Bus USB-Ladebuchsen, sodass ich meine Hörbücher hören kann. Auch meine Hörgeräte kann ich dadurch aufladen, als die Akkus leer sind. An verschiedenen Tankstellen legt der Bus Stopps ein, wo ich mir einmal einen Cappuccino genehmige. Irgendwann schlafe ich ein. Doch so richtig erholsam wird es nicht, denn ich will meine Haltestelle nicht verpassen. 

Es ist sieben Uhr, als wieder ein Tankstellenstopp eingelegt wird. Ganz relaxt 'lese' ich mein Hörbuch. Als der Bus schon fünf Minuten steht, frage ich eine andere Mitfahrerin, ob sie wüsste, wie weit es noch bis Warrenton sei, sagt sie 'Das hier IST Warrenton'. Wooooohoo... wie ein geölter Blitz schnappe ich meinen Tagesrucksack und allen Kleinkram, der eigentlich dort hinein gehört - und springe raus aus dem Bus. Schnell zum Anhänger und meinen Rucksack heraus holen. Puuuh... das hat gerade noch geklappt. Und dann steht da auch schon Johan, der mir freundlich den Rucksack abnimmt. Aber ich bin noch so voll Adrenalin, dass ich kaum 'Hallo' sagen kann. Außerdem war ich mir nicht sicher, ob ich in der Eile nicht womöglich etwas oben im Bus habe liegen lassen. Doch es scheint alles komplett zu sein und Johan lädt mich zum Frühstück in die Caféteria der Tankstelle ein. Es gibt viel zu erzählen.

Hartswater

Auf dem Weg nach Hartswater, wo er mit seiner Frau lebt, erfahre ich, dass das Gebiet die weltweit größte künstlich bewässerte Fläche sei, in dem das Wasser des aufgestauten Oranje Rivers durch ein riesiges Kanalsystem durch natürliches Gefälle zu jeder Farm transportiert wird. In der Tat sehe ich entlang der schnurgeraden und rechtwinklig abzweigenden Straßen stets Kanäle unterschiedlicher Breite. Es wird überwiegend Mais und Pekannusss angebaut. Die Farmen sind groß, und jeder Farmer hat sein Haus dort. Entsprechend groß sind die Abstände zwischen den Farmern. Auch wenn Johans Farm zu Hartswater gehört, ist es bis zur Ortschaft Hartswater zehn Kilometer weit. Ein oder höchstens zwei Mal pro Woche fährt Johan mit seiner Frau dorthin. 




Als wir ankommen, werde ich von Annemarie empfangen, Johans Frau. Das Gästezimmer, in dem ich einquartiert werde, hat die Ausmaße eines Tanzsaals. Spontan erinnert mich der Raum an Rinkerode, wo ich als Pilger ebenfalls ein derart großes Zimmer zugewiesen bekam. 

 

"Das ist dein Zuhause", höre ich Annemarie sagen. Und Johan zeigt mir in der Küche, was wo zu finden ist. "My home is your home. Help yourself!" Ich bin sprachlos. Dann ein Rundgang durch den Garten. Garten? Ein Park ist das! Eine riesige Rasenfläche mit zwei Pekannussbäumen, Palmen, Zypressen, massenhaft Lilien und andere blütentragende Pflanzen. Herrlich! Ach, und nicht zu vergessen: ein familiärer Friedhof mit fünf Gräbern. In einem davon liegt der Vorbesitzer der Farm. Er wurde in der Nähe seines Hauses des Nachts erschossen. 

Der Tatort
R.I.P. auf dem eigenen Grundstück

"Das ist Südafrika", kommentiert er dieses Ereignis. Das ganze Grundstück, wie auch die gesamte Farm ist mit einem vier Meter hohen Elektrozaun und Alarmgebern umgeben.

Grenzschutz


Halbreife Pekannuss

Interessanter Besucher

Johan wartet mit seinem Quad auf mich. Ich springe hinten auf und los geht die Rundfahrt durch die Pekannussfarm. Unterwegs stellt mir Johan seine drei Mitarbeiter vor: Bertie, Robert, Rachmin und William. Am Abend zeigt mir Johan, wie man Braai macht. Braai ist 'grillen' auf Afrikaans. Und das ist hier eine Lebensart. Vor allem für Johan! 

Supermärkte, Schlachtereien und andere Geschäfte haben immer irgendwo einen größeren Bereich, der dem Braai gewidmet ist, von Zubehör bis Zutaten gibt es eine vielfältige Auswahl. 

Schon nach einer Woche bin ich fertig ausgebildete Fachkraft für Bewässerung und Düngung von Pekannussbäumen. Aber Johan möchte nicht, dass seine Arbeiter den Eindruck bekommen, dass ich ihnen ihre Arbeit wegnehmen würde. Also kümmere ich mich um einige Beutel Pekannüsse, die Johan verschenken möchte. Zum Öffnen der Nüsse gibt es eine spezielle Zange, keinen handelsüblichen Nussknacker. Denn die Nusshälften sollen unbeschädigt aus der Schale kommen. Johan zeigt mir, wie man das macht. Mit etwas Geduld hab auch ich den Bogen bald raus. Dann ist da noch der riesige Rasen. Den zu mähen braucht einen ganzen Tag mit dem Aufsitzmäher. <Video>

Und wenn es zu heiß wird, 36°C zeigt das Thermometer, sitze ich in der klimatisierten Stube und schreibe Blog. Leider läuft die Klimaanlage nicht immer. Loadshedding heißt das Zauberwort, welches Gesprächsthema nicht nur in Hartswater ist, sondern im ganzen Land. Der elektrische Strom wird jeder Region zugeteilt. Dann ist es einfach mal für vier Stunden dunkel - oder der Generator knattert irgendwo hinterm Haus. Johan nennt das 'Sound of Loadshedding'. Klingt wie ein Songtitel.

Anti-Loadshedding-Lösung bei Johan 

Zwischendurch checke ich immer wieder meine Chancen bezüglich eines Skippers, der mich nach Südamerika mitnehmen könnte. Doch nichts außer Absagen. Sieben Absagen habe ich schon eingesammelt. Kann man die verkaufen...? Frustrierend, denn mein Visum läuft ja irgendwann ab. Am 17. März 2024, um genau zu sein. 

Annemarie macht mir den Aufenthalt zu einem Fest, sie sorgt für mich wie eine Mutter. Täglich gibt es feines Essen, sie repariert meine durchgewetzte Wanderhose, fertigt mir zwei neue Kopftücher an und schenkt mir abends leckeren Gin-T ein.

Johan und Annemarie machen mich mit ihren Freunden bekannt, die Familie Riekert, Naude und Leona mit den Töchtern Yolandie und Havanna, Oma Hannartje und Jaques, der Bruder von Naude. Während wir zusammen sitzen gibt es selbstgemachtes Zwiebelchutney. Mega lecker!!! Die Pfannkuchen mit ihrer Hackfleischauflage, die danach als Abendessen serviert werden, bringen mich an meine Grenzen, denn ich hatte mich vom Chutney schon satt gegessen. Das war am 17. Januar. 

Naude und ich philosophieren über das Leben

Naude mit Tochter Yolandie


Marleen und ihr Mann Dirk sind weitere Freunde, mit denen ich bekannt gemacht werde. Und überall erlebe ich herzlichste, freundschaftliche Aufnahme. Dirk hat fantastische Kaktusfeigen geerntet - süß und mega lecker! 

Bei Dirk und Marleen

Kaktusfeigen

Am 25. Januar verkündet Johan: "Lass uns den Camper fertig machen. Morgen geht's los". Moment mal eben - wie bitte? Was geht los? "Ja, Annemaries Onkel Hansie in Bloemfontein hat Geburtstag und wird 95. Und dann will ich mit dir nach Lesotho. Hab ich doch versprochen. Und wenn wir gerade dort unterwegs sind, machen wir noch einen Abstecher zu unserer Tochter nach Johannesburg. Entweder du steigst irgendwo aus, oder du kommst mit!" lacht er. Ich bin etwas verblüfft und versuche mir das nicht anmerken zu lassen. Doch ich bin mir sicher, dass Johan die letzten Tage öfter von Lesotho gesprochen hatte, aber ich hatte nicht begriffen, dass er den Ausflug tatsächlich in die Realität umsetzen will. 

Ich ordne meine Siebensachen und packe meinen Rucksack, während Johan und Annemarie den Camper startklar machen. Auch Johan ist schließlich fertig und hat sich in seinem Cockpit eingerichtet.

Johan in seinem Cockpit

Ausflug

Kimberley

Als in den 1870er Jahren ein Bauer auf seinem Acker eine Handvoll glitzernder Steine fand und diese dann als Diamanten identifiziert wurden, brach ein Diamantenrausch aus, bei dem über 50.000 Glücksritter das größte, von Menschenhand (das bedeutet mit Schaufel und Handwerkszeug, ohne Maschinen) gebuddelten Loch der Erde schufen. Um dieses Loch herum entstand eine Stadt, von der bis heute viele Gebäude und Infrastruktur erhalten geblieben und Teil des Museum sind. Johan lässt es sich nicht nehmen, mich in das Museum einzuladen und mir die Geschichte der Stadt nahezubringen. Bemerkenswert ist hier die Entwicklung und Errichtung von für die damalige Zeit super-fortschrittlichen Einrichtungen von elektrischer Straßenbeleuchtung, Straßenbahnen, Krankenhäusern, usw. (vgl. meinen Artikel über Kolmanskoppe in Namibia). Was ich als Mensch des 21en Jahrhunderts beschämend finde (wer weiß, wie ich vor 150 Jahren gedacht hätte? Ich hoffe, genauso wie heute!), ist die Tatsache, dass die schwarz-afrikanische Bevölkerung damals unterdrückt und als billige Arbeitskräfte missbraucht wurden. Dies aber nicht nur in Südafrika, sondern in allen Ländern, die ich bereist und gesehen habe.

‚Weißes‘ Haus
‚Schwarzes‘ Haus

Bloemfontein 

Jedes Land hat eine Hauptstadt. Richtig? Nein, falsch! Südafrika hat drei Hauptstädte: Kapstadt, Pretoria und Bloemfontein. What??? Wie soll ich das verstehen, will ich wissen. Johan ist ein wandelndes Lexikon. Eigentlich müsste er 'Wikipedius' heißen. Er erklärt mir: die Legislative ist in Kapstadt, die Judikative in Bloemfontein und die Exekutive in Pretoria beheimatet. Solche Dinge erfahre ich auf dem Weg zum Geburtstag von Hansie.

Hansie‘s Geburtstagsparty

Ladybrand

Farbenpracht in den Straßen von Ladybrand

Es ist Samstag, als wir den Campingplatz ‚Little Rock Resort’ von Ladybrand erreichen. Ein fantastischer Platz am Hang eines Berges gelegen. 


Wie ein Park auf unterschiedlichen Ebenen angelegt, schöne große Bäume, die Schatten spenden, einer kleinen Bar, und ein Babyzoo mit Ziegen, Eseln, kleine Meerschweinchen und Pferde, die frei im Gelände herum laufen. 
…und wo bitte schön sind die Meerschweinchen???

In ihrer fürsorglichen Art wollen mir Johan una Annemarie einen Gottesdienstbesuch ermöglichen. Denn gemäß meiner Recherchen gibt es in Ladybrand eine Neuapostolische Gemeinde. Wir suchen und suchen, doch die angegebene Adresse führt ins Nichts und die Anwohner, die wir fragen, haben keine Ahnung. Ich schreibe eine Mail an den für diesen Landstrich zuständigen Apostel mit der Frage, wo sich die Gemeinde versammelt, falls es überhaupt eine geben sollte. Da es schon spät ist, bin ich skeptisch, ob ich eine Antwort bekomme würde. Tatsächlich ist zehn Minuten später die Antwort da! Der Standort des Versammlungsortes sei schwierig zu erklären, aber der Vorsteher der Gemeinde ist informiert und holt mich am Campingplatz ab.

Hier meine Mail und die Antwort:

From: Horst Bargsten

Sent: Saturday, January 27, 2024 17:54 

To: Werner Newton Von Schaeffer 

Subject: Congregation in Ladybrand and Maseru/Lesotho



Dear Apostle Von Schaeffer,


I'm a German NAC member traveling Freestate and Lesotho. This night I'm staying in Ladybrand. Do we have a congregation here or in Maseru/Lesotho? If yes, could you please forward me the directions?


I know, it's quite late to ask. Anyway, I'd like to give it a try.


Heartfelt greetings,

Horst Bargsten


From: Werner Newton Von Schaeffer 

Sent: Saturday, January 27, 2024 18:19 

To: Horst Bargsten 

Cc: Vincent Solomons

RE: Congregation in Ladybrand and Maseru/Lesotho



Good day, Horst


Welcome to our area!

We have a congregation in Ladybrand. I spoke to the District Evangelist now (and I copy him in with this email). You can just supply the details of where you stay, and he will pick you up for service tomorrow morning. The service starts at 09h00 - so he will most probably pick you up between 08h00 and 08h20. His cell number is +27 81 544 xxxx.

Enjoy your stay!


Kind Regards

Werner Von Schaeffer


New Apostolic Church South Africa



Woohoo... ich liebe es, Gottesdienste in anderen Ecken der Welt zu erleben. Ich zögere keinen Augenblick und rufe Vincent, den Vorsteher an. Er war bereits bestens informiert. Am nächsten Morgen werde ich abgeholt und dann geht die Fahrt durchs Township über eine Straße, die in meiner Heimat als Feldweg deklariert wäre. Der PKW kommt nur im Schrittempo vorwärts. Vincent erklärt, dass hier ein Durchkommen nach einem Regenschauer unmöglich ist. Doch heute ist es warm und trocken. Schließlich sind wir da. Es ist eine Elementarschule, wo Gottesdienste stattfinden, eine bunt bemalte Wellblechhütte und eine liebevolle, herzliche Stimmung in der Gemeinde mit knapp zwanzig Geschwistern. Der Gemeindegesang wird von einem Kassettenrecorder und einer Blockflöte intoniert und begleitet 🎶


Das ‚Klassenfoto‘ 😉

Lesotho

Meinen Bericht über Lesotho bitte hier lesen.

Rein nach Lesotho…

Weiter geht die Reise. Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich und wird zunehmend gebirgiger mit faszinierenden Formationen, die durch ehemalige Flussläufe und Erosion geformt wurden. Ich klebe förmlich am Fenster und sauge die Landschaft mit meinen Augen auf. 

…und wieder raus

Wie verlassen Lesotho in Richtung Norden am Grenzpunkt Caledonspoort. Von hier steuert Johan den 'Golden Gate Park' an. Die Fahrt führt durch Clarens, das schönste Dorf, das ich in Südafrika gesehen habe. Die Leute leben einen ganz besonderen Spirit, der auf den Erhalt pittoresker Architektur und Antiquitäten Wert legt. Die Fotos lassen es erahnen…

Auf dem örtlichen Campingplatz zwischen überhängenden Felsvorsprüngen übernachten wir. Ich wie immer im Zelt und meine beiden Guides im Camper. 

Als die Sonne am Horizont versinkt, wird für knapp zehn Minuten deutlich, wie der Park zu seinem Namen kam. Der rot-gelbe Sandstein der Fels Wand erleuchtet in der Abendsonne für zehn Minuten in heller goldener Farbe. Mir bleibt der Mund offen stehen. Dann ist es auch schon wieder vorbei. Doch der Eindruck bleibt!


…wer da sucht, der findet… (Mt.7,8)

Annika


Annika ist Annemarie's und Johan's Enkelin und mit ihren vier Jahren deren Herzblatt. Annika und ihre Eltern wohnen in Johannesburg. Für das Wochenende, das viel zu schnell vorüber geht, quartieren sich meine beiden Reiseveranstalter in deren Gästezimmer ein, während ich den Camper für mich habe.

Die ganze Familie produziert hingebungsvoll Pizzas während ich Annikas Spielhaus von Grünspan befreie. Am Montag früh bringt der Toyota HiAce Camper und drei wieder zurück nach Hartswater und am Donnerstag ist meine wundervolle Zeit mit Johan und Annemarie zu Ende und ein Greyhound-Bus bringt mich wieder nach Kapstadt. 

Schließlich war ich vier volle Wochen zu Gast bei Johan und Annemarie, bin Teil ihrer Familie geworden und habe mich wie Zuhause gefühlt. Worte können meine Dankbarkeit nur unvollkommen ausdrücken. Diese beiden haben mir Freundschaft in edelster Art erwiesen. 

Das Einzige, was ich in Südafrika verpasst habe, ist, Afrikaans zu lernen. Dafür war meine Aufmerksamkeit einfach mit zu viel anderem beschäftigt.

Drikus

Drikus heißt der Sohn von Johan und Annemarie. Er wohnt in einem zentral gelegenen Hochhaus in Kapstadt. Johan war es ein Anliegen, dass wir und kennenlernen würden und entsprechende Vorkehrungen getroffen, dass ich am Busterminal von Drikus abgeholt werde. Der Typ ist mega-cool! Seine Hilfsbereitschaft macht seiner familiären Herkunft alle Ehre. In seiner Wohnung bekomme ich eine große elektrisch aufgeblasenen Luftmatratze zum Schlafen - soll heißen, ins Backpackerhostel zu gehen kommt einer Beleidigung gleich. Puuuh… wie kann ich das alles irgendwie wieder gut machen?

Durch Drikus komme ich in einige Ecken von Kapstadt, die ich bis dahin nicht gesehen hatte, insbesondere einige tolle Kneipen. Und ohne Drikus wäre ich nie im Leben nach Kommetjie gekommen, einem Dorf auf der Kap-Halbinsel. Was gibt`s da zu sehen? Ich weiß es nicht, aber Drikus hat dort einen Freund, der Geburtstag feiert - und ich bin als Gast von Drikus herzlich zum Dinner eingeladen. Eine zweite Einladung auf der andern Seite von Kapstadt steht ebenfalls noch aus. Am selben Abend. Leute, hier steppt der Bär!!!

Mittlerweile habe ich so wunderbare Menschen kennengelernt und Freundschaften geschlossen, dass ich es nicht erwarten kann, wieder nach Südafrika zu kommen. 

Einschiffen nach Brasilien

Angesichts der vielen Absagen und Null Zusage übers Internetportal www.findacrew.net, gebe ich meine Internetsuche endgültig auf.

Zurechtweisung

Es gibt da so eine direkte Verbindung zwischen Kapstadt und São Paulo in Brasilien mit South African Airways, finden meine Finger heraus. "HALLOOOO... was passiert denn da? Wo ist denn deine Zuversicht geblieben?", höre ich eine laute innere Stimme fragen. "Wolltest du den Luftweg nicht vermeiden???" so die nervige Stimme weiter in meinem Hirn. "Bevor du deinen Prinzipien untreu werden willst, solltest du zuvor alle Möglichkeiten ausschöpfen. Du klapperst erst alle Marinas in der Umgebung ab. Wenn du bis eine Woche vor Ablauf deines Visums keinen Skipper gefunden hast, erlaube ich dir den Flug in Erwägung zu ziehen. Doch wenn du auf mich hörst, wirst du Wunderbares erleben." Donnerwetter, staune ich, meine innere Stimme dreht ja richtig auf, denke ich mir. Na, dann wollen wir mal schauen...

Die Waterfront Marina von Kapstadt nehme ich als erste Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen. Doch es ist Sonntag und das Büro geschlossen. Ich warte vor der Pier, ob ich jemanden, der von oder zu den Booten geht, ansprechen kann. Doch niemand kommt oder geht. Auf einem Boot mit Kanadischer Flagge sehe ich einen älteren Herrn und rufe ihm zu. Für einen Moment reden wir miteinander, aber er bleibt noch und fährt auch nicht nach Südamerika. Auch kenne er niemanden, der nach Südamerika fährt. Und tschüss. 

Im Kanal zwischen der Marina und dem Hafenbecken fährt eine 12-Meter-Yacht im Schrittempo in Richtung Hafenbecken. "Where are you going to?" rufe ich von der Kaimauer den drei Männern an Deck zu. "Brazil" ist die Antwort. "Nehmt mich mit" rufe ich. Sie lachen und einer sagt "komm, spring herüber." Schade, ein paar Stunden früher und alles wäre geritzt. Ganz bedröppelt schaue ich den Dreien hinterher. 

Da geht‘se hin…

Jeden Tag kann ein neues Boot kommen oder gehen. Darum ist mein Beschluss, jeden Tag an der Marina vorbei zu schauen. Darum bin ich am Montag wieder da und registriere meinen Wunsch auch im Büro der Marina. Der Bursche dort zeigt aber wenig Engagement, mir zu helfen. So gehe ich zu Fuß zum Yacht Club, wo ich kurz nach Weihnachten schon einmal war. Ich denke, dass ich dort irgendwie es schaffen muss, ungehindert an der Rezeption vorbei zu kommen. Dieser Yachthafen liegt im Industriehafen und ist drei Kilometer von der Waterfront entfernt. 

Damit endet meine Odyssee durch Südafrika.


*  *  *  *  *

Unkraut = Onkruit


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