Translate

Sonntag, 2. Juni 2024

Horst im Herzen von Brasilien - Faszinierende Natur

Chapada Diamantina

Stadt Lençóis

Ich weiß nicht mehr wo und wer es mir gesagt hatte, jedenfalls habe ich in meinen Notizen 'Chapada Diamantina' drin stehen und dass dort die Natur sehenswert sei. Also Habe ich dort ein Fähnchen in meine Reiseroute gesteckt. Zufällig fiel mir ein Brasilien-Reisebuch bei meiner Couchsurfing-Gastgeberin in die Hände, wo Chapada Diamantina als Nationalpark als Attraktion im Bundesstaat Bahia und die Stadt Lençóis als Ausgangspunkt beschrieben wurde. Die kurze Internet-Recherche ergab eine direkte, sechsstündige Busverbindung dorthin. Super!

Da ich spüre, dass ich hier in Salvador keinen  VW-Bulli bekommen werde, buche ich die Fahrt gleich für den nächsten Morgen. Der Abschied von meiner Couchsurfing-Gastgeberin Katy fällt dadurch leider ganz kurz aus. Keine Zeit für viele Worte... Und schon sitze ich im Bus nach Lençóis und meine Journey geht weiter. Dennoch bleibt der Kontakt per WhatsApp erhalten.

In Lençóis angekommen, stelle ich fest, wie zuvor schon mit Itacaré, dass auch Dörfer ehrfürchtig als 'Stadt' bezeichnet werden. Beim Aussteigen aus dem Bus werde ich direkt von einem Mitarbeiter einer Agentur für Trekkingtouren abgefangen. Wie viele Tage ich Trekking machen wolle, war seine Frage. Gut, dass er so überfallartig mit mir umgeht. Das hilft mir, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren: ein billiges Hostel zu finden. Im Bus konnte ich nämlich nichts bewerkstelligen, da es kein Internet gab. Diese junge  Mann hilft mir sogleich - und ohne Bakschisch zu verlangen, ein günstiges Hostel zu finden und schlägt das HI Hostel Chapada vor. Da es mir auf Anhieb gefällt und der Preis von 70,- BR$ (12,60 €) incl. Frühstück, akzeptabel ist, ziehe ich hier ein.

Im Dorm mir drei Etagenbetten werde ich mit zwei freundlichen Brasilianern einquartiert. Wir machen uns miteinander bekannt, die beiden heißen Luiz und Victor.

Chapada hat zwar mehrere Bedeutungen, doch im Zusammenhang als ‘Chapada Diamantina’ bedeutet es Hochebene. Und ‘Diamantina’ rührt daher, dass in dieser Gegend im 19-ten Jahrhundert Diamanten geschürft wurden. Aber das ist heute vorbei. Luiz und Victor haben eine dreitägige Trekkingtour mit Führung im Nationalpark gebucht. Ob ich mich ihrer Gruppe anschließen könne, will ich wissen. Sie sagen, das sei kein Problem für und sie bringen mich in Kontakt mit dem Organisator der Trekkingagentur 'Mamut', mit der Sie gebucht hatten. Der Preis von BR$ 1.690,- (305,- €) für die drei Tage beinhaltet PKW-Transfer zum Ausgangspunkt der Tour, Vollverpflegung und Unterkunft für die zwei Nächte. Dann erfahre ich, dass Víctor und Luiz ein Reisebüro betreiben und sie diese Tour exklusiv machen, um ihr Angebot zu erweitern und dass sonst keine weiteren Teilnehmer dabei sind. Ich fühle mich geehrt, als Außenseiter mitgenommen zu werden.

Die nächsten zwei Tage ist aber erstmal abwarten angesagt, da Victor und Luiz offenbar etwas gegessen haben, was ihnen nicht gut bekommen ist. Ich nutze die Zeit, meinen Blog weiter zu schreiben. Dann aber, am dritten Tag geht es den beiden wieder gut und es geht los. 

Dreitägiges Trekking

Zum Ausgangspunkt werden wir gefahren. Ungefähr zwei Stunden entfernt von Lençóis werden wir abgesetzt. Von hier geht es sofort steil eine fast senkrechte Wand hoch. Wahrscheinlich soll sich gleich zu Beginn die Spreu vom Weizen trennen *lach*. Ich hatte vorsorglich einige Sachen aus dem Rucksack genommen und im Hostel verschließen lassen um das Gewicht zu senken. So richtig viel leichter ist er doch nicht geworden. Erneut haben sich meine Meindl-Wanderstiefel und die Wanderstöcke, die ich in ganz Afrika nur ein einziges Mal (für 17 km auf Sansibar) benutzt hatte und immer noch bei mir habe, ausgezahlt! Ansonsten habe ich für diese Trekkingtour den Schlafsack und warme Sachen, Wäsche und noch ein bisschen Kram im Rucksack belassen - großer Fehler! Nach einer ebenen Strecke geht es wieder steil hinunter, dann wieder hinauf, hinunter, hinauf und ich bin schnell - sehr schnell am keuchen,  während Philipe, unser Guide mit großem Abstand voraus läuft, als könne er fliegen.


Das Tal ist von Steinen und riesigen Felsblöcken übersät, über die teilweise Wald gewachsen ist und teilweise nicht. Zum großen Teil führt der Pfad in unmittelbarer Nähe eines Flusses. Oft genug wird die Seite gewechselt, indem wir mit unseren Rucksäcken über die im Fluss liegenden Steine balancieren müssen. Und nicht immer bleiben die Füße trocken. Wurzelbehandlung und Äste müssen oft als Kletterhilfe herhalten. Richtig kribbelig wird es jedesmal, wenn der schmale Pfad entlang der Bergwand auf überkragenden Felsvorsprüngen verläuft und der Abgrund weniger als zehn Zentimeter neben dem Wanderstiefel gähnt. Da guckst du besser nach vorne als nach unten. 

Über dem Hochplateau gibt es weitere Erhebungen

Erschöpft!!!

Hunger!!!!

Auf dem ganzen Weg kämpfe ich mit dem Dilemma, dass mein Kopf die Tausende (wohlgemerkt, nicht Hunderttausende!!!) von Kilometern meines Jakobsweges mit allen Herausforderungen ultra-präsent vorm geistigen Auge hat, während mein Körper, vor allem die Beine es längst wieder vergessen haben. Folglich fällt es mir mental super-schwer zu begreifen, warum ich so schnell so erschöpft bin... Ach Mann, hätte ich doch bloß mehr aus dem Rucksack genommen und im Hostel gelassen. Immer öfter muss ich eine Verschnaufpause einlegen und bremse so die Gruppe aus. Aber Luiz und Victor sind beide dermaßen freundlich und nehmen es mir in keiner Weise krumm. Im Gegenteil, sie nehmen mich in die Mitte, um sicherzustellen, dass ich nicht abgehängt werde. Auf ebener Strecke kann ich gut mithalten und bergab geht es auch ganz gut, wobei hier höchste Konzentration und Balance erforderlich sind. Doch sobald es wieder bergauf geht und geklettert werden muss, da machen mich die 15 kg Rucksackgewicht fertig, tudo completo. Am zweiten Tag bleibt der Rucksack in der Unterkunft, nur die Wasserflaschen gehen in einem Tagesrucksack mit. Doch am dritten Tag ist die Luft so schnell raus, dass ich ans Aufgeben denke. Aufgeben bedeutet hier, seine eigenen Sachen auf das Gepäck der Gruppe zu verteilen. Da regt sich aber erheblicher Widerstand im inneren Horst. Jetzt ist Motivation gefragt und ich kämpfe gegen das Aufgeben an mit: "Ich schaffe es! Ich schaffe es! Ich schaffe es..." auch wenn meine Beine das nicht glauben wollen. Ich rufe es auf deutsch in die Wildnis, weil die anderen kein deutsch verstehen *lach*.

Alle Strapazen werden mehr als einmal mit fantastischen Aussichten belohnt. Schluchten, Täler, schroff aufsteigende Felsen und Berge, Höhlen... Doch nicht nur das, etliche Pools laden zur Erfrischung ein, während Philipe (28), der die gesamte Verpflegung für vier Personen über drei Tage im Rucksack herum trägt - zu sagen, er würde daran schleppen, wäre eine Beleidigung (!). Nein, er trägt das mit einer Leichtigkeit, dass mir die Worte fehlen. Philipe zeigt uns auch Kolibris, wilde Kaffeebäume und vieles mehr. Ich bewundere ihn, er ist mein Hero!


Tourguide Filipe

Chapada Diamantina Region

Kletterpartien - rauf und runter ohne Ende

Unglaubliche Ausblicke

Der schweißtreibende Trip ist zu Ende


Die Agentur Mamut als Tourguide hat eine 5-Sterne-Empfehlung von mir. Bei aller Anstrengung hat es einen Riesenspass gemacht. Tolle Leute und prima organisiert.

Als wirklich gute Freunde kehren wir drei zurück zu unserer Herberge. Hier hat sich mittlerweile ein weiterer junger Mann aus Buenos Aires, Argentinien, einquartiert und stellt sich als Santiago vor. Santiago passt auf Anhieb zu uns Dreien und wir haben viel Spaß zusammen. Von Santiago bekomme ich noch viele Tipps für die bevorstehende Reise in Argentinien. 

4 Freunde: Santiago, Luiz, Victor, Horst (v.l.)

Jalapão Naturpark

Auf der Suche nach interessanten Orten in Brasilien fand ich unter anderm diesen Beitrag von National Geographic über den Naturpark Jalapão (in englisch). Die Fotos von natürlichen Pools, Fervoduros genannt, unter Palmen im Zusammenhang mit dem Begriff ‚Jalapão Naturpark‘ gesehen und mir vorgenommen, dort hin zu reisen und das Ganze unter die Lupe zu nehmen. Irgendwo stand auch was von Allradantrieb und man sollte besser eine geführte Tour machen. Was ich so von touristischen Führungen halte, brauche ich wohl nicht mehr näher erläutern. Viel lieber mache ich meine Entdeckungen auf eigene Faust und bleibe dort, wo es mir am besten gefällt dann auch so lange, wie ich will, anstatt dem Plan bezahlter Leute zu folgen. Doch es stellt sich später heraus, dass Eigenregie hier nicht geht.

In Google-Maps ist Jalapão eine Region von etwa 50 x 100 km und ist von einer Ringstraße umgeben. Nach stundenlanger Suche einer Busverbindung zu einem der dort liegenden Orte, habe ich schließlich einen Bus nach Palmas gebucht, einer Stadt, die geschätzt 200 km von der Region entfernt liegt. Als ich in Palmas nach 20 Stunden Busfahrt in meinem Hostel ankomme, erklärt mir André, mein Gastgeber zum Thema Jalapão, dass erstens, nur zugelassene Agenturen Gäste in den Park mitnehmen dürfen, und zweitens, all diese Expeditionen von Palmas aus starten. Okay, da hätte ich noch länger erfolglos suchen können…

Mein Gastgeber vermittelt mir denn auch eine viertägige Tour mit Wesley. Wer auch immer das sein mag, ich nehme das Angebot für 2.300,- BR$ (410,- €) an. Der Preis enthält außer der ortskundigen Führung alle Kilometer von Tür zu Tür, also vom Hostel in Palmas und zurück, Vollverpflegung für vier Tage, drei Übernachtungen sowie alle Eintrittsgelder. Auch wenn es meinen Tagesschnitt deutlich lupft, denke ich, ist das angemessen.

Gleich am nächsten Nachmittag um 18.15 Uhr stehe ich wie die Milchkanne zur Abholung bereit. Das Milchauto ist ein Mitsubishi Pajero Dakar V6, natürlich Allradantrieb. Jonathan, ein recht junger Bursche, fährt zunächst noch kreuz und quer durch die Stadt, dass ich denke, dass noch einige Teilnehmer eingesammelt werden müssten. War aber nicht so. Schließlich geht die Fahrt hinaus aus der Stadt und hinein in die Berge. In Ponte Alto do Tocantins ist die erste Übernachtung, die nicht zur Expedition gehört und mit 210,- BR$ (37,- €) extra bezahlt werden muss. Wir erreichen Ponte Alto, den Ausgangspunkt der Tour lange nach Sonnenuntergang, so dass ich nichts vom Ort mitbekomme. Mir wird in einem Hotel ein Zimmer zugewiesen und gesagt, dass ich um 7.00 Uhr abreisefertig sein solle.

Tag 1 - Neugier

Es ist Montag, der 20. Mai. Ich stehe um 6.00 Uhr auf, nehme eine frische Dusche und gehe zum Frühstücksraum. Nichts… gar niemand da! Auch kein Frühstücksbuffet oder Ähnliches… Wo ist denn Jonathan, der mich zu um sieben Uhr bestellt hatte? Es wird 7.00 Uhr. Immer noch niemand weit und breit zu sehen. Hey, sind die ohne mich abgedüst…? Ein Viertel Stunde später kommt ein junges Pärchen und klärt mich über die Zeitrechnung in Brasilien auf. Eine halbe Stunde später als angekündigt, sei normal. Eine ganze Stunde würde auch niemand übel nehmen. AHA - comprendo!!! Dennoch hat mein innerer Kritiker Jonathan auf Jonny degradiert und hat ihm von den fünf Sternen gerade mal noch zwei übrig gelassen. Was eine einzige Aussage alles ausmachen kann…*smile* Um kurz vor acht sitzen endlich alle Reisende samt unseren Tourguides Wesley und Jonny an den Tischen und unterhalten sich angeregt.

Dann geht es aber Schlag auf Schlag. Brasilianer frühstücken irgendwie im Highspeedtempo. Um 8.40 Uhr sitzen wir zu fünft in unserem Pajero-Allrad, ich ganz hinten allein mit allerlei Gepäck um mich herum drapiert. Tatsächlich hört hier, wie bei National Geographic angekündigt, die befestigte Straße auf und geht zunächst in eine Schotterstraße über. Die Fahrt geht durch ein Hochland, das ziemlich hügelig ist und mir hinten über der Achse des Pajero auf und ab fliegen lässt. Die Landschaft ist mit Busch bewachsen, also keine hohen Bäume. Es erinnert mich sehr an den Busch in Afrika, mit dem Unterschied, dass es ist hier sehr viel grüner ist. Auch sehe ich hier und dort große Flächen, die gerodet sind und wohl zur Agrarnutzung vorbereitet werden.

Über die Schotterpiste durch das hügelige Gelände kommen wir bereits nach knapp einer Stunde zum Canion Sussuapara, eine Schlucht von geschätzt 15 Metern Tiefe. Man geht eine Holztreppe hinunter und sofort vermittelt es das Gefühl, in einer anderen Welt zu sein. <Fotos>. 


Auf dem weiteren Weg wird die Straße immer unebener, eine höchst ungemütliche Strecke, die wir kaum schneller als mit 40 km/h befahren. Dann quert ein kleiner Bach das, was wir bisher noch Straße nannten. Die vorher noch mehr oder weniger ebene Straße ist an dieser Stelle grob gebrochenem Fels gewichen. Wesley, der am Steuer sitzt, schaltet auf den kleinsten Gang und lässt den Allrad sich wie ein Schildkröte über den Fels schieben, wobei alle Insassen wie ein Cocktail im Mixbecher durchgeschüttelt werden. Da ich über der Hinterachse des Mitsubishi sitze, haut jede Unebenheit voll ins Kreuz und den Kopf an die Decke - oft genug beides gleichzeitig. Die Straße ist keine Straße mehr, sondern nur noch ein steiniges Irgendwas und an anderer Stelle weicher tiefer Sand. Fahrzeuge ohne reichlich Bodenfreiheit und Allradantrieb werden hier unmöglich weiterkommen. Keine Chance für einen normalen PKW. Und sollte es doch jemand wagen, sollte er auf jeden Fall ein Satellitentelefon dabei haben, denn normale Handys stehen hier draußen auf verlorenem Posten. Ansonsten geht der Weg endlose Kilometer ins Nirwana. 


Gelegentlich tauchen am Straßenrand das eine und andere Gebäude auf und ich fragen mich, wer hier soweit ab vom Schuss leben mag. Dann geht Wesley ihn die Bremse und lässt uns alle aussteigen. Es ist Mittag und hier in der Wildnis steht ein Restaurant - wooow! 

Es gibt warmes Essen, verschiedene Fleischsorten, Reis, Fritten und Salat am Buffet. Du nimmst, soviel du willst. Manche Leute schaufeln sich einen Berg auf den Teller, dass ich nur so staune, wo die das lassen. Anyway, jeder ist Chef über seinen eigenen Körper. Fünfundvierzig Minuten müssen reichen. Tut‘s auch für mich. Dann wieder hinten rein in den Pajero. Aber nur ein kurzes Stück bis zum Rio Novo, der hier einen kleinen Strandabschnitt hat. Die Leute sind nicht zu halten und springen in die Fluten. 


Der nächste Stopp ist um 15.30 Uhr an der Duna do Jalapão. Eine spektakuläre Dünenlandschaft, die von viel Grün umgeben ist und ich wieder staune, wie Wind und Natur den Sand zusammentragen. Wären wir um eine Stunde später hier gewesen, wäre es noch cooler gewesen, den Sonnenuntergang von hier aus zu betrachten. <Fotos/Collage>

Die Dünen im Grünen

Es ist bereits dunkel, als wir gegen 19.00 Uhr an unserer Unterkunft ‚Pousada Licuri‘ ankommen. Der Besitzer hat für uns den Grill angeschmissen und serviert brasilianische Steaks.


Tag 2 - Quellenbaden

21. Mai 2024. Meine beiden Zimmergenossen kamen lange nach mir ins Bett und hatten die Klimaanlage auf 19°C gestellt, als ich schon eingeschlafen war. Ich wache in der Früh vor Sonnenaufgang vom Klappern meiner Knochen auf, so friere ich. Draußen ist es zum Glück warm genug. Also verbringe ich den Rest der Nacht draußen in der Hängematte. <Foto von Wesley>

Was ich nicht bemerkt hatte, ist die Fervoduro, die zwei andere Teilnehmer entdeckt hatten und morgens ein Bad genommen hatten. Neidisch schaue ich mir ihre Fotos an, die sehr denen ähnelten, die ich bei National Geographic sah: hellblaue Pools…

Mein Neid ist jedoch völlig unbegründet, denn kurz nach dem Aufbruch von der Unterkunft machen wir schon den ersten Stopp an einem solchen Pool, die auf Portugiesisch Fervedouro heißen und in Wirklichkeit Quellen sind. Es ist eine einmalige Erfahrung, in dem Quellwasser zu baden mit dem sich bewegenden Sand unter den Füßen und dem grünen Palmendach über dem Kopf. 


Das klare Wasser, in dem auch kleine Fische schwimmen, hat einen leicht türkisen Farbton. Diese Quelle hat einen Durchmesser von vielleicht fünf Metern und ist nicht mehr als einen Meter tief. Da der Sand durch das Quellwasser in ständiger Bewegung ist, sinkt man an den Stellen, wo nur wenig Wasser emporquillt, langsam in den Sand ein. An den Stellen, wo sehr viel Quellwasser aufsteigt, muss man schwimmen, obwohl die Füße im aufgewirbelten Sand verschwinden, doch der Sand trägt eben nicht mehr. Allerdings wird man vom Aufwärtsstrom halb getragen. Einzigartig! 

Von hier fahren wir durch Buschlandschaft direkt zur nächsten Fervedouro Dos Buritis. Interessant finde ich, dass im Bereich der Fervoduros im Gegensatz zur Parklandschaft lauter saftig grüne Bananenstauden, Riesenfarne und hohe Palmen und Bäume wachsen.

Diese Fervoduro ist mit ca. 10 Metern Durchmesser wesentlich größer, als die Erste. Auch die Quellen sind hier stärker und größer.


Am heutigen Vormittag werden uns vier verschiedene Fervoduros gezeigt, in denen wir auch baden können. Doch nach zweimal Fervodurabaden habe ich fertig. 

Bevor dieser Tag zu Ende geht, legen wir im Dorf Mumbuca einen Stopp ein, wo in einem Kulturhaus gezeigt wird, wie hier Capim Dourado, Goldgras, zu allerlei Produkten verarbeitet wird, von Schmuck, zu Untersetzern und Taschen bis hin zu Alltagsgegenständen. Mir wird gesagt, dass diese Gegenstände ein Leben lang halten können. Das Gras wird in kleinen Bündeln mit einem Faden, der aus einer Palmenfaser gewonnen wird, zusammengebunden. Für meine Tochter Kathi kaufe ich ein Gefäß mit Deckel, das ich später im Päckchen nach Deutschland schicke.

Am nächsten Tag, dem Dritten unserer Tournee, sehen wir noch drei weitere Fervoduros. Jetzt kommt der Punkt, wo ich zugeben muss, dass ich diese Art von Abwechslung für den gezahlten Preis etwas enttäuschend finde, weil ich mittlerweile mit Teilnehmern anderer Gruppen ins Gespräch gekommen bin und erfahre, dass Jalapão noch viele andere großartige Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. Schade, ich empfinde es gewissermaßen als ‚Verschwendung‘, zwei volle Tage für die Besichtigung von sieben Fervoduros zu widmen und dafür andere interessante Orte auszulassen. Na denn, so ist es jetzt halt. 

Gut zu wissen, an jedem Fervoduro ist auch stets entweder eine Fazenda (kleiner Bauernhof) oder ein Restaurant angegliedert, wo Eintrittsgeld kassiert wird. Außerdem profitiert so gut wie jedes Haus von Elon und hat eine Starlink-Antenne installiert, und gibt das Internetsignal für die Gäste frei. Dadurch habe ich unerwartet Zugang zum Internet, denn ich hatte damit gerechnet, dass ich für vier Tage von der Außenwelt abgeschnitten bin. Die moderne Technik hat das Outback erreicht. 


Mir fällt auf, dass die ganzen vier Tage mit einer einzigen Ausnahme, keine privaten Fahrzeuge auf den ‚Straßen’ unterwegs sind, auch keine Gemieteten. Dafür jedoch gibt es jede Menge Mitsubishi Allrad-Pajeros mit Aufklebern verschiedenster Agenturen. Wesley sagt, dass sich ungefähr 200 (!) Anbieter um die Touristen kümmern.


Natürlich hat das auch Vorteile. Man bekommt die Sehenswürdigkeiten gezielt gezeigt, es gibt keine wilden Camper und keinen Müll. Der Nachteil aus meiner Sicht: man ist Teil der Tourismusindustrie und kann den Naturpark nicht individuell erleben.

Die eine Ausnahme ist ein grau gestrichener LKW mit einem deutschen Kennzeichen „ES“ für Esslingen auf dem Parkplatz eines der Fervoduros. Ich bekomme ganz große Augen. Doch niemand ist zu sehen. Der Aufbau hat typische Wohnwagenfenster eingebaut. Es dauert nicht lange, bis ich Timo und Elke treffe. Nach Wochen mal wieder unbefangen Deutsch zu sprechen ist schon ein Erlebnis für sich. Doch Wesley drängt zur Weiterfahrt, als ich mit den beiden Deutschen im Gespräch vertieft bin, dass ich mich einmal mehr bestätigt fühle, dass Individualreisen schöner ist, als organisiert zu reisen. Allerdings wäre ich sonst nicht hier. Muss man auch so sehen.

Mal ein Wort über die anderen Reiseteilnehmer. In unserer Gruppe mit zwei Fahrzeugen sind außer mir alles junge Paare. Da ich meine Neugier im Zaum halte, kann ich nur vermuten, dass die alle auf Honeymoon sind. Bei jeder Gelegenheit - und teilweise mit allerlei Aufwand, werden die geliebten Objekte für den besten Schnappschuss, mal mit, mal ohne Küsschen in Szene gesetzt. Der Internationale Anteil von Teilnehmern rangiert unter zehn Prozent. Gut für Leute, die Portugiesich verstehen.

Tag 3 - Nochmal

Und heute, am 22.05.2024, gibt es drei weitere Fervoduros zu bestaunen. Darum gibt es auch weniger zu erzählen. Elon sei Dank, dass mir nicht langweilig wird.

Die letzte Übernachtung des Trips haben wir in der Pousada Pôr do Sol in der Ortschaft Sao Felix do Jalapão. Die Gruppe ist guter Stimmung. Nach dem Essen wird - wie auch am ersten Abend schon, eine Karaoke-Parade veranstaltet. Während ich mich bislang erfolgreich den Ambitionen der Gruppe widersetzen konnte, gebe ich heute nach… um ein grausiges Spektakel darzubieten. <Video von Wesley> Doch die Gruppe hatte ihren Spass… und ich auch.

Tag 4 - Felsenkirche



Tag vier ist größtenteils Rückfahrt. Wobei Rückfahrt bedeutet, den Kreis zu schließen. Diese Fahrt führt uns vorbei an der Pedra da Catedral, eine Felswand die einem Kirchturm ähnelt. Kurzer Stopp für Fotos, und weiter. Um Punkt 18 Uhr bin ich wieder im Hostel in Palmas.

Fazit

Über 900 km in 4 Tagen (Ausschnitt)

Ich bin der Meinung, dieser Jalapão Naturpark ist ein großartiges Reiseziel. Es ist ein riesiges Gebiet. In den vier Tagen haben wir die meiste Zeit im Auto zugebracht und über 900 km zurückgelegt. 
Ob es nun tatsächlich möglich ist, die Naturschätze individuell zu bereisen und welche Voraussetzungen das erfordert, würde ich erforschen und nach Möglichkeit auch machen. Eine organisierte Tour sollte man vorab mit der Agentur durchgehen. Ich habe gesehen, dass ‚Pakete‘ angeboten werden, von zwei bis sechs Tagen Umfang. Es lassen sich die Ziele auch verhandeln. Dies ist die Agentur, mit der ich unterwegs war: Tourismo Jalapão. Erreichbar telefonisch und per WhatsApp unter +55 62 99664-7238 und Instagram: tourismojalapao007.

Auffällig sind an jedem Tag an anderen Stellen hohe Rauchfahnen, die auf Buschfeuer hindeuten. Und in einigen Bereichen, an denen wir vorbeifahren, ist das Gestrüpp und der Boden verkohlt und der Busch vertrocknet, nachdem es dort auch schon einmal gebrannt hatte. Manche Feuer brennen direkt neben der Straße und die Strahlungshitze dringt bis ins Auto. Niemand ist dort, um das Feuer zu löschen oder aufzuhalten. 

Dass ich nun noch einen Tag extra in Palmas habe gibt mir die Möglichkeit, zum Wasserfall Cachoeira da Roncadeira zu fahren. Dazu rufe ich mir ein Uber, der mich die 32 km für umgerechnet 60,- BR$ (10,50 €) hin bringt. Dumm gelaufen ist es für mich mit der Rückfahrt, da dieser Ort so weit außerhalb der Stadt liegt, dass es hier so gut wie keine Uber-Fahrer gibt. Jemand nimmt mich für 20 BR$ (3,50 €) mit zur nächstgelegenen Ortschaft Taquaruçu. Hier warte ich eine Dreiviertel Stunde auf den Bus, der unterwegs jede Milchkanne mitnimmt, zurück nach Palmas, für sage und schreibe 7,- BR$ (1,20 €). Aber dieser Ausflug hat sich gelohnt. 



*  *  *  *  *

Keine Kommentare:

Letzter Beitrag

Horsts 1-Zimmer-Appartment

ACHTUNG - Lange Geschichte. Plane genug Zeit zum Lesen ein 🕝 17. Juni 2024. Nun habe ich schon fast drei Monate lang Brasilien bereist. Ich...

Meistgesehen