Horst's kleiner Almanach
Ich meine, es ist eine gute Sache, zum Ende eines Jahres einmal inne zu halten, um auf die Ereignisse zurückzublicken und sich zu erinnern, was einem die Zeit so gebracht hat, wie sie etwas gelehrt hat und wofür man dankbar sein kann. Es gibt auch Menschen, die den Ärger und die Misserfolge zusammenzahlen, um diejenigen zu identifizieren, die daran schuld sind. Zu diesen Leuten will ich nicht gehören, denn ich finde, dass mir dafür mein Leben zu schade ist.
Das Titelbild zeigt, wie ich diesen Artikel gedanklich begonnen habe, indem ich das, was mein Leben am meisten beeinflusst hat in gegenseitigen Bezug gesetzt habe. Und schon sah ich, dass fast alles miteinander in einem irgendwie gearteten Zusammenhang steht: mein Mut, meine Entscheidungen, Erlebnisse und Erfahrungen, die Menschen in meinem Leben und die daraus resultierende Dankbarkeit.
Januar bis Dezember
Gleich in den allerersten Tagen des neuen Jahres hatte ich das Glück eines Volltreffers beim schönen Geschlecht. Der zuerst etwas holprige Kontaktaufbau entwickelte sich zu einer richtig schönen kleinen Beziehung. Leider nur für kurze Zeit.
Ein ganz entscheidender Tag war der 26. Januar 2021, ein Dienstag. Drei Tage und Nächte lang zuvor kreisten meine Gedanken nur noch um die eine Frage: "Hab ich das alles richtig gemacht?". Denn an diesem Tag sollte der notarielle Vertrag zum Verkauf meines Hauses in Ahlerstedt geschlossen und unterschrieben werden. Die Entscheidung hatte ich zwar schon im alten Jahr getroffen, aber nach der Unterschrift würde es kein zurück mehr geben. Es kostete mich dennoch Mut und Entscheidungsstärke.
Von Januar bis März hatte ich ausgiebig Gelegenheit, Mentaltechniken von Ralf Dubois in Stade kennenzulernen. Eigentlich war ich nur neugierig und wollte etwas mehr darüber erfahren, als was man durch Stichwortsuche bei Google findet. Was ich hier gesehen, gelernt und selbst ausprobieren konnte, übertraf meine Vorstellungen bei weitem. Zwei ganz bedeutende Schalter habe ich hier zu betätigen gelernt: Angst und Schmerz auszuschalten. Aber auch noch anderes. Ein Beispiel: Stell dir vor, du liegst im Bett, willst einschlafen und plötzlich verzerrt sich dein hübsches entspanntes Antlitz durch einen Krampf im Bein oder Fuß zu einer schrägen Grimasse. Zum Glück ist es dunkel und niemand sieht es. Und nun gehst du her, akzeptierst für einen kleinen Moment dieses scheußliche Gefühl im Laufwerk, um dem Krampf ein Ansage zu machen, als wäre er eine Person. Du sagst zu ihm: "Hey, was willst du hier? Ich habe dich nicht bestellt. Verschwinde!" Binnen weniger Sekunden verschwindet er tatsächlich und du bist wieder völlig frei davon, kuschelst dich wie gewohnt in deine Kissen und freust dich auf eine Nacht mit wunderschönen Träumen. Das ist meine neue Realität.
Horst lernt fliegen. Von Ende Mai bis Anfang Juni und im August konnte ich am Kurs im Gleitschirmfliegen teilnehmen und die wichtigen Höhenflüge mit allen erforderlichen Manövern absolvieren. War das ein Spaß! Als schließlich die Prüfung auf dem Programm stand, schlug das Wetter um und die Prüfung musste leider verschoben werden. Na gut, aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.
Mein Weihnachtsgeschenk, das mir meine Kinder im Jahr 2020 im Hinblick auf meine Pilgerreise machten, konnte ich aufgrund der Einschränkungen durch Covid-19 nicht wie geplant im März, sondern erst im September einlösen. Es war ein Wochenend-Seminar "Wildniswandern". Dort lernte ich, wie man mit nur einem einzigen Streichholz Feuer machen kann, selbst wenn das Holz feucht ist. Ich lernte, wie man sich bei Gewitter verhält, wie man Wasser aufbereiten kann, wie man sich mit Karte und Kompass durchs Gelände navigiert, wie man ein Tarp aufstellt, das Wetter liest, und vieles mehr. Vor allem aber lernte ich dort ganz tolle Menschen kennen, wie beispielsweise Alex Barfuß und der Rotwein-Alex, die Wildnis-Kathrin, Förstertochter Tina, die Naturfreundinnen Moni, Carolin, Christina, Judith und Nicole. Ich hab nur gestaunt, wieviele Mädels ihr Make-up Zuhause lassen und an so einem Kurs teilnehmen und sich dabei nicht zu schade sind, sich die Hände schmutzig zu machen oder sich nachts nassregnen zu lassen. Respekt!!!
Das größte Erlebnis-Feuerwerk überhaupt, hab ich mit meiner Pilgerreise gezündet. Die Übergabe des Hauses am 16. Oktober habe ich schon über den Vertrag so gelegt, dass ich mit dem Rucksack auf dem Rücken den Schlüssel and die Nachbesitzer Nils und Denise übergebe. Damit erfolgte ein Abschied von Ahlerstedt, meiner Heimat und dem Ort, wo ich aufgewachsen bin, meine Kindheit verbrachte, Wo ich mich mit meiner Frau niedergelassen hatte, um eine Familie zu gründen. Unsere Kinder wurden hier geboren und sind hier aufgewachsen. Abschied von meiner Mutter, die im Seniorenheim Ahlerstedt lebt, von meinem Onkel Hans-Jürgen auf dem Doosthof, von meiner Kirchengemeinde, von den Nachbarn, mit denen ich ein tolles Verhältnis habe. Das alles hat eine große Bedeutung für mich. Auf der anderen Seite habe ich viele Begegnungen gehabt, die ich mir so nicht hätte vorstellen können. Wundervolle Freundschaften sind entstanden.
In Stichpunkten hier noch einige Ereignisse:
- Meinen geliebten OPEL Corsa (Nachlass von meiner geschiedenen Frau), der mich in den neun Jahren über 200.000 km durch die Weltgeschichte gefahren hat, habe ich am 15. Oktober dem Fahranfänger Maxi D. (17) geschenkt. Riesen Freude ausgelöst.
- Meinen Geburtstag am 25. Oktober als Pilger hatte ich mir völlig anders vorgestellt, als ich ihn schließlich erlebte.
- Am 27. Oktober sah es so aus, als ob ich in einem Bushaltehäuschen oder irgendwo in der Botanik übernachten müsste, weil ich die Etappenlänge unterschätzt hatte und den geplanten Ort nicht mehr bei Helligkeit erreichen würde - wäre da nicht die liebe Ute gewesen. Als ich nach einer Unterkunft fragte, hat mir die Gartenpartyhütte als Quartier angeboten und ich war gerettet.
- Vom 20. November bis 21. Dezember konnte ich die tolle Erfahrung machen, Helfer im Ahrtal zu sein: Helfen macht glücklich!
- Jeden Sonntag konnte ich jeden Gottesdienst in einer Neuapostolischen Kirche erleben. Unerwartet treffe dabei Andreas F. in der Gemeinde Neuwied.
Was soll ich sagen?
2021 war ein Jahr mit vielen neuen Dingen, die ich gelernt habe, ein Jahr mit Begegnungen und Empfindungen, die ich nicht missen möchte. Es war ein Jahr mit Einsichten und Erfahrungen, die mich bereichert und aufgebaut haben, wie kaum ein anderes.
Viele Menschen haben Wundervolles an mir getan, indem sie ihre Zeit mit mir verbrachten und mir neue Impulse gaben. Sie haben mir Herberge gegeben, ohne Gegenleistung anzunehmen. Sie haben sich für mich eingesetzt. Sie haben mich an ihrem Tisch speisen lassen. Wenn ich etwas brauchte, haben sie es mir einfach geschenkt. Ich empfinde eine tiefe Dankbarkeit all diesen lieben Menschen gegenüber!
Jedem Menschen, der dies liest, wünsche ich ebensolche Erlebnisse. Vielmehr jedoch tiefe Zufriedenheit, Freude am Geben, dankbares Annehmen, und ein angstfreies und in jeder Hinsicht erfülltes glückliches neues Jahr 2022.
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